Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)
200 Metern. Ich stürzte zu ihr hin. Dachte, der Panzer sei klein, ich würde schon rasch mit ihm fertig. Ich muss jedoch sagen, dass der Panzer auf einer Asphaltstraße auf uns zurollte, er hatte die Verteidigung durchbrochen und kam zu uns in die rückwärtigen Einheiten. Er rollte heran und nahm unsere Gefechtsordnungen unter Beschuss, sammelte eigene Leute und brachte sie nach hinten. Da nahm ich 13 Mann. Es fiel uns schwer, die Grenze zwischen unserer Stellung und der deutschen zu erkennen, wir irrten uns oft, wo wer lag. Ich robbte mit der Panzerbüchse weg, zum nächsten Haus hin, wo sich eine Gleisgabelung befand, und stellte die Panzerbüchse auf. Gab zwei Schüsse ab, und der vierte Panzer fing Feuer. Ein Panzer war hinter der Schule, zu weit weg. Ich dachte, ich würde ihn nicht erreichen, probierte es aber. Mir waren die Patronen ausgegangen, und die Panzerbüchse nachladen konnte ich nicht, da ich nicht an ihr ausgebildet worden war. Es wurmte mich sehr, dass ich sie einfach nicht öffnen konnte. Dann drückte ich zufällig auf einen Knopf, der Deckel des Patronenkastens ging auf, und ich steckte Patronen hinein, die Panzer standen an der Stelle, wo die anderen brannten, ein Panzer feuerte auf das Haus, in dem ich mich befand, ich horchte, wieder Panzerbüchsenschüsse auf den Panzer. Funken stoben, sonst nichts. Da robbte ich mit der Panzerbüchse über die Eisenbahnschienen, kletterte in die Schlucht hinunter und näherte mich auf 150 Meter ihrer vordersten Linie, etwa 100 m von dem Panzer entfernt. »Jetzt werde ich dich nicht so, sondern anders kriegen«, dachte ich. Ich schoss einmal, schoss zweimal – nichts. Ich ging noch näher an ihn ran, schoss wieder, aber die Waffe durchschlug einfach nicht den Panzer. Ich gab 12 Schüsse ab, versuchte es auf allen Seiten – der Panzer brannte nicht. Da robbte ich mit der Waffe zurück, holte den Melder, damit der die Granate und die Flasche mit Brennstoff trug, und kehrte robbend auf den früheren Platz zu den Panzern zurück. Es waren noch 40 Meter. Die Berechnung musste stimmen. Ich robbte noch näher heran – bewarf die Frontplatte des Panzers. Er ging sofort in Flammen auf. Das nutzte ich, warf zwei Granaten und rannte mit dem Melder zu unserer eigenen vordersten Kampflinie.
Rotarmist Skworzow: Die ganze Zeit explodierten Bomben und Minen, die Nachrichtenverbindung wurde unterbrochen, wir hatten nicht genug Draht. Wir mussten die Leitung mit altem Draht flicken, die Verständlichkeit war schlecht, aber die Verbindung funktionierte immerhin. Als die Deutschen einmal zum Angriff vorgingen, funktionierte unsere Verbindung plötzlich nicht mehr. Ein MPi-Schütze war an unsere Leitung herangerobbt und hatte den Draht in Stücke geschnitten. Ich machte mich daran, die Leitung zu flicken, da begann der MPi-Schütze auf mich zu schießen. Ich haute mich neben der Eisenbahnlinie hin, blieb 15 Minuten liegen, und robbte dann, nachdem ich den Draht wieder verbunden hatte, zum Gefechtsstand … Einmal prüfte ich mit einem feuchten Stöckchen, ob Strom fließt. Der Strom fließt sogar durch die Hand und durch die Zähne. Manchmal kam auch Stacheldraht zum Einsatz. Man kann Strom durch eine Kette von Menschen fließen lassen, die einander an den Händen halten.
Obersergeant Kokorina: Unsere Sanitätskompanie befand sich zuerst auf der Insel. Hier hatten die Mädchen sehr viel Arbeit. Auf der Insel musste man 800 Meter bis zu dieser Übergangsstelle gehen und dann zu Fuß auf unsere Seite kommen, weil wir die Verwundeten nur ans Ufer trugen. Hier wurden sie abgeholt, in Boote geladen und an Schleppseilen gezogen, auf Tragen wurden sie dann über den Sand zum Regimentsverbandplatz gebracht. […] Man durfte kein Feuer machen, alles musste in der Dunkelheit geschehen. Die Tragesanitäterinnen trugen nur. Die Insel wurde ununterbrochen mit Granatwerfern beschossen, da der Feind wusste, dass sich hier unsere rückwärtigen Einheiten befanden und neue Auffülltruppen über diese Insel herüberkamen. […]
Am 18. Oktober wurden wir zurückgedrängt. Wir mussten zusammen mit dem Gefechtsstand des Bataillons zurückweichen. Die Deutschen hatten den Gefechtsstand des Regiments abgeschnitten, und wir wussten nicht, wo unser Regiment nun stand. Wir gingen geradewegs in die Werkshalle der Fabrik »Barrikaden«. Es war der Morgen des 19. Oktober. Blieben den ganzen Tag hier, weil wir keine Möglichkeit hatten, die Verwundeten überzusetzen. […]
Am Abend
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