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Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)

Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)

Titel: Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Hellbeck
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waren sie runter und hatten die Karten verschwinden lassen. Ich sagte: »Die Karten abgeben!« Sie gaben mir alte Karten, ich hatte aber nagelneue Karten bei ihnen gesehen. Diese gaben sie mir nicht. Als ich den Diensthabenden rügte, dass er das Kartenspiel zuließ, antwortete er: »Ich weiß nicht, wie es gekommen ist, dass die besten Leute Karten spielen. Die sagten mir: ›Wir spielen doch nur Schafskopf .‹ Von diesen vieren, die spielten, nenne ich zwei Namen: Schafranow und Gawronski. Der Weg dieser beiden Männer ist interessant.
    Schafranow ist jetzt im Regiment Kommunist, ausgezeichnet, mittlerer Kommandeur und einer der besten Regimentskommandeure. Gawronski desertierte während der Formation aus dem Regiment, wurde bei Stalingrad aufgegriffen und erschossen.
    Von den 90 verurteilten Männern, die zu uns ins Regiment gekommen waren, haben sich nur zwei nicht gebessert und sind erschossen worden. Alle Übrigen wurden zu ehrlichen, guten Kämpfern umerzogen. […]
    Bei Stalingrad leistete das politische Personal eine immense Arbeit, um die Leute, von denen ich gesprochen habe, von ihrer Vorstrafe zu befreien. In unserem Regiment waren etwa 25 Prozent ehemalige Straftäter. Allen diesen Männern wurde mit Ausnahme weniger aufgrund ihres mutigen Einsatzes im Kampf die Vorstrafe erlassen. Wir betrachteten diese Maßnahme als wirksames Instrument, um die Leute zu hervorragender Arbeit zu stimulieren. Dem führenden und politischen Personal des Regiments muss ebenfalls als Verdienst angerechnet werden, dass die Männer rechtzeitig und korrekt für Auszeichnungen der Regierung vorgeschlagen wurden. Ich muss sagen, dass jede positive Tat, die im Regiment vollbracht wurde, entweder auf Befehl des Regimentskommandeurs belohnt wurde, wenn es sich um gemeine Soldaten handelte, oder den entsprechenden Instanzen zur Verleihung einer Auszeichnung vorgeschlagen wurde. Insgesamt wurden 15 Prozent der Regimentsangehörigen ausgezeichnet oder für eine Auszeichnung vorgeschlagen. In absoluten Ziffern – 150 Personen.
    Den Sekretär des Parteibüros, Hauptmann Trifonow, habe ich zweimal für die Auszeichnung mit dem Rotsternorden vorgeschlagen, doch bis jetzt haben wir diese Auszeichnung nicht erhalten. […]
    Ich möchte auch kurz die wirtschaftliche Arbeit erwähnen. Obwohl sich die Männer ständig unter der Einwirkung der Luftwaffe und Geschütze des Gegners befanden, war die Ordnung im Regiment gut: Die Männer waren rasiert, ihr Haar war geschnitten, sie trugen saubere Feldblusen und Hosen, wir hatten Dampfbäder eingerichtet, Feldküchen und sogar Nähstuben, wo die Soldaten ihre Feldblusen, Unterwäsche usw. flicken konnten. Es gab allerdings Momente, wo wir von Läusen beinahe aufgefressen wurden, aber wir vernichteten sie schnell.
    Bei Stalingrad nahmen wir 120 Personen in die Partei auf. In dieser Beziehung spielte Hauptmann Trifonow eine ungewöhnlich große Rolle. Jeden Mann nahm er persönlich in die Partei auf und erledigte alle Formalitäten, und zwar auf dem Schlachtfeld.
    Oberstleutnant Tschamow: Der Divisionskommandeur, Generalmajor Gurtjew, ist vor allem ein sehr bescheidener Mensch. Bescheidenheit ist seine hervorstechende Charaktereigenschaft. Auf den ersten Blick glaubt man sogar, er sei ein harmloser Mensch. Ein ganz einfacher, herzlicher, fürsorglicher Mann. Man kann zehn Gefechte gewinnen, aber wenn man nur einen Mann nicht richtig verpflegt, macht man sich bei ihm für immer Schande. Während der Kämpfe kam der Generalmajor am Tag zu mir in die »Todesschlucht«, ohne Rücksicht auf die Gefahr, zusammen mit dem Leiter der politischen Abteilung Smirnow. Sie verbrachten einen halben Tag bei mir und beobachteten, wie die Soldaten kämpften. Wir waren etwa 150 Meter von der Frontlinie entfernt. Alle Augenblicke erkundigten sie sich nach der Lage und danach, welche konkrete Schlussfolgerung wir in Bezug auf den Feind zogen und welche Maßnahme wir treffen wollten. Der Divisionskommandeur gewährt den Regimentskommandeuren in ihrer praktischen Arbeit große Selbständigkeit und Initiative, ihre Meinung ist ihm immer wichtig.

Generalmajor Leonti Gurtjew
    Es gab da einen Fall: Ich sehe, dass ich dem Divisionskommandeur in keiner Weise helfen kann, ich kann ihm nichts geben, habe schon alles aufs Spiel gesetzt. Ich beschließe, ihm nichts davon zu sagen. Alles sei in Ordnung, wie im Krieg eben: Sie schießen, und ich schieße. In der Tat aber hatte sich an meiner linken Flanke fast eine

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