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Die Statisten - Roman

Die Statisten - Roman

Titel: Die Statisten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A1 Verlag GmbH
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Ungläubigkeit in seiner Stimme; sie klang so, als hätte man ihm einen Dolchstoß versetzt.
    Ravan ahnte, dass er seine Karten schlecht ausgespielt hatte, aber für einen Rückzieher war es nun zu spät. „Ja“, entgegnete er.
    â€žBezahlt werden?“ Mr Navare kam noch immer nicht über die Unverfrorenheit der Forderung hinweg. „Du willst bezahlt werden, obwohl du, Ravan Pawar, keinen einzigen Ton triffst? Sobald du mit deinem Ping-Ping-Gerät einsetzt, ruinierst du die gesamte Melodieführung und die Harmonie der Band. Und nicht nur das – wegen dir kommen alle anderen durcheinander.“
    Ein paar Dinge im Leben gab es, deren Ravan sich sicher war, und eins davon war, dass er seine Noten und Töne und Tonarten drauf hatte. Er hörte die geringfügigste Variation, den leisesten Intonationsfehler, den kleinsten falschen Ton heraus. Navare mochte sein Metier beherrschen, aber was den Rest der Kapelle anbelangte, so war das die Original All Off Key Brass Band. Das waren keine Musiker, das waren Vandalen, Metzger, Mörder, Musikkiller. Sie schweiften ab, sie stolperten, verirrten sich, sie brachten Melodien durcheinander oder vergaßen sie ganz einfach und hörten mitten im Stück auf. Es war für Ravan eine nie versiegende Quelle der Verwunderung, dass die Leute diese Hampelmänner tatsächlich für ihre Kakophonie bezahlten.
    Ravan hatte den Verdacht, dass Sadanand Navare ihn zu demütigen versuchte, sah aber keinen Grund dafür.
    â€žWir können es uns nicht leisten, den Ruf der New India Brass aufs Spiel zu setzen. Bis du dazugekommen bist, nannten uns die Leute die Gandharvas, die himmlischen Hofmusikanten der Götter. Jetzt laufen wir Gefahr, diesen Titel zu verlieren, und das geht nicht an. Ich fürchte, du wirst uns verlassen müssen.“
    Wie hatten die Dinge einen solchen Verlauf nehmen können? All diese Monate hatte Ravan geglaubt, sich einen Platz in der Band erarbeitet zu haben und ein integraler Bestandteil von ihr geworden zu sein. Er hätte nicht im Traum daran gedacht, das jemand anderem gegenüber auszusprechen, aber er hatte tatsächlich das Gefühl, dass er den Sound der Gruppe verändert hatte. Die New India Brass lieferte genau das, was ihr Name versprach: harte, gefühllose Blechmusik. Da waren keinerlei Geschmeidigkeit, keine Emotion, keine Zärtlichkeit, keine sanften sinnenden Riffs. Sein Xylophon hatte den ursprünglichen Sound abgemildert, und ohne es bewusst zu wollen, hatte er ein Element der Improvisation eingeführt.
    Und jetzt warf man ihn raus.
    Die Auftragslage der Band war selbst in ihren besten Zeiten als wechselhaft zu bezeichnen. Hochzeiten waren leider Gottes ein saisonales Phänomen. Da es schwierig war, während der Regenzeit eine Hochzeitsfeier auszurichten, sorgte der hinduistische Kalender dafür, dass es für die gesamte Dauer des Monsuns keine glückverheißenden Tage gab. Umgekehrt war es für eine erfolgreiche Band möglich, während der Sommer- und Wintermonate sieben, ja manchmal sogar fünfzehn Angebote pro Tag zu bekommen. Nicht, dass die New India Brass zu dieser begehrten Kategorie gehört hätte. Auf dem Höhepunkt der Hochzeitssaison gab es keinen Tag, an dem sie nicht gebucht waren. Das Problem war vielmehr, dass niemand Ravan ernst nehmen oder ihn anheuern würde, solange er kein bezahltes Mitglied einer Gruppe war. Bis dahin würde man ihm bestenfalls ein Trinkgeld anbieten, gleichzeitig aber von ihm erwarten, dass er die nötige Erfahrung hatte, um ein einundfünfzigköpfiges Orchester zu leiten.
    Vergiss das Geld – ohne einen Fuß in der New India Brass Band würden Ravans Aussichten weniger als Null sein. Zum Teufel mit Eigenliebe und Selbstachtung, er war bereit, auf den Knien zu rutschen, wenn er nur seinen Job zurückbekam. Ja, er war mehr als bereit, den Proberaum zu fegen, die Blasinstrumente zu wienern, für die anderen Mitglieder Besorgungen zu machen und für den Chef der Band Bidis zu rollen, sie ihm anzuzünden und sich dann platt vor ihm auf den Boden zu legen.
    â€žIch bin sicher, dass ich mit Übung und Ihrer Anleitung, Meister Navare, Fortschritte machen könnte.“
    â€žDu Fortschritte machen? Du?!“ Sadanand Navare beäugte Ravan und stieß dann ein Gekecker aus, das in ein heiseres Gelächter überging und zu einem Hustenanfall ausartete. Im ersten Moment glaubte

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