Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die standhafte Witwe

Die standhafte Witwe

Titel: Die standhafte Witwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Garwood
Vom Netzwerk:
zu verstehen, daß sie kaum darauf achtete, was auf dem Vorplatz geschah. Überall waren Soldaten, aber sie sah nicht, was sie taten.
    Endlich hatte sie begriffen, was Calum gemeint hatte, dankte ihm hastig und rannte über den Platz.
    Plötzlich fand sie sich inmitten von Kampfübungen wieder. Calum packte sie an der Schulter und riß sie gerade noch rechtzeitig zurück. Eine Lanze, die haarscharf an ihr vorbeiflog, hätte sie mitten in den Bauch getroffen.
    Einer der Maclaurin-Soldaten stieß einen lauten Fluch aus. Gabriel, der die Übungen auf der anderen Seite des Hofes beobachtet hatte, sah, wie seine Frau nur knapp verfehlt worden war. Er brüllte sofort einen Befehl zum Aufhören.
    Johanna war entsetzt über sich selbst. Wie konnte sie nur so schändlich unaufmerksam sein? Sie nahm die Lanze auf und reichte sie dem Mann. Sein Gesicht war dunkelrot. Sie wußte nicht, ob es sich aus Verlegenheit oder aus Wut färbte.
    »Bitte vergebt mir, Sir. Ich habe nicht darauf geachtet, wo ich hinlief.«
    Der dunkelhaarige Krieger nickte kurz. Calum, dessen Hände immer noch auf ihren Schultern lagen, zog sie leicht zurück.
    Sie wandte sich um und wollte ihm danken, daß er so schnell zur Stelle gewesen war. Dann sah sie ihren Mann in ihre Richtung kommen. Ihr Lächeln erstarb, als sie seine Miene erkennen konnte.
    Alle Männer starrten sie nur an. Die MacBain-Krieger grinsten, die Maclaurins blickten finster.
    Diese unterschiedliche Reaktion verwirrte sie. Aber dann stand schon Gabriel vor ihr und versperrte ihr die Sicht. Er richtete seine ganze Aufmerksamkeit auf Calum. Er sagte kein Wort, sondern runzelte nur die Stirn. Erst jetzt merkte Johanna, daß Calum sie immer noch festhielt. In dem Augenblick, als er sie losließ, wandte sich Gabriels düsterer Blick ihr zu.
    Ihr Herz begann vor Furcht zu hämmern, doch sie versuchte verzweifelt, die Fassung zu bewahren. Sie wollte ihn bestimmt nicht wissen lassen, wieviel Angst sie hatte.
    Schnell entschied sie, daß sie ihm keine Zeit lassen durfte. »Ich war sehr unaufmerksam, M’lord, sündhaft unaufmerksam. Ich hätte getötet werden können.«
    Er schüttelte den Kopf. »Du hättest nicht getötet werden können. Es ist eine Beleidigung für Calum, wenn du andeutest, er hätte zugelassen, daß dir etwas zustößt.«
    Sie würde keinen Streit mit ihm anfangen. »Ich wollte ihn nicht beleidigen«, sagte sie. Dann wandte sie sich zu Calum um. »Bitte vergebt mir. Ich wollte nur meinen Mann milde stimmen, indem ich meine Dummheit sofort zugab.«
    »Hast du Probleme mit deinen Augen?« fragte Gabriel.
    »Nein«, antwortete sie.
    »Warum in Gottes Namen siehst du dann nicht, daß meine Männer hier mit Waffen kämpfen?«
    Sie mißverstand seine entnervte Stimme als Zorn. »Wie ich schon sagte, M’lord. Ich habe nicht aufgepaßt.«
    Ihr Ehemann zeigte keinerlei Reaktion, sondern starrte sie nur weiter an. Er mußte erst innerlich wieder zur Ruhe kommen. Als er gesehen hatte, wie seine junge Frau so knapp dem Tod entronnen war, war ihm ein furchtbarer Schreck durch die Glieder gefahren. Er würde eine Weile brauchen, bis er sich davon erholt hatte.
    Eine lange Zeit verstrich in Schweigen. Johanna befürchtete, daß Gabriel gerade über ihre Strafe nachdachte.
    »Ich möchte mich dafür entschuldigen, daß ich so eine wichtige Sache unterbrochen habe«, sagte sie. »Wenn du mich schlagen willst, dann tu es bitte jetzt. Das Warten wird langsam unerträglich.«
    Calum konnte nicht glauben, was er gerade gehört hatte. »M’lady …«
    Gabriel hob die Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen.
    Im selben Augenblick, als sich seine Hand bewegte, zuckte sie zurück. Es war ein Schutzmechanismus, der sie die Erfahrung gelehrt hatte. Doch dann bemerkte sie, was sie tat, und trat schnell wieder vor.
    Ihr Mann hatte doch bestimmt begriffen, daß sie es nicht zulassen würde, daß die Vergangenheit sich wiederholte. »Ich möchte dich warnen, M’lord. Ich kann dich nicht davon abhalten, mich zu schlagen, aber wenn du es tust, verlasse ich dieses Haus.«
    »Ihr glaubt doch nicht wirklich, daß unser Clansherr M’lady …«
    »Halt dich da raus, Calum.«
    Gabriels Befehl kam mit harter Stimme. Die Beleidigung, die seine Frau ihm da gerade verpaßt hatte, machte ihn unglaublich wütend. Aber verdammt, ihre Angst war echt. Er mußte sich wieder in Erinnerung rufen, daß sie ihn kaum kannte und daher sehr schnell Fehlschlüsse ziehen konnte.
    Er nahm Johannas Hand, wandte sich den Stufen zu,

Weitere Kostenlose Bücher