Die starken Fesseln der Sehnsucht: Roman (German Edition)
»Musst du dich in alles einmischen, du verdammter Bastard? Wir werden dich lehren, dich um deine eigenen Angelegenheiten zu kümmern!«
Während er seinen Kopf mit beiden Händen schützte, gelang es Clarkson, sich von den Tritten wegzurollen und aufzuspringen, aber er hatte gegen so viele Männer keine Chance. Wieder wurde er zum Rand des Piers geschleift, als Nikolai sich wie ein Racheengel auf die Gruppe stürzte.
Diesmal erlegte er sich keine Zurückhaltung bei seinem Angriff auf, benutzte Fäuste, Füße und Magie, um Clarksons Angreifer unschädlich zu machen. Aus dem Augenwinkel sah er Jean heraneilen. Ihr Bild war verschwommen von einer Art magischem Schild, und Nikolai konnte spüren, wie sein Blick davon zurückgeworfen wurde. Wäre nicht seine eigene Magie gewesen, hätte er nicht gesehen, wie sie sich auf Clarkson stürzte, ihn auf die Beine riss und wegführte, wobei sie die Hälfte seines Gewichts auf ihre eigenen schmalen Schultern nahm.
Die Seeleute erwiderten den Kampf, doch ihre vom Alkohol genährte Wut war Nikolai nicht gewachsen. Er hatte den letzten niedergestreckt und wollte den Anführer gerade zum Rand des Piers schleifen, als eine Stimme in seinem Kopf »Nein!« schrie.
Nikolai zögerte. Kühle Klarheit durchflutete ihn und milderte seine heiße Wut ab. Er hatte sich vom Geist der Zerstörung infizieren lassen, merkte er. Seine Ziele mochten andere sein als die der Schläger, die Clarkson angegriffen hatten, doch die Zerstörungswut war die gleiche gewesen.
Mit geballten Fäusten und am ganzen Körper zitternd, wandte er sich ab. Die Stimmen seiner Vorfahren, die sich genau wie die seiner Großmutter anhörten, hatten ihn vom Abgrund zurückgeholt. Er beschwor Licht herauf, um die dunkle Energie zu vertreiben, als er Jean und Clarkson einholte. Nikolai legte einen Arm um den Diakon und trug fast das gesamte Gewicht des jungen Manns, als sie den Pier verließen.
»Dort drüben in dieser Seitenstraße ist eine Taverne«, sagte Jean. »Er braucht Zeit, sich zu erholen.«
Nikolai nickte und ging in diese Richtung. Clarkson hielt sich schon besser auf den Beinen, obwohl seine Schritte noch immer nicht ganz fest waren. »Ich muss Ihnen danken, Sir«, sagte er ein bisschen unsicher. Dann sah er Nikolai an, blinzelte wie eine Eule und richtete den Blick auf Jean. »Du meine Güte, das sind ja Mr. und Mrs. Gregory! Sind Sie meine Schutzengel?«
Jean lachte. »Nein, nur Abolitionisten, die zur rechten Zeit erschienen sind.« Sie hatten die Taverne erreicht, und Jean hielt die Tür für die beiden Männer auf. Das Lokal war schäbig, aber sauber, die wenigen anderen Gäste ruhig und friedlich.
Nachdem sie ihre triefend nassen Umhänge aufgehängt hatten, führte Nikolai Clarkson zu einer Nische, während Jean große Krüge Punsch aus heißem Wasser, Zitrone und Whisky bestellte. Sowie die Getränke gebracht wurden, trank Nikolai dankbar einen großen Schluck. Neben ihm sagte Jean: »Wir waren die meiste Zeit nicht in England, seit wir Ihnen begegnet sind, Mr. Clarkson. Was haben Sie getan, um solche Wutanfälle auszulösen?«
Clarkson trank seinen Punsch etwas langsamer und wärmte sich die Hände an dem heißen Krug. »Ich wusste, dass ich viele Leute hier in Liverpool verärgert hatte, aber ich hatte nicht damit gerechnet, dass jemand versuchen würde, mich umzubringen«, erwiderte er erschüttert.
»Ich glaube, der Angriff war auf Trunkenheit zurückzuführen«, sagte Jean. »Wodurch das Ergebnis allerdings nicht weniger fatal gewesen wäre.«
»Einer der Männer, der mich angriff, ist Offizier auf einem Sklavenschiff. Ich habe versucht, ihn wegen Mordes vor Gericht zu bringen, weil er einen Seemann auf seinem Schiff getötet hat.« Clarkson verzog den Mund. »Ob betrunken oder nüchtern, er würde jedenfalls nur zu gern auf meinem Grab tanzen. Liverpool ist eine Stadt, die durch das Elend von Sklaven fett und reich geworden ist.«
»Ich hörte, dass die beiden Männer, denen das Sklavenschiff Zong gehörte, auf dem der Kapitän so viele Sklaven umbrachte, beide frühere Bürgermeister von Liverpool gewesen sein sollen«, sagte Jean.
»Da haben Sie richtig gehört.« Clarksons tiefblaue Augen nahmen einen grimmigen Ausdruck an. »Und nicht nur Sklaven leiden. Ich habe mir die Logbücher des Schiffs im Zollhaus angesehen, und das Ergebnis war schockierend. Auf Sklavenfahrten sterben ebenso viele britische Seemänner wie Sklaven. Die Offiziere kümmert das nicht - tote Seeleute
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