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Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)

Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)

Titel: Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Hellbeck
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Komsomolorganisator. Er wusste an jedem Tag, wann wie viele Komsomolzen aus welchem Grund ausgefallen waren: wegen Verwundung, Tod, Krankheit usw. Jeden Abend zog das Büro das Fazit seiner Komsomolarbeit. Die Mitglieder des Komsomolbüros versammelten sich an einem festgesetzten Ort, meist nach einem heißen Gefecht, in einer relativ ruhigen Feuerpause, und zogen das Fazit des Kampftages: in welcher Komsomolorganisation heute wie viele Komsomolzen ausgefallen waren, wie viele gefechtstauglich geblieben waren und welche Heldentat welcher Komsomolze aus welcher Organisation vollbracht hatte. Die Heldentaten der Komsomolzen wurden auf dieser Sitzung des Büros zusammengefasst, dann wurde eine Richtlinie erarbeitet, wie diese Männer bekannt gemacht werden sollten, damit man den Helden des Tages schon morgen, schon heute in der Komsomolorganisation kannte. Die Mitglieder des Regimentsbüros begaben sich zu ihren kleineren Abteilungen, sogar zu den untersten Komsomolorganisationen und trugen alle auf der Versammlung behandelten Fragen und Schlussfolgerungen, also die Heroik der Komsomolzen, zu den Massen an die Front. Sie versammelten die Komsomolzen in kleinen Gruppen in den Schützengräben, an den Kampflinien, manchmal auch nachts, und berichteten vom Ergebnis der Versammlung, wobei sie auch die Heldentaten erwähnten, die Komsomolzen aus anderen Unterabteilungen vollbracht hatten. Am nächsten Tag wussten alle Komsomolzen, wer von ihnen der Held des Tages war.
    Eine bemerkenswerte Komsomolversammlung, auf der die Helden des Tages – Männer und Frauen – publik gemacht wurden, war die Komsomolversammlung, die Gen. Scheiko, Sekretär des Komsomolbüros, persönlich in der Sanitätskompanie nach dem Tod der Heldin Ljolja Nowikowa durchführte, die postum mit dem Rotbannerorden ausgezeichnet wurde.
    Ljolja Nowikowa hatten alle gekannt. Zunächst hatte sie uns nicht das Vertrauen eingeflößt, das sie später an der Front rechtfertigte. Sie glich eher einer Ballerina. Während der Gefechtsausbildung ging sie in Stöckelschuhen. Sie war technische Zeichnerin, drängte aber die ganze Zeit an die Front, an die vorderste Linie. Viele glaubten, sie sei undiszipliniert und wolle nicht ihre Hauptarbeit leisten. Aber sie ersuchte ständig darum, im Bataillon als Sanitäterin dienen zu dürfen, um die Verwundeten im Kugelregen an der vordersten Linie zu bergen. Schließlich ließ man sie wegen dieser Undiszipliniertheit an die vorderste Front.
    Am 11. September 1942 fand der für die angreifende Division heißeste Kampf statt, das 339. Regiment musste besonders hart kämpfen. In diesem heißen Gefecht zeigte Ljolja Nowikowa viele Stunden lang außergewöhnlichen Heldenmut. Sie verband die Verwundeten, zerrte sie unter pausenlosem MG-Feuer und Granatwerfereinsatz des Feindes in Deckung, ohne Rücksicht darauf, welcher kleineren Abteilung oder Kompanie der Verwundete angehörte. An diesem Tag verbrauchte sie über 50 Päckchen Verbandsmaterial, für jeden Verwundeten eines, barg also 50 verwundete Soldaten und Kommandeure vom Schlachtfeld und verband sie. Am Abend kehrte sie vom Schlachtfeld zurück, ich war im Regiment, zuvor, während der Gefechtsausbildung, hatte ich folgendes Gespräch mit ihr geführt: »Ljolja, du bist eine gute Komsomolzin, gebildet, hast eine geradezu schauspielerische Begabung, Gedichte vorzutragen. Wenn du ein disziplinierteres Mädchen wärst, könntest du in die Partei aufgenommen werden. Wir haben dich für die Aufnahme empfohlen. Zeig, was du bist.« Sie antwortete, sie könne nicht in die Partei eintreten, weil sie sich noch nicht im Kampf bewiesen habe. »Ich weiß nicht, wie ich sein werde, wenn der Kampf am heißesten ist«, sagte sie, »wenn ich mich an der Front gut verhalte und mich bewähre, dann trete ich in die Partei ein, aber vorher muss ich an die vorderste Linie gelangen.« So hat sie erreicht, was sie wollte.
    Als sie aus diesem heißen Kampf zurückkam, die Ärmel hochgekrempelt, die Arme bis zum Ellbogen von Blut verkrustet, sie konnte sie nirgendwo waschen, weil wir sehr knapp an Wasser waren – nicht nur zum Waschen hatten wir manchmal keines, sondern auch nicht zum Trinken –, da kam sie bei Sonnenuntergang zu uns, und man sagte mir gleich, dass Ljolja Heldenmut im Gefecht gezeigt habe. Die Soldaten trugen sie fast auf Händen aus dem heißen Kampf. Als sie zu uns kam, waren ihre ersten Worte: »Jetzt bitte ich darum, mich in die Partei aufzunehmen. Jetzt habe ich mich

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