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Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)

Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)

Titel: Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Hellbeck
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erreichten, schoss die Artillerie nicht mehr, denn zu dem Zeitpunkt waren wir dem Gegner so nahe gekommen, dass die Artillerie uns hätte treffen können.
    Ich blieb beim zweiten Zug. Da kommt Hauptmann Sawtschuk angelaufen, der Chef der 1. Kompanie, und sagt, dass da ein Offizier ist, der einen der ranghöchsten Kommandeure verlangt, um zu verhandeln. »Ich habe mich vorgestellt, gesagt, ich wäre Kommandeur, aber die sagen, nein, sie brauchen die höchste Kommandoebene. Gehen Sie doch zu ihnen, reden Sie mit ihnen!« Ich schnappe mir gleich den Dolmetscher, den wir mit den 48 Mann gefangen genommen hatten, und gehe zu dem Offizier. Sage, ich sei Stellvertreter des Brigadestabschefs. Der Dolmetscher meldet ihm das. Er sagt: »Wir brauchen jemand Höheren.« Ich sage, ich sei vom Oberkommando bevollmächtigt. Er sagt, hier seien Generäle. Na, wenn das so ist! In dem Moment taucht Iltschenko auf, ein Oberleutnant, Gehilfe des Stabschefs für operative Arbeit. Der Brigadekommandeur hatte ihm den Auftrag erteilt, die Kämpfe zu leiten. Er war die ganze Zeit bei uns im Bataillon und gab nicht nur unserem Bataillon Anweisungen, sondern auch anderen. Ich sage: »So sieht’s aus, Gen. Iltschenko, gehen wir verhandeln?« In dem Moment kommt Rjabow, Bevollmächtigter der Sonderabteilung. Wir gehen. Man warnt uns: Hier ist alles vermint, nicht stehen bleiben. Wir gehen bis zum Eingang des Kaufhauskellers. Da stehen Oberleutnants mit Gewehren und MPis, auch MGs stehen da. Jemand kommt heraus, der Diensthabende oder sonst wer. Man meldet ihm, da kommen welche zu Verhandlungen. Wir haben keine weiße Flagge, nichts. Da taucht urplötzlich Hauptmann Bucharow auf. Er war schon reingegangen, als wir noch im Hof standen. Der Bevollmächtigte der Sonderabteilung ließ zwei Mann im Hof zurück. Später kam Hauptmann Rybak. Hinein gingen dann drei Leute: Oberleutnant Iltschenko, Hauptmann Rybak und ich, und Rjabow auch, glaube ich.
    Hauptmann Bucharow: Wir wussten, dass Paulus hier war, dass er nicht abgeflogen war. Man sagte uns, die ganze Zeit würde ein Flugzeug kreisen, man sagte vieles. Wir wussten, dass Paulus’ Stab in diesem Viertel war, aber in welchem Keller – ich persönlich wusste das nicht. Dann kam ein deutscher Offizier raus und fragte, wer hier der Rangälteste wäre. Wir sagten, dass Hauptleute da wären und ein Oberleutnant. Wir forderten sie auf, sich unverzüglich zu ergeben. Sagten, sie seien umzingelt, wenn sie nicht sofort kapitulierten, würden wir alle zur Verfügung stehende Technik einsetzen und sie bis auf den letzten Mann vernichten. Er sagte, diese Fragen könne er nicht entscheiden, es seien Höhergestellte da. Und da sagte er uns, dass Feldmarschall Paulus hier sei.
    Zum Haupteingang gingen Morosow, Iltschenko, ich und Rjabow, der Bevollmächtigte der Sonderabteilung. Wir traten in den Hof. Der Hof war gestopft voll mit Deutschen. Als wir im Hof waren, hielt man uns vor dem Kellereingang auf. Der Stabschef kam heraus und ein Hauptmann, der ausgezeichnet Russisch sprach, sogar unsere Redensarten kannte er, »weiß der Henker«, »meine Teure« – solche Wörter kannte er. Er sagte, Paulus verlange, dass der Führungsspitze, also offiziellen Persönlichkeiten, gemeldet würde, mit wem Verhandlungen anstünden. Wir berieten uns und beschlossen, dass Iltschenko und ich gehen und die anderen hierbleiben sollten. Wir gingen und riefen die GS vom Bataillon und von der Brigade an. Man teilte uns mit, sie würden losfahren und die Führungsspitze informieren. Danach ging ich zurück ins Haus. Sie kannten mich dort schon. Wir waren ja nur fünf Mann, die kann man ohne Probleme wiedererkennen. Ich ging dorthin, unsere Jungs griffen überall an, man war auf den Fall der Fälle eingerichtet. Offen gesagt, es war riskant, bei ihnen herumzulaufen, es konnte sich ja immer ein Mistkerl finden. Aber ich dachte nicht einmal daran, wegen meiner eigenen Haut nervös zu werden.
    Hauptmann Morosow: General Schmidt, der Stabschef, sagte, sie seien in Sorge um das Leben des Generals, befürchteten, jemand könnte eindringen und eine Handgranate werfen, und er bat, jemanden an den Eingang zu stellen. Rjabow ging hinaus. Bucharow wurde losgeschickt, um sich mit dem Brigadestab in Verbindung zu setzen. Es blieben Iltschenko, Hauptmann Rybak, der Politstellvertreter des Kommandeurs des 3. Bataillons, und ich. Nun begannen Verhandlungen mit Schmidt im Zimmer des Obersten, neben dem Raum von Paulus. Der General und ein

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