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Die standhafte Witwe

Die standhafte Witwe

Titel: Die standhafte Witwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Garwood
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tiefes, drohendes Knurren. Wieder drehte sie sich um und sah den Hund ihres Mannes, der langsam über den Platz trottete. Johanna schrie auf: Dumfries war blutüberströmt. Selbst aus der Entfernung konnte sie sehen, daß seine linke Hinterhand in Fetzen gerissen war.
    Der Hund wollte nach Hause kommen, um zu sterben. Johannas Augen füllten sich mit Tränen, als sie das Tier mit seiner Verletzung kämpfen sah.
    Die Männer zogen einen weiten Kreis um den Hund. »Geht rein, Lady Johanna!« bellte Keith sie an. Und plötzlich begriff sie, was die Soldaten vorhatten: Sie wollten den Wolfshund töten, um ihn von seinen Qualen zu erlösen. Die Art, wie sie sich vorsichtig dem Hund näherten, verriet ihr, daß sie befürchteten, das gequälte Tier könnte sich gegen einen von ihnen wenden.
    Johanna konnte nicht zulassen, daß sie dem Hund etwas antaten. Ein Soldat setzte mit erhobenem Schwert an, um dem Hund ein Ende zu bereiten.
    »Laßt ihn in Ruhe!«
    Die Vehemenz ihrer Worte ließ alle Soldaten aufblicken. Die Überraschung in ihren Mienen war nicht zu übersehen.
    Ein paar der Maclaurins traten tatsächlich von dem Hund zurück, die MacBains regten sich allerdings nicht.
    Keith kam die Treppen hinaufgehastet. Er packte Johannas Arm. »Ihr sollt das nicht sehen«, verkündete er. »Bitte geht hinein.«
    Sie riß ihren Arm los. »Dumfries will hinein. Er schläft immer beim Feuer – und da soll er jetzt auch hin. Haltet die Türen auf, Keith. Tut es!«
    Sie hatte die letzten Worte laut genug gebrüllt, nun wandte sie sich wieder an die anderen Soldaten. Sie konnte sich nicht vorstellen, daß Dumfries irgend jemanden an sich heranlassen würde. Der Hund mußte furchtbare Schmerzen haben. Immer wieder knickte er mit den Hinterbeinen ein, während er sich über den Platz auf die Stufen zu mühte.
    »M’lady, dann geht wenigstens aus dem Weg.«
    »Sagt den Männer, sie sollen ihn reinkommen lassen.«
    »Aber M’lady …«
    »Tut, was ich befehle«, fauchte sie scharf. »Wenn irgend jemand Dumfries berührt, ziehe ich ihn zur Rechenschaft!«
    Der Klang ihrer Stimme verriet Keith, daß es keinen Sinn hatte, mit ihr zu streiten. Er gab den Befehl weiter, dann packte er wieder den Arm seiner Herrin und versuchte, sie ins Haus zu zerren.
    »Die Türen, Keith! Haltet sie weit auf!«
    Johanna wandte ihren Blick keinen Augenblick von dem Hund. Megan und Leila, die zwei Maclaurin-Frauen, die gerade dabei gewesen waren, die große Halle und die oberen Kammern zu reinigen, kamen zur Tür geeilt.
    »Lieber Gott«, flüsterte Megan. »Was ist denn passiert?«
    »Geht zurück, M’lady«, schrie Leila. »Der arme Dumfries. Er kommt die Stufen nicht hoch. Sie werden ihn töten müssen.«
    »Niemand wird ihn anfassen«, fauchte Johanna. »Megan, hol meine Nadeln und Garn. Leila, unter meinem Bett liegt ein Säckchen mit Medizin und Kräutern. Hol es her.«
    Dumfries brach auf der dritten Stufe zusammen. Er winselte und versuchte, sich wieder aufzurichten. Nun knurrte und jaulte er abwechselnd. Johanna konnte den Anblick seiner Qualen nicht einen Augenblick länger ertragen. Sie hatte gehofft, sich dem Hund erst beim Feuer nähern zu müssen, aber sie erkannte, daß er es ohne sie bis dahin nicht schaffen würde.
    Sie machte sich von Keith los und rannte auf den Hund zu. Der Hund knurrte sie drohend an. Sie verlangsamte ihren Schritt, streckte die Hand aus und begann, beruhigende Worte zu flüstern.
    Keith versuchte noch einmal, sie zurückzuziehen, und der Hund knurrte noch lauter, als der Soldat sie berührte.
    Sie wies ihn an, zurückzutreten. Als sie aufsah, entdeckte sie zwei MacBain-Soldaten, die ihre Pfeile in die Bogen gelegt hatten. Sie würden sie beschützten, ob sie es wollte oder nicht. Wenn der Hund nach ihr schnappen würde, hätten sie ihn erschossen, bevor er sie ernsthaft verletzen konnte.
    Johannas Mitgefühl für den Hund lagen in heftigem Streit mit ihrer Angst. Aye, sie fürchtete sich schrecklich, und als sie sich bückte, um ihre Arme um den Hund zu schlingen, konnte sie ihr eigenes Wimmern nicht unterdrücken.
    Der Hund knurrte weiter, ließ sich aber helfen, aufzustehen.
    Johanna hatte gar nicht gewußt, wieviel Kraft sie besaß. Der Hund lehnte sich schwer gegen sie, und sie wäre fast vornüber gestürzt. Dann richtete sie sich wieder auf und schlang erneut die Arme um ihn. So stand sie gebückt da, hielt ihn hinter den Vorderbeinen fest, während ihr Gesicht sich in seinen Nacken preßte. Während sie

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