Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)
Stalingrad kein einziges Gläschen Wodka zusammen getrunken haben. Gurtjew ist ein Mensch von außerordentlicher Fürsorge, Liebe und Hingabe an seine Sache. Er verzichtet auf alles, leistet sich keinerlei Luxus und ist stets mit allen im Einvernehmen. Im Kampf verhielt er sich tapfer. In Stalingrad wurde unser Gefechtsstand mehrmals verschüttet, und wir mussten ihn freischaufeln. […]
In Stalingrad fingen wir vier Spione, die wir im Verdacht hatten, dass sie Informationen weitergaben, wo sich unsere Gefechtsstände befanden. Wir fingen einen Major, dessen Familie in Stalingrad geblieben war. Er wollte sie finden und geriet zu den Deutschen. Sie setzten ihn unter Druck, entweder er mache Angaben oder seine Frau werde getötet. Wir fingen einen zwölfjährigen Jungen. Ich sprach vier Stunden mit ihm, bis er gestand. Er wollte keine einzige … (ein Wort unleserlich) nennen. Ich vermute, der Stab des 339. Regiments kam seinetwegen ums Leben. Er berichtete, wie er die Positionen unserer Gefechtsstände und Stabsquartiere anhand der Leitungen bestimmt habe, die von ihnen wegführten, aufgrund der Menge an … (ein Wort unleserlich) und der Frisierstuben in der Nähe der Gefechtsstände. Schließlich beobachtete er zur Essenszeit, ob das Essen im Henkeltopf oder auf dem Teller gebracht wurde.
Wir verhörten eine Spionin, die regelmäßig zu uns kam. Sie wollte lange nicht gestehen, aber dann erzählte sie, dass die Deutschen bei ihrer Ankunft zwei Mädchen als Geiseln genommen hätten; sie hätten ihr 500 sowjetische Rubel gegeben, damit sie zu uns käme, um Informationen zu gewinnen.
Oberstleutnant Smirnow: Die Aufnahme in die Partei führten wir auf dem Marsch durch, ohne ihn zu bremsen. […] Im Oktober und November nahmen wir in Stalingrad gut 360 Personen auf. Gewöhnlich waren es Menschen, die Heldenmut bewiesen hatten. Wir hielten sie allen Abteilungen als Beispiel vor Augen. Zu diesem Zweck druckten wir ihr Porträt in unserer Druckerei und schickten es an die Frontlinie. So machten wir es zum Beispiel mit Kalinin. Männer, die sich ausgezeichnet hatten, wurden in der Armee sofort erkannt. Wir setzten 6–7 Flugblätter in Umlauf. Diese Arbeit wurde von einzeln arbeitenden Kommunisten erledigt, die bei uns geblieben waren. Es kam vor, dass frei stehende Häuser von allen Seiten belagert wurden, doch unter dem Einfluss der politischen Mitarbeiter hielten diese Häuser trotzdem stand. Der stellvertretende Kommandeur des 1. Bataillons, Gen. Salipuchin, hielt mit einer Gruppe von 16 Mann zwei Tage lang ein Haus bis zum letzten Augenblick gegen eine ganze deutsche Einheit, die 300–400 Mann stark war. Diese Gruppe aus dem 347. Regiment hatte lediglich 4 Panzerbüchsen, ein leichtes und ein schweres Maschinengewehr. An vielen Stellen hatte man in Gruppen abziehen müssen, doch hier waren sie nicht zurückgewichen, obwohl die Deutschen auf kurze Distanz herangekommen waren und man schon den Motorenlärm hörte. […]
In Stalingrad verlief die parteipolitische Arbeit etwas anders als bei Kotluban. Das politische Personal war dezimiert geworden; spielten in Kotluban noch die Kommunisten der untersten Organisationen die entscheidende Rolle, versammelten sie sich rasch und stellten die Aufgaben, so wurde diese Arbeit in Stalingrad auf andere Weise erledigt.
Hier bestand die entscheidende Rolle der Parteiorganisationen in den Kompanien darin, die zersplitterten Kräfte einer Parteiorganisation in einem Bataillon, das nur noch 15–17 Mann stark war, möglichst produktiv einzusetzen. Die Verbindung zwischen den Mitarbeitern der Politabteilungen und den einzelnen Kommunisten war sehr schwer herzustellen, da der Abstand zwischen uns und den Deutschen so gering war. Die Agitationsarbeit hatte ihre Besonderheiten. Der Apparat der Politabteilung stellte den Instrukteuren die Aufgabe, die verwundbarsten Stellen mit unseren Mitarbeitern zu versorgen. Bei Attacken und Angriffen hielten sich unsere Mitarbeiter immer in diesen Truppen auf. […]
Unser Funk arbeitete auf der anderen Seite der Wolga. Wir empfingen täglich Meldungen über die internationale Lage. Wir tippten die Heeresberichte des Informationsbüros und verteilten sie an die Truppen; dafür hatten wir eigene Klubarbeiter, darunter den Filmvorführer Subotschkin, Briefträger und Fotografen, die das Material des Informationsbüros in 15–20 Exemplaren druckten und in den Regimentern verbreiteten. Andere Literatur gab es nicht. Eine Zeit lang erhielten wir
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