Die starken Fesseln der Sehnsucht: Roman (German Edition)
Zeitmagie auskennt. Sie sagte, nur ein Mann hätte diese besondere Gabe gehabt, aber er sei nicht lange nach der Anfertigung der Zauberperlen gestorben.« Jean befingerte die noch verbliebenen, aber wirkungslosen kleinen Perlen an dem Armband. »Niemand sonst in der afrikanischen Gemeinde Londons hat die Fähigkeit, und es scheint auch kein Talent zu sein, das Wächter besitzen.«
Nikolai erstarrte. »Es kann uns also niemand helfen?«
»Das sagte Mary«, erwiderte Jean seufzend. »Dies ist eine interessante Zeit voller neuer Ideen. Aber meine Familie und Freunde leben fünfzig Jahre früher. Ich finde, ich muss wenigstens versuchen, zu ihnen zurückzukehren. Doch ich würde es verstehen, wenn du den Versuch nicht unternehmen willst.«
Nikolai beugte sich vor und nahm ihre Hände. »Ich habe mich schon gefragt, ob das Ende unserer Mission auch das Ende unserer Nähe sein würde, aber wir sind uns heute näher denn je. Du bist meine Familie, Jean, und wo du hingehst, werde ich auch hingehen.«
Ihr stockte der Atem. »Wirklich?« Sie hatte kaum zu hoffen gewagt, dass er zurückkehren wollte. »Wenn wir es versuchen, es jedoch nicht gelingt und wir hier bleiben müssen, verspreche ich, dass ich mich nicht beklagen werde. Aber ich muss es wenigstens versuchen. Ich habe nachgedacht«, fuhr sie fort und streifte das Armband ab. »Obwohl die großen Perlen alle verbraucht worden sind, müssen die kleinen etwas von der Energie in sich aufgenommen haben. Wenn wir das Ritual vollziehen und uns ganz fest auf unser Wunschziel konzentrieren, werden wir vielleicht nach Santola zurückkehren. Aber der Versuch könnte gefährlich sein.«
Nikolai nahm das Armband und betrachtete es stirnrunzelnd. »Die Zeitmagie ist schwach, doch es könnte gelingen, vorausgesetzt, dass ich ein Zeitportal zu einer anderen Welt öffnen kann, wo die Magie stärker ist. Wie du sagst, wird es gefährlich sein, aber es besteht auch eine Chance, dass wir es schaffen.«
»Dann wirst du mich begleiten?«, fragte sie, noch immer nicht ganz überzeugt.
»Unter einer Bedingung.«
Sie beobachtete ihn ein bisschen misstrauisch. »Und die wäre?«
Er hob ihre linke Hand an seine Lippen und küsste den goldenen Ring an ihrem dritten Finger. »Dass wir diesen Ehering zu einem echten machen. Wir sind schon so eng verbunden, dass es beinahe unnötig erscheint. Beinahe, aber doch nicht ganz.« Er lächelte sie an. »Heirate mich, Jean, dann hatte ich meine Rache an deinem Vater, der bestimmt gewünscht hätte, dass du einen guten Wächter heiratest.«
Lachend warf sie sich in seine Arme. »Ich habe immer gewusst, dass ich keinen Wächter heiraten würde, aber mir vorzustellen, dass ich einmal die Frau eines Piraten werden würde, dazu fehlte mir die Fantasie.«
Sie heirateten in aller Stille im Ballsaal von Falconer House, vor einem Publikum aus britischen Wächtern, afrikanischen Priestern und anderen, die beides waren. Die zierliche, noch immer hübsche Meg war Jeans Brautführerin, und Buckland stand Nikolai zur Seite.
Bei dem darauffolgenden Frühstück sagte Jean zu Simon: »Du und Meg, ihr werdet wohl für immer leben, nicht?«
Er lachte. »Nein, aber die Magie, die ich mir in all diesen Jahren angeeignet habe, hat Meg und mich mehr Jahre gesund gehalten, als die meisten Menschen zur Verfügung haben.« Mit untrüglicher Sicherheit glitt sein Blick zu seiner Frau. »Wenn wir diese Welt verlassen, werden wir es zusammen tun, und das nicht allzu weit in der Zukunft. Doch zuerst werden wir euch auf den Weg nach Hause bringen.«
Jean und Nikolai tranken beide kaum etwas - man bewegte sich nicht mit benebeltem Gehirn durch Welten. Nach schier endlosen Umarmungen und Verabschiedungen war die Zeit für das Ritual gekommen.
Jean hängte sich die Tasche, die sie ein halbes Jahrhundert lang bei sich getragen hatte, über die Schulter und nahm ihren frisch gebackenen Ehemann an den Händen. Die wenigen verbliebenen Perlen lagen sicher zwischen ihren verschränkten Händen. »Wir werden uns in der Vergangenheit noch einmal trauen lassen müssen, weil das Datum 1807 auf unserer Heiratsurkunde ganz schön merkwürdig aussehen würde.«
Nikolais Augen glühten vor Wärme, als er lachend sagte: »Ich heirate dich, sooft du willst, Jean. Und nun lass uns aufs Neue die Reise ins Unbekannte antreten.«
Alle Anwesenden bildeten einen Kreis mit ihnen. Als Jean die Augen schloss, um sich zu konzentrieren, spürte sie die machtvollen Energien, die sie umgaben.
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