Die Statisten - Roman
auch!â
Eddie ignorierte Ravan.
âEddie Coutinho und ich haben, was Sippy-sahab braucht!â
âHat dieser Coutinho seine Zunge verloren? Warum sprichst du für ihn? Ist es unter seiner Würde, mit uns zu reden?â
âWas spielt es für eine Rolle, ob Eddie Coutinho oder ich sprechen, solange wir Sippy-sahab glücklich machen können?â
âHe Mann, Ravan Pawar, sagst du die Wahrheit oder versuchst du mich zu verscheiÃern? Wenn ihr beiden nicht wirklich diese Dreiteiler habt, reià ich dir den Arsch bis zu den Kiemen auf!â
Ravan legte sich theatralisch die Hand aufs Herz. âIch schwöre es bei Gott, Akram-sahab.â
âIch rufe Sippy-sahab direkt an. Nehmt ein Taxi, holt eure Anzüge ab und fahrt mit demselben Taxi weiter zu Mehboob Studio Nr. 2. Verplempert keine Zeit damit, die Anzüge zu bügeln, das machen die dann im Studio.â
Um ein Haar hätte Ravan den Taxifahrer herausgezerrt und sich selbst ans Steuer gesetzt. Er hatte nie gedacht, dass er jemals im Fond eines Taxis sitzen und sich bis hinaus nach Bandra chauffieren lassen würde. Eddie hatte nicht nur kein Wort mit ihm gewechselt, sondern während der gesamten Fahrt auch nicht ein einziges Mal in seine Richtung geschaut. Er war nicht mal aus dem Taxi ausgestiegen, als es vor CWD -Chawl Nr. 17 gehalten hatte und Ravan vier Stockwerke hochgehechtet war, um die zwei Anzüge zu holen. âWelchen möchtest du gern anziehen?â, fragte Ravan. Eddie gab durch ein Achselzucken zu verstehen, dass ihm das völlig gleichgültig war. Dann fragte er nach kurzer Ãberlegung: âWoher willst du überhaupt wissen, ob mir einer davon passt?â
âEiner der Schneider am Set wird alles Nötige ändern. Danach passt er dir wie angegossen, wenigstens vorübergehend.â
Eddie hätte sich die dämliche Frage natürlich sparen können. Er zog sich noch weiter in seine Ecke zurück.
Das Mehboob Studio am Ende der Hill Road war einer von Ravans Lieblingsplätzen. Bandra gehörte noch immer zu den ruhigeren Vororten, wenn es sich auch alle Mühe gab, den Lärmpegel von Rest-Bombay zu erreichen. Die Projektentwickler hatten sich riesige Stücke dieser historisch goanisch-katholischen Hochburg geschnappt und sie auseinandergerissen wie ein Rudel Hyänen. Der Vize-Regieassistent lief vor dem Tor des Mehboob Studios auf und ab und bezahlte den Taxifahrer, sobald er die zwei Männer mit ihrem auf Kleiderbügeln hängenden schwarzen und weiÃen Anzug sah. âWas habt ihr so lang gebraucht?â, fragte er nervös, aber Ravan und Eddie durchquerten bereits die groÃe grüne hofartige Fläche. Hier herrschte keine Geschlechtertrennung. Männer und Frauen standen und schlenderten bunt durcheinander und saÃen plaudernd in Grüppchen. Drei Feen in langen weiÃen Kleidern und Flügeln schwenkten ihre Zauberstäbe, während ein Magier in schwarzem Frack und Zylinder irgendeinen unverständlichen Zungenbrecher übte. Zu ihrer Rechten lagen zehn Statisten in weiÃer Cricketkleidung auf dem Rasen, andere lasen in der Morgenzeitung oder entspannten sich einfach, bis man sie zum Dreh auf den Set in Studio Eins rufen würde. Das Grundstück war von Schatten spendenden Bäumen gesäumt: Pipals, Flamboyants, Banyans. An drei Mangobäumen hingen Hunderte unreifer Früchte wie grüne Lampions an langen, dünnen, drahtartigen Stängeln.
Gleich links hinter dem Eingangstor erhob sich ein unfertiges sechsstöckiges Gebäude; seit dem viele Jahre zurückliegenden betrüblichen Ableben des Produzenten, Regisseurs und Eigentümers, Mehboob-sahab, war es unbenutzt und Gegenstand eines Rechtsstreits. Er hatte es nach dem Erfolg seiner denkwürdigsten Produktion, âMother Indiaâ, in Auftrag gegeben, und nun prozessierten seine Kinder und Kindeskinder darum vor dem hohen Gericht.
Ravan und Eddie hatten die stählerne Schiebetür von Studio Zwei erreicht. Der Vize-Regieassistent forderte sie auf zu warten, während er den Dance Director, Natkhatlal, holte, der sie einweisen würde. âRührt euch nicht von der Stelle! Der Dreh ist euretwegen schon verschoben worden. Ich bin gleich wieder da.â
Eddie und Ravan standen nebeneinander, mieden den Blickkontakt und fürchteten sich gleichzeitig, allein zu sein. Sie verlagerten andauernd ihr Gewicht von einem Fuà auf den anderen,
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