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Die standhafte Witwe

Die standhafte Witwe

Titel: Die standhafte Witwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Garwood
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versuchte es mit logischer Argumentation, um ihr die Gefahr zu verdeutlichen. »Du hast mir gesagt, daß du nicht gegen den König aussagen kannst. Wenn du ihm damit drohst, den Baronen zu erzählen, was du weißt, wird er dich einfach zum Schweigen bringen, bevor du dein Vorhaben ausführen kannst.«
    Lange Minuten verstrichen schweigend, und Gabriel hoffte schon, Johanna hätte verstanden, wie wahnsinnig ihr Wunsch, den König zu sprechen, war.
    »Diese Möglichkeit habe ich gar nicht bedacht«, flüsterte sie.
    »Was war dann in Gottes Namen dein Vorhaben? Hast du gedacht, du könntest dich bei John einschmeicheln?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte sie. »Ich dachte nur, ich würde die Nachricht erwähnen, die er Raulf geschickt hat.«
    »Und wie hätte das noch helfen sollen?«
    »Er hat eine eigenhändig geschriebene Botschaft geschickt, Gabriel. Raulf glaubt, er hat sie verbrannt.«
    Gabriels Körper spannte sich an. »Und das hat er nicht?«
    »Nachdem Williams den Befehl verlesen hat, legte er das Schreiben auf den Tisch und ging. In diesem Moment hat er mich gesehen. Ich nickte ihm zu und ging dann einfach durch den Eingang weiter in den hinteren Flur. Williams sollte glauben, ich wäre nur zufällig dagewesen.«
    »Und weiter?« drängte Gabriel, der nun immer ungeduldiger wurde.
    »Raulf begleitete Williams nach draußen. Als er zurückkam, nahm er die Schriftrolle und warf sie ins Feuer. Dann wartete er dort, bis sie vollständig verbrannt war.«
    Der Hauch eines Lächeln umspielte Gabriels Mund. Himmel, er hatte wirklich eine kluge Frau.
    »Was hat er verbrannt?«
    »Eine von Bischof Hallwicks wichtigen Predigten zur Minderwertigkeit der Frauen.«
    »Raulf wußte nicht, daß du lesen kannst, nicht wahr?«
    »O nein, bestimmt nicht«, sagte sie hastig. »Er hätte mich verprügelt, wenn ich ihm bewiesen hätte, daß er im Unrecht war. Er hat mir ja immer wieder gesagt, daß ich zu dumm wäre, um Lesen zu lernen. Natürlich hat er mich auch verprügelt, weil ich nach seinem Dafürhalten zu dumm war, also nehme ich an …«
    Es war das erste Mal, daß sie so offen über die Prügel sprach, und obwohl er es schon lange wußte, erschütterten ihn ihre Worte doch.
    »Was nimmst du an?« fragte er mit heiserer, gefühlsbeladener Stimme.
    Sie drückte sich näher an ihn. »Ich nehme an, er hat eigentlich keinen Grund gebraucht, um mich zu schlagen«, flüsterte sie.
    »Er wird dich nie wieder anfassen«, versprach Gabriel.
    Der Zorn in seiner Stimme jagte ihr eine Gänsehaut über den Rücken. »Ich weiß, daß du mich beschützen wirst.«
    »Verdammt richtig«, entgegnete er.
    Seine harten Worte erschreckten sie nicht, sondern trösteten sie. Schließlich empörte er sich um ihretwillen.
    »Es war unglaublich riskant, die Schriftrollen zu vertauschen«, sagte er nun. »Was wäre passiert, wenn Raulf sich entschlossen hätte, den Befehl noch einmal nachzulesen?«
    »Ich dachte, daß es das Risiko wert sei«, antwortete sie. »Das Papier war einfach zu wichtig. Es trug die Unterschrift des Königs, und sein Siegel war darauf.«
    »Was für ein Narr, seinen Namen darunter zu setzen …«
    »Er hält sich für unbesiegbar«, sagte sie. »Und ich denke, er hatte Angst, daß Raulf Baron Williams nicht ohne einen geschriebenen Befehl glauben würde. Die Zeit war ein wichtiger Faktor, obwohl ich nicht genau weiß warum. Jedenfalls denke ich, das war der Grund, warum John Raulf nicht nach London beordert hat, um es ihm zu sagen.«
    »Wo befindet sich die Schriftrolle?«
    »Ich habe sie in Kleidungsstücke eingewickelt und im Altar der Kapelle versteckt, die Raulf vor kurzem für den Bischof errichtet hat. Sie steckt zwischen zwei Marmorblöcken.«
    Gabriel fühlte sie schaudern und zog sie fester an sich.
    »Weißt du, daß ich sie fast vernichtet hätte, kurz bevor man mir sagte, daß Raulf tot sei? Doch dann änderte ich meine Absicht.«
    »Und warum?«
    »Ich wollte, daß jemand sie irgendwann fand und die Wahrheit erfuhr.«
    »Mir ist deine Sicherheit wichtiger, Johanna. Ich erlaube nicht, daß du mit König John sprichst.«
    »Ich will aber keinen Krieg«, flüsterte sie.
    Sie schien den Tränen nahe. Er küßte sie auf die Stirn und befahl ihr, damit aufzuhören, sich Sorgen zu machen.
    »Ich werde Englands König schon da von überzeugen, uns in Ruhe zu lassen.«
    »Du willst doch nicht nach England gehen?« fragte sie.
    Er antwortete ihr nicht. »Es ist schon spät, Johanna. Du mußt schlafen.«
    Die

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