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Die Statisten - Roman

Die Statisten - Roman

Titel: Die Statisten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A1 Verlag GmbH
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den Gängen des Lebens als dummes Geschwätz abgetan. Wenn er heute den richtigen Gang eingelegt und die richtigen Worte und den richtigen, beruhigenden Ton gefunden hätte, dann wäre Pieta bereit gewesen einzusehen, dass Ravan – egal, welche Erfahrungen sie mit anderen Männern gemacht hatte – vielleicht doch meinte, was er sagte, und ihr beweisen würde, dass er anders war.

    In Indien gibt es nur ein Kriterium, um zu beurteilen, ob ein Filmsong ein Superhit ist: Der Film zieht ein „Wiederholungspublikum“ an. Die Leute sehen sich denselben Film immer wieder an. „Apne Dil ki Suno“ war zwar nicht gerade fünfundzwanzig Wochen am Stück ausverkauft, wie Eddie gehofft hatte, aber Helen-jis Auftritt wurde als ein Wendepunkt im Hindi-Film-Tanz bewertet. Als Eddie sich den Streifen zum sechsten Mal ansah, sangen beim Soundtrack von „Black and White“ schon Hunderte Zuschauer mit. Der Song lief beim Radiosender Vividh Bharati über ein Jahr lang fast am laufenden Band.
    Ravan und Eddie waren in den CWD -Chawls in aller Munde. Sie waren sofort eine Sensation; nichts weniger als Helden. Kleine Jungen und Mädchen folgten ihnen auf Schritt und Tritt. Sie wollten auf ihren nächsten Dreh mitgenommen werden. Und natürlich wollten sie, dass die beiden jungen Superstars sie ins Filmgeschäft einführten. Tamhane Senior, der Justizangestellte, war der Erste, der Ravan seine Glückwünsche aussprach.
    â€žRavan Pawar, mein Freund“, rief er mit seiner hohen näselnden Stimme. „Wie geht es Ihnen? Erinnern Sie sich, wie ich Sie früher immer zum Markt genommen habe, frühmorgens, oder einfach mit Ihnen spazieren gegangen bin? Und wie ich mit Ihnen im Park war, weil sie auf der Schaukel wie ein Vogel fliegen wollten? Schon damals waren Sie ein Held! Jeden Tag, den Gott werden ließ, haben Sie mich vollgeschissen und vollgepisst! Fragen Sie Ihre Mutter! Und schauen Sie sich an, was nun aus Ihnen geworden ist! Ein Leinwandheld! Auf dem ,Filmfare‘-Heft des nächsten Monats wird man Sie, wie man hört, auf dem Cover sehen. Es gibt Gerüchte, dass jede Heldin des Hindi-, Tamil- und Telugu-Films Sie bedrängt, mit ihr ins Bett zu gehen. Doch Sie beweisen beispielhafte Selbstbeherrschung und schlafen jede Nacht lediglich mit sechs von ihnen auf ein Mal. Die Übrigen müssen warten, bis sie dran sind. Stimmt das? Machen Sie doch diesen alten Mann mit einer von ihnen bekannt. Sie wird es nicht bereuen“ Er kicherte. „Wie wär’s, wenn Sie uns vier Eintrittskarten für die Galerie spendieren? Wir werden jedem im Kino erzählen, dass wir Sie persönlich kennen und Sie uns die Karten geschenkt haben. Und wir werden sagen, dass es ein großartiger Film ist, selbst wenn er furchtbar sein sollte.“
    Violet war die Einzige, die die Wahrheit wusste. Dieses Lied, „White or Black“ oder umgekehrt, wie auch immer es heißen mochte – sie musste es, ob sie wollte oder nicht, Tag und Nacht über sich ergehen lassen, da es aus jedem Radio in den Chawls plärrte –, konnte nur wieder eine der krummen Touren ihres Sohnes sein. Sie wusste nicht genau, was er da abgezogen oder wie er damit Erfolg gehabt hatte, aber sie war nicht gewillt, darauf reinzufallen. Maria-Augusta hatte den Film schon zwei Mal gesehen und war so dumm gewesen, beim dritten Mal auch Karten für Violet und Pieta zu kaufen. Violet weigerte sich mitzugehen. Sich einen Hindi-Film ansehen war schlimm genug, aber einen, in dem ihr Sohn mitspielte: nein, nein und nochmals NEIN !
    In der Statistengewerkschaft hatten Ravan und Eddie jetzt nur noch Kumpel. Wer weiß, sagten sich die Kollegen, Glück kann auch ansteckend sein. „Ihr gottverdammten Glückspilze, wie habt ihr das nur hingekriegt, die ganze Gesangsnummer mit Helen-ji zu bekommen? Man muss sich das vorstellen, nur ihr beide! Da war doch sicher etwas schwarze Magie im Spiel, dass ihr an so eine Gelegenheit gekommen seid!“ Ravan reagierte darauf nur mit einem Lächeln und einem Achselzucken, aber Eddie war mitteilsamer. Er zeigte sich großzügig und war bereit, der Königin des Tanzes für ihre Freundlichkeit und Geduld zu danken.
    â€žEs gibt eben niemand wie sie, so einfach ist das.“ Eddie wurde nicht müde, über seine neue Entdeckung zu reden. „Sie ist die Allerbeste der Besten, und sie hätte uns auch wie …“ – um ein

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