Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)

Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)

Titel: Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Hellbeck
Vom Netzwerk:
Dolmetscher kamen. Der Dolmetscher sprach gut Russisch. Schmidt verlangte von Iltschenko einen Ausweis. Schmidt sagte: »Er soll Papiere vorlegen.« Iltschenko hatte sich als Stabschef der Brigade ausgegeben. Als er seinen Ausweis zeigte, entsprach der nicht dem, was er von sich behauptet hatte. Sie sagten, sie bräuchten einen Unterhändler von Rokossowski, dem Oberbefehlshaber der Armee. Iltschenko sagte: »Ich bin zur Zeit Stabschef. Sie interessiert nur dieser kleine Abschnitt, aber uns interessiert ganz allgemein, wer Sie sind, in welcher Lage Sie sich befinden und in welcher Lage wir uns befinden.« Trotzdem forderten sie einen ranghöheren Unterhändler. Da sagte Iltschenko: »Ich gebe das über Funk an einen Obersten weiter.« Er und Rybak gingen hinaus. Ich blieb allein mit dem General und dem Dolmetscher im Raum. Der General stellte dem Dolmetscher eine Frage, der Dolmetscher fragte mich: »Stimmt es, dass im Zusammenhang mit der Einführung von Schulterstücken als Rangabzeichen die Rote Armee nicht mehr Rote Armee heißt, sondern Russische Armee?« Ich sagte: »Nein, dass die Rote Armee in Russische Armee umbenannt wurde, ist nicht wahr.« Ich fragte ihn, ob sie wüssten, dass die Rote Armee an allen Fronten erfolgreich kämpfte. »Ja, in der letzten Zeit haben wir den Funk benutzt.« Er fragte nebenbei nach meiner Dienststellung und meinem Rang. Dann sagte er: »Denken Sie nicht, dass unsere deutsche Armee schwach ist, sie hat noch Kräfte, sie ist noch sehr stark, sie ist mit erstklassiger Technik ausgerüstet.« Ich sagte, das sei für die Rote Armee noch besser, weil die Rote Armee dann eine erstklassige Armee schlagen würde. Er sagte: »Sie haben sicher auch unter der Situation gelitten, als Sie eingekesselt waren.« Ich sagte, unser Verband sei nie eingekesselt gewesen. Ich persönlich hätte diese Situation nicht erleben müssen. Er sagte, sie hätten hundert Gramm Brot gekriegt, überhaupt keine Lebensmittel mehr gehabt. Dann fragte er, wie lange der Winter bei uns noch dauern würde. Ich sagte, dass noch ungefähr bis zum 15. März starker Frost herrschen würde. Dann stellte ich ihm die Frage: »Sie halten die deutsche Armee für die kultivierteste überhaupt, umso mehr den Armeestab – warum ist es hier dann überall so verdreckt?« Er antwortete: »In der letzten Zeit konnte man wegen eurer Katjuschas und eurer Luftwaffe keinen Fuß mehr vor die Tür setzen. Wenn man davon ausgeht, erklärt das alles.«
    Dort bei ihnen waren wohl um die 50 Kilogramm Wurst. Sie stürzten sich wie die Schakale auf die Wurst: Der Offizier stieß den Soldaten weg, der Soldat den Offizier.
    General Schmidt ließ über den Dolmetscher sagen, dass sie sich um das Leben von General Paulus sorgten. »Wir geben Ihnen einen Hauptmann und bitten Sie, an der Tür zu stehen.« Ich sagte: »Sicher, das geht.« Und ging hinaus.
    Generalmajor Burmakow (Kommandeur der 38. Schützenbrigade): Wir eröffneten das Feuer, und plötzlich ruft mich Iltschenko an und sagt, ein Adjutant von Paulus sei gekommen und wolle mit der höchsten Führungsspitze verhandeln.

Generalmajor Burmakow und sein Politstellvertreter, Oberst Winokur vor dem Gebäude des Stalingrader Kaufhauses, Februar 1943
    »Red du niedriger Kerl vorerst mit ihnen.«
    »Nein«, sagt er, »der will nur mit der Armeeführung reden.«
    »Wenn sie nicht reden wollen, die Lumpen, gut, unverzüglich alle Maßnahmen treffen, das Gebäude blockieren, wo er sich aufhält! Maßnahmen ergreifen, die zu seiner Gefangennahme führen! Fangt an zu verhandeln, aber im Fall des Falles – Einsatz von Granaten, halbautomatischen Waffen und Granatwerfern.«
    »Zu Befehl«, sagt Iltschenko.
    Ich rufe augenblicklich Schumilow an und informiere ihn zur Lage. Er sagt: »Warte in deinem Gefechtsstand. Gleich kommen Oberst Lukin und Stabschef Laskin.«
    In dem Moment stürmt Winokur zur Tür herein.
    »Ich fahre hin!«
    »Fahr unverzüglich los. Paulus muss gefangen genommen werden. Handle dort den Umständen entsprechend.«
    Auf Winokur konnte ich mich immer verlassen.
    Er sitzt im nächsten Augenblick im Auto und ist fort. Ich warte auf Lukin. Kaum ist Lukin da, ruft Iltschenko an.
    »Wir sind schon im Keller vom Kaufhaus. Sie bitten darum, das Feuer einzustellen.«
    Ich sage: »Geben Sie sofort die Anweisung, das Feuer einzustellen, ich rufe Schumilow an.«
    Wir stellen das Feuer ein, ich rufe Schumilow an:
    »Paulus bittet um Feuereinstellung. Seinerseits gibt er den eigenen

Weitere Kostenlose Bücher