Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Stasi Lebt

Titel: Die Stasi Lebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Schreiber
Vom Netzwerk:
Tour die blutjunge Kati Witt und ihre Trainerin Jutta Müller: »Mit ihr tanzte ich einen traumhaften Tango.« Für Heike Drechsler, Ruth Fuchs, Uwe Beyer, Täve Schur oder wie die Kanonen sonst noch hießen, bedeuteten die Kuba-Törns eine dicke Belohnung. Eine Seefahrt mit 150-prozentigen war aber selbst für staatstragende Athleten nur bedingt lustig. Außer Ewald beanspruchten sonst die Ersten Sekretäre der SED-Bezirksleitungen das Luxusappartement.
    Niemand weiß bis heute genau, was sich die DDR die
Völkerfreundschaft
kosten ließ. Sie fuhr ohne Rücksicht auf Verluste, begleitet von Gerüchten über abgehörte Gespräche, regelmäßige Stasi-Bordfeste in Warnemünde, Liegeplatz 37, mit kubanischen und anderen Geheimdienstlern. Dass das Boot 45-mal für Devisen an ausländische Firmen verchartert wurde, weist auf Finanzprobleme hin – der Preis unbezahlbaren sozialen Aufsteigertums à la DDR. In der ZK-Sitzung vom 19. November 1963, entschuldigt fehlten unter anderen »Ulbricht, Honecker, Mittag«, hieß es, 1962 seien 1,9 Millionen Mark Zuschuss in Anspruch genommen worden. 1985 musste die SED froh sein, den Kahn nach 1,6 Millionen Seemeilen »zum Schrottwert« (Peters) an die Reederei Neptunus Rex, Panama, verkaufen zu können. Abschied von einer unglücklichen Liebe und der Hoffnung auf die neue Zeit.
    Zunächst erhielt der ausrangierte Stolz den Namen
Volker.
Dann lag er als
Fritjof Nansen
in Southampton, umfunktioniert zum Asylanten-Wohnschiff. 1989 geht es nach Genua, heißt
Surriento,
wird 1992 von der Firma N.I.N.A SpA übernommen. Die renoviert die nunmehrige
Italia Prima
für zweihundert Millionen Mark, wechselt bis auf den schnittigen stählernen Leib so gut wie alles aus. Der neue, alte Kreuzer ist jetzt die Glanznummer von Neckermanns Seereisen: Tagespreis 335 Mark. Die Partei wusste es ja schon immer: Es lebe die Völkerfreundschaft.

Die Agentenfalle
    Wie Markus Wolf enttarnt wurde
     
     
    Am 29. Juni 1978 schossen westliche Agenten das erste Foto des DDR-Spionagechefs Markus Wolf. Erst jetzt wissen wir, wie ihnen der Coup gelang.
     
    Er war nicht der Mann, der er zu sein schien. So gut getarnt »Dr. Kurt Werner« aus Ostberlin den schwedischen Zoll passiert, noch unauffälliger sind seine Verfolger. Nie zuvor hat man den hochgewachsenen Brillenträger im Westen gesichtet, geschweige denn fotografiert. Der Doktortitel ist erfunden. Bei der Ankunftim Hafen Kapellskär führt er den getürkten Diplomatenpass D 05 335 mit sich. Ausstaffiert mit perfekter Legende, geht er am 27. Juni 1978 von Bord der Fähre
Aurella.
Er will nach Stockholm. Dort warten Beschatter auf den großen Unbekannten.
    Ein scharf gescheitelter Stasi-Major begrüßt Dr. Werner am Terminal-Parkplatz. Manfred L. amtierte mit dem offiziellen Titel »Erster Sekretär« an der DDR-Botschaft. Für den Residenturleiter war die Berufung auf den bedeutsamen Außenposten 1974 eine Überraschung. Schwedisch lernte er erst an Ort und Stelle. Der neutrale Staat bot sich als Tummelplatz für »Aufk lärer« an, dank des nordischen Zollabkommens gab es an der Grenze zu Finnland keine Kontrolle. Dr. Werners Risiko lag bei null, zumal unter dem Schutz des »Diplomatenvisums für eine Dienstreise zur DDR-Gesandtschaft nach Stockholm«. Daheim war die Vita wasserdicht abgesichert: Sein wirklicher Name ist Wolf, Markus Wolf. Geboren am 19. Januar 1923 im schwäbischen Hechingen, nicht am 20. Oktober in Berlin, wie die Falschpapiere behaupten.Streng konspirativ will Honeckers Spionagechef im »Venedig des Nordens« den SPD-Landtagsabgeordneten Friedrich Cremer treffen, Mitglied des Parteirats. Den Bayern persönlich zu sprechen, bewegt er sich durch halb Europa.
    Wochen zuvor hatte Genosse L. die chiffrierte Botschaft erhalten, der Leiter der Hauptverwaltung Aufk lärung (HVA) höchstselbst sei im Anrollen. Die »teilweise organisatorische Betreuung« des Trips liege in seinen Händen. Nun ist der Leitwolf da. Auf Fotos der bewussten Tage strahlt der Abholer die nervöse Spannung eines Untergebenen aus, dem schwant, die Karriere stehe auf dem Spiel.
    Der Offizier, Nummer 961515 bei der Stasi, kannte die exakte Route des hohen Besuchs nicht. Das entsprach den Gesetzen des Genres. Aus eigener Erfahrung hätte er sich zusammenreimen können, dass Wolf in Helsinki einen Zwischenstopp einlegen würde. Ein »Klaus Dethloff«, angeblicher Kulturattaché, nahm ihn in Finnland am Händchen. Gewöhnlich reiste HVA-Personal zur Küstenstadt Nådendal,

Weitere Kostenlose Bücher