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Die starken Fesseln der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Die starken Fesseln der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Die starken Fesseln der Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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zuzulegen.
    »Dieses merkwürdige Land ist wirklich interessant.« Nikolai blickte von Adias Buch auf, dem einzigen, das sie auf ihre Reise mitgenommen hatten. »Was liest du gerade?«
    »Etwas über eine Nachwahl, die gerade abgehalten wurde, um ein verstorbenes Parlamentsmitglied zu ersetzen. In dieser Gegend ist es Brauch, den Wählern Bier zu spendieren, um sich ihre Loyalität zu sichern. Diesmal beschloss aber jemand, sich das Geld zu sparen, weil er glaubte, das Ergebnis der Wahl stehe ohnehin schon fest. Und dann öffnete ein anderer Mann ein paar Fässer Bier und gewann die Wahl.«
    Nikolai verzog das Gesicht. »Eure großartige englische Demokratie wird also mit Bier und Bestechung vorangebracht?«
    »Bedauerlicherweise ja.« Jean senkte den Blick wieder auf die Zeitung. »Was jedoch meine Aufmerksamkeit erregte, ist, dass der Name des neu gewählten Parlamentsmitglieds Captain James Trent ist. So hieß doch der Kapitän des Sklavenschiffs, das Adia nach Amerika brachte. Und er war auch der Sklavenjäger, der sie in New York beinahe erwischte, als der amerikanische Krieg beendet war.«
    »Aber können wir sicher sein, dass er derselbe James Trent ist? Der Name ist nicht ungewöhnlich.«
    »Dieser Trent kommt aus einer prominenten Familie, die eine der größten Schifffahrtslinien Liverpools besitzt und auf Sklavenhandel spezialisiert ist. Falls er derselbe Mann ist, würde das erklären, warum er in so jungen Jahren schon ein Sklavenschiff befehligt hat.« Sie schloss die Zeitung und gab sie Nikolai. »Morgen veranstaltet Trent ein Bierfest für seine Anhänger, um seinen Sieg zu feiern.«
    »Vielleicht sollten wir hingehen«, meinte Nikolai gedankenverloren. »Die Veranstaltung mag zwar nicht auf dem Programm der Vorfahren stehen, aber sie könnte sich als aufschlussreich erweisen.«
    Jean nickte und fragte sich, ob die Männer, die für Trent gestimmt hatten, die Sklaverei unterstützten oder nur dankbar für das Freibier waren. Und sie war sich gar nicht sicher, welche Antwort ihr noch weniger gefiel.

 
    Als Nikolai und Jean den Marktplatz erreichten, auf dem Captain Trents Siegesfeier stattfand, war die Menge schon recht angeheitert. Nikolai hielt Jean so weit wie möglich von der Rednerbühne fern, die auf dem Platz errichtet worden war. Er rechnete zwar nicht damit, dass die Menge aggressiv werden würde, aber Betrunkene waren unberechenbar. Falls nötig, konnten Jean und er durch eine Gasse fliehen.
    Eine Blaskapelle, die mit Lärm ausglich, was ihr an Melodik fehlte, spielte einen Tusch, während ein gut gekleideter Herr auf die Rednerbühne stieg, um den neuen Abgeordneten des Unterhauses vorzustellen. Der langatmige Vortrag über die Erfahrungen des Captains im Sklavenhandel und auf dem amerikanischen Kontinent passte auf jeden Fall zu dem James Trent, den Adia beschrieben hatte.
    Die Menge applaudierte, als der neue Abgeordnete vortrat. Trent war ein wohlgenährter, bulliger Mann, der aufwendig gekleidet war und große Selbstzufriedenheit ausstrahlte. Das Böse in seiner vorzeigbarsten Form.
    Nikolais Aufmerksamkeit verschärfte sich, als er ein paar Schritte hinter Trent einen schlanken Afrikaner sah. Er hatte ebenholzschwarze Haut, eine militärische Haltung und einen scharfen Blick, der wachsam über den Marktplatz glitt.
    Neben Nikolai flüsterte Jean erschrocken: »Der Afrikaner ist ein Magier! Sieh dir nur sein Energiefeld an.«
    Nikolai stellte seine Augen auf Magiersicht ein, und plötzlich flackerte der Afrikaner von dunklen Schwingungen, die die Düsternis der Stadt zu reflektieren schienen. Erzeugte der Magier selbst diese Energie, oder nährte er sich nur von ihr?
    »Adia erwähnte, dass Trent immer einen gefährlich aussehenden Afrikaner bei sich hatte, einen Mann namens Kondo, der andere Sklaven schlug und auch beim Einfangen der Sklaven half. Dieser Mann dort könnte Kondo sein. Da er ein Magier ist, frage ich mich, ob er bei Trents Wahlsieg nicht seine Finger im Spiel gehabt haben könnte.«
    »Das halte ich sogar für sehr wahrscheinlich. Immerhin war er bereit, sein eigenes Volk im Ausgleich gegen gewisse Privilegien zu misshandeln.« Nikolai hatte einige solcher Männer gekannt. Sie waren besonders verhasst bei den Sklaven, die sie terrorisierten. Behutsam versuchte er, die Natur des Afrikaners zu erspüren. Kondo war aus Ostafrika, schien es, und Trent hatte ihn in seiner Mannschaft aufgenommen, noch bevor das Sklavenschiff Amerika erreicht hatte. Vielleicht hatte Trent eine

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