Die Stahlkönige
Lederschlaufe vom Handgelenk herab. Ein Bandit, dessen Gesicht durch die Kriegsbemalung wie eine Maske aussah, versuchte, an Bord zu klettern. Ein Schlag mit der Stange beförderte ihn ins Wasser. Kairn rammte die Stange in den Boden und stemmte mit aller Kraft. Dabei versuchte er, die Schmerzen, die ihn wie glühende Pfeile durchzuckten, nicht zu beachten.
Langsam bewegte sich das Floß, während immer mehr Angreifer näher kamen. Kairn stützte sich mit dem Oberkörper auf die Stange und schob, während er das Schwert ergriff. Ungeschickt schlug er nach dem ersten Mann. Der Schlag war nicht heftig und schlecht gezielt, aber mit einer klaffenden Kopfwunde fiel dieser zurück ins Wasser. Er stieß nach dem nächsten Gegner und erwischte ihn an der Wange. Der Mann brüllte auf, als sich die Schwertspitze in seinen Gaumen bohrte.
Vielleicht hätten sich die restlichen Banditen irgendwann an Bord kämpfen können, aber sie hatten genug. Sie standen bis zu den Knien im Wasser, drohten ihm mit geballten Fäusten und fluchten lauthals, rührten sich aber nicht. Mit einem letzten Stoß beförderte Kairn das Floß aus dem seichten Wasser in die Strömung, die ihn langsam nach Süden trug.
Er humpelte zum Pferch hinüber, wo das Cabo unruhig schnaubte und stampfte. Er beachtete es nicht und nahm den Bogen an sich. Er lehnte ihn gegen den linken Knöchel und musste einen Schmerzensschrei unterdrücken, als er sich bückte, um die Sehne zu spannen.
Dann zog er einen Pfeil aus dem Köcher. Sorgfältig visierte er das Ziel an, da er genau wusste, dass ihm nur eine Gelegenheit für den Schuss blieb und es unmöglich war, den Pfeil zurückzubekommen. Schmerzen durchzuckten ihn, als er den Pfeil zurückzog und erst innehielt, als die Sehne seinen Mundwinkel berührte.
»Der ist für Fleder und seine Leute«, murmelte er. Dann schoss er. Die Umrisse des Mannes, den er zum Ziel gewählt hatte, zeichneten sich deutlich vor dem Feuer ab. Federn wippten auf dem Hut, während er dem Flüchtenden wütende Flüche nachschickte. Er verstummte abrupt, als sich der Pfeil in seine Kehle bohrte. Rücklings stürzte er in die Flammen. Ein Blutstrahl spritzte empor und fiel zischend auf die glühenden Holzscheite. Auch die übrigen Kerle verstummten urplötzlich. Sie rannten ans Ufer und suchten Schutz im Unterholz.
Seufzend legte Kairn den Bogen beiseite und ließ sich auf einem Strohsack in der Mitte des Decks nieder. Er vermochte sich nicht um seine Wunden zu kümmern, er legte sich nur hin, um das Ende der Nacht abzuwarten, die so friedlich begonnen hatte.
KAPITEL DREI
H ael erblickte Felsenstein zum ersten Mal, als er auf die Kuppe eines Hügels ritt. Er saß auf einem Cabo und führte einen der einheimischen Zwergbuckler am Strick. Das hässliche Tier war mit Ballen beladen. Die Straße war in außergewöhnlich gutem Zustand. Auch im Süden und im Westen hatte Hael gepflasterte Straßen gesehen, aber sie bestanden aus geschnittenen Steinplatten. Hier bestand die oberste Schicht aus winzigen schwarzen Steinchen, die zu einer dichten Masse verschmolzen waren. Das Wasser lief gut ab, und die Tiere waren auf der rauen Oberfläche noch nicht ins Rutschen gekommen.
Hael war vierzig Jahre alt, aber kaum jemand hätte ihn älter als Ende Zwanzig geschätzt. Das lange Haar hatte die Farbe polierter Bronze. Die Haut schimmerte wie blasse Bronze, und die Augen über den hohen Wangenknochen waren von einem erstaunlichen Blau. Sein gutes Aussehen erregte überall große Aufmerksamkeit, denn die Menschen seines Volkes waren ausgesprochen dunkel. Ihre Haare und Augen hatten alle möglichen Braunschattierungen, manche wirkten beinahe schwarz. Nur ganz selten sah man einen blauäugigen Menschen.
Er war wie ein reisender Händler gekleidet und trug Stiefel aus weichem Leder, eine weite Hose, eine hochgeschlossene Tunika und eine Weste. Auf dem Rücken hing ein drei Fuß langer Lederbehälter, der seinen in drei Teile zerlegten Speer enthielt. Den Langbogen und die Pfeile hatte er im Gepäck verborgen, da er nicht als Krieger erkannt werden wollte. Das Langschwert am Gürtel hätte auch einem gewöhnlichen Reisenden gehören können, obwohl es bedeutend kunstvoller geschmiedet war als die üblichen Waffen. Hätte er es gezogen, wäre jedem Menschen aufgefallen, dass die Klinge vollständig aus Stahl bestand.
Seit einiger Zeit erkundete er ein Land, wie er noch keines gesehen hatte. Es war so dicht bevölkert wie Neva, besaß aber viel mehr
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