Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)
Es war der 10. September. Ungewohnt, das kannte man nicht. Man hatte keine Vorstellung, was Krieg ist. Die Deutschen schickten zu diesem Zeitpunkt die Flugzeuge, begannen unsere Positionen zu bombardieren. Wir umgingen eine der beiden Höhen und stiegen in die Senke hinunter. Hier gab es die ersten Verwundeten. Hier spürte man es sofort. Zuvor hatten wir irgendwie nicht gespürt, dass es wirklich ernst war, es war wie bei der Ausbildung. Der erste Verwundete war aus der Panzerabwehrkompanie. Ich rannte schnell zu ihm hin. Seine ganzen Eingeweide hingen heraus. Ich steckte ihm alles hinein und verband ihn. […]
Ein deutscher MPi-Schütze, verkleidet als Rotarmist, hatte sich unter unsere Soldaten gemischt. Solange die Soldaten und Sanitäter marschierten, schoss er nicht, sowie der Kommandeur aufstand, feuerte er gleich.
Der Bataillonskommandeur Tarnjuk, Oberleutnant, befahl mir, loszugehen und die Verwundeten zu verbinden, ich sollte auch beobachten, woher die Schüsse kamen. Ich robbte rechts an der Stellung des 2. Bataillons vorbei und bemerkte, dass ein MPi-Schütze von dieser Seite aus auf uns schoss. Dann sah ich einen Rotarmisten rennen, und kurz darauf schoss ein MPi-Schütze von der linken Seite. Ich bestimmte ungefähr, von wo er schoss. Da war ein verwundeter Soldat aus dem 3. Zug. Ich schickte ihn Meldung machen. Ich selbst blieb dort, um diesen MPi-Schützen und Rotarmisten zu beobachten. Während er unterwegs war, verschwand der MPi-Schütze plötzlich in einem Panzer, der uns etwa 500 m von der Senke entfernt den Weg versperrte. Dieser MPi-Schütze hatte den Kommandeur der 8. Kompanie außer Gefecht gesetzt. Das Kommando übernahm Gantschenko, mein Zugführer. Die Hälfte unseres Zugs war dorthin marschiert, und hier wurde ein ganzer Streifen bestrichen, den wir nicht passieren konnten. Er gab seinen Soldaten den Befehl, diesen Panzer zu umrunden und den MPi-Schützen zu vernichten. Dieser Befehl war schnell ausgeführt.
Nach diesem Gefecht wurden fast alle Mädchen aus unserem Bataillon für eine Auszeichnung vorgeschlagen.
Ich möchte von Sonja Fatejewa erzählen, die in diesem Gefecht verwundet wurde. Sie stammte aus Tobolsk. War groß und kräftig. Als wir noch in Jasykowka zur Ausbildung waren, kam mal ein Kommandeur in den Unterricht, dem haute sie die Hand auf die Schulter, er schwankte und fiel um. Alle bei uns hatten große Hochachtung vor ihr. Ein tolles Mädchen, so freundlich. Wenn sie sah, dass irgendwer den Kopf hängen ließ, machte sie ihm sofort Mut.
Von fünf Uhr abends an bombardierte der Deutsche unsere Senke. Ich beschloss, mich durch die Feuerlinie zu meinen Leuten durchzuschlagen. Schaffte es. Dort erfuhr ich, dass die Sanitäterin Gurina verwundet worden war. Der Deutsche hatte dort Granatwerfer eingesetzt und uns auch mit Flugzeugen und Granaten beschossen. Ich schlug mich fast bis zu den letzten Schützengräben durch. Sah dort eine Sanitäterin liegen. Kroch näher und sah – es war Sofja. Ihr Kopf war verbunden. Sie war also am Kopf verwundet, Steckschuss im Schädel. Unser Starschina hatte sie verbunden. Sie wurde von der vordersten Linie hierhergebracht. Ich weiß nicht, wie sie es durch diesen neutralen Streifen geschafft hatte.
Ich fragte sie: »Sofja, was ist los mit dir?« Sie: »Bin halt verwundet. Hab viel Blut verloren.« Ich: »Du musst in die Senke gebracht werden.« Sie antwortet – diese Worte haben sich mir eingeprägt: »Ich weiß, dort ist das Leben, aber ich werde nicht hingehen.« Ich gab ihr keinen Befehl und hatte ja auch kein Recht, zu befehlen.
Hauptmann Maxin: Als Komsomolarbeiter und zuvor als Erzieher an der höheren Schule habe ich mich bemüht, einen echten Frontkomsomolarbeiter aus mir zu machen und am Beispiel der Komsomolzen, die sich als Helden im Vaterländischen Krieg erwiesen haben – Arnold Meri [409] , Ilja Kusin [410] , Soja Kosmodemjanskaja [411] –, die besten Eigenschaften in den Männern zu entwickeln. Indem ich also meinen eigenen Charakter als Frontsoldat schulte, erzog ich zugleich die Komsomolzen am Vorbild dieser Helden in Gesprächen mit den Komsomolzen der kleineren Abteilungen und Organisationen sowie im Gespräch mit weiblichen Komsomolzen. […]
In der Lage, in die wir im Raum Kotluban geraten waren, war es sehr schwer, im Komsomolbetrieb Ordnung herzustellen, die Führung wurde bei unseren Komsomolorganisationen nicht immer tätig. Gen. Scheiko war das Musterbeispiel für einen echten
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