Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)
Versammlungen durch, auf denen der Vertreter des ZK der WKP(b), Genosse Judin, und eine Reihe anderer Mitarbeiter sprachen, darunter auch ich.
Die Luftwaffe schwirrte unterdessen überall herum und erleuchtete den ganzen Umkreis. Als wir die Versammlungen durchführten, mussten wir sie häufig unterbrechen. Es war, als hätte der Gegner davon erfahren, er beleuchtete uns mit Raketen und bombardierte uns. Gen. Judin war aus Moskau zu uns gekommen und sofort in diesen Schlamassel geraten; man sagte uns, dass wir ihn beschützen sollten. Nach unseren Reden sprachen die Soldaten und gelobten, den Befehl auszuführen, Stalingrad zu befreien und sich mit den Stalingrader Truppen zu vereinen. Von der Versammlung wurde ein Brief an Genossen Stalin verabschiedet, in dem jedes Regiment schwor, dass die sibirischen Soldaten nach Erhalt des Kampfbefehls keine Kräfte schonen würden, um den Befehl auszuführen und den Feind zu zerschlagen.
Am nächsten Morgen, als die Division ins Gefecht zog, war die Stimmung bei allen gut, man spürte geradezu eine besondere Begeisterung.
Als wir den Befehl erhalten hatten, die Höhen 132, 154,2 und 143,8 anzugreifen, rückten die Regimenter 339 und 347 zum Angriff vor, unterstützt von den Artilleriedivisionen. Man hatte uns Panzer zur Unterstützung der Angriffshandlungen versprochen, gab sie uns aber nicht, und unsere Regimenter griffen diese Höhen am 8., 9., 10. und 11. ohne Panzer an. Diese Höhen waren von enormer Bedeutung, da man von ihnen aus ganz Stalingrad beobachten konnte – Genosse Stalin kennt diese Höhen, [408] und wir hatten uns die Aufgabe gestellt, sie um jeden Preis einzunehmen. Außerdem eröffnete sich von diesen Höhen aus die Möglichkeit zum weiteren Vorrücken auf Gumrak und zur Vereinigung mit den Stalingradern.
Am 19. September waren diese Höhen eingenommen. Sie zu halten, war nicht leicht, wir konnten uns dort bis zum 27. halten.
Kommissar Petrakow: Am 4. September 1942 standen wir in der Ortschaft Lesnitschestwo im Gebiet Stalingrad. Es kam der Befehl, sich in Bewegung zu setzen und bis zur Station Kotluban zu gehen. Wir marschierten vom 5. bis 8. fast 300 km, am frühen Morgen des 9. September waren wir an der Station Kotluban. Da griff uns die Luftwaffe an. Es war ein massierter Luftangriff. Die Marschkolonne unseres Regiments hatte sich noch nicht entwickeln können und marschierte in ganzer Länge, als das Bombardement begann, wir wurden auch mit Granatwerfern und von der Artillerie beschossen. Von diesem Augenblick an trat das Regiment ins Gefecht ein. Es hatte keinerlei Aufklärung zuvor gegeben, das Gelände war vollkommen eben und frei, vor uns sah man nur die Höhen, auf denen sich der Feind verschanzt hatte und auf uns feuerte. Noch auf dem Marsch, unter Bomben und Beschuss, begannen sich unsere Leute einzugraben. Die Gefechtsordnungen wurden entwickelt, und der Angriff auf die Höhen 143,8 und 154,2 begann. Wir hatten große Verluste.
Gegen Abend kam das 2. Bataillon mit dem ersten Transportzug und drängte den Gegner zurück. Am ersten Tag fielen etwa 50 Prozent des Personals aus, und das Politpersonal der Kompanien fiel an diesem Tag fast völlig aus. Die Deutschen hatten bei den bewegungsunfähig geschossenen Panzern einen Scharfschützen und zwei Panzersoldaten zur Aufklärung des 2. Bataillons gelassen, doch als dieses Bataillon vorgerückt war, befanden sich die Deutschen in seinem Rücken. Wir konnten sehen, wie einer aus dem Kommandeurkorps der Politleute auf die Deutschen zielte. Erst danach errieten die Deutschen, dass hinter ihnen geschossen wurde.
Gegen Abend geschah etwas Furchtbares. Die Männer stürzten sich in die Schlucht und unterschieden nicht mehr, was wo war. Insgesamt fielen in der Division bis zu tausend Mann aus. Die Mitarbeiter der Politabteilung mussten die ganze Nacht unter Beschuss arbeiten.
Obersergeant Kokorina: Als wir nach Stalingrad marschierten, legten wir 260 km in drei Tagen zurück. Diesen Marsch bewältigten wir gut. Die Mädchen waren immer bei den Soldaten. Man geht und überwindet Flüsse. Die Soldaten wuschen sich oft die Füße. Wir halfen ihnen. Dankbarkeit bekamen die Mädchen fast jeden Tag zu spüren.
Wir langten beim Bahnhof Kotluban an. Der erste Tag hat sich mir besonders eingeprägt. Um fünf Uhr begannen wir die Offensive. Es gab hier zwei Höhen: 143,8 und 154,2. Vor uns waren schon mehrere Divisionen hier gewesen, aber keine von ihnen hatte diese Höhen einnehmen können.
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