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Die Statisten - Roman

Die Statisten - Roman

Titel: Die Statisten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A1 Verlag GmbH
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Parvati-bai noch er hatten Freunde – es sei denn, er wollte Drei Komma Eins als einen solchen betrachten. Er war froh, nicht mehr so isoliert zu sein, wie er es lange Jahre gewesen war. Eddie und er verbrachten neuerdings viel Zeit miteinander. Aber wenn er ehrlich sein sollte, hätte er nicht beschwören können, dass Eddie sich gern als sein Freund hätte bezeichnen lassen. Und Ravan selbst – wollte er vielleicht nur deshalb sein Freund sein, weil er sich nach Vergebung sehnte? Aber was immer die Natur ihrer Beziehung auch sein mochte, über Eddie konnte er nur so viel sagen: Der Mann hatte musikalisch wirklich was drauf, man konnte sich gut mit ihm unterhalten, und er hatte eine Freundin, die er betrogen hatte, wodurch er seine Liebe zu ihr wiederentdeckt hatte. Doch wenn man tiefer gegraben hätte, wäre er überfragt gewesen.
    Vielleicht war es gut so, dass Pieta nichts für ihn übrig hatte. Nein, das stimmte nicht. Er hätte alles getan, ihren Vater wieder zum Leben zu erwecken, wenn er gekonnt hätte, um sie dazu zu bringen, sich in ihn zu verlieben. Doch Pieta war und blieb ihm ein Rätsel. Er war Zeuge einer der kritischsten Situationen in ihrem Leben gewesen, und dennoch wusste er rein gar nichts von ihr. Er konnte nicht einmal mit Sicherheit sagen, ob sie einen Freund hatte oder nicht. Aber falls ja, warum hatte sie im Moment der Krise Ravan gebraucht? War sie noch immer mit ihrem Freund zusammen? Ravan hätte ihr gern ein Geschenk gemacht, um ihr zu zeigen, dass sie ihm nichts schuldete, aber er wusste, dass sie es ihm sofort vor die Füße geschmissen hätte. Und überhaupt – was hätte er ihr schon schenken können? Er hatte keine Ahnung von Pieta, was ihr gefiel und was nicht. Er wusste, dass sich, anders als bei den Filmsets, hinter den Fassaden von Pieta und Eddie, die er sah, wirkliches Leben abspielte, das er aber beim besten Willen nicht ergründen konnte.
    Und was war mit Asmaan, die sich mit Eddie und ihm angefreundet hatte und jederzeit bereit war, ihnen zu helfen, wenn sie in der Klemme steckten, selbst aber nie etwas für sich verlangte? Es waren Gerüchte im Umlauf, sie sei nur deshalb selten ohne Arbeit, weil sie den Gewerkschaftsbossen immer wieder mal gefällig sei. Vielleicht stimmte das ja. Schließlich ist es nicht leicht, eine zehnköpfige Familie zu ernähren, wenn man nur ab und zu etwas verdient. Vielleicht war es ebenfalls ihr zu verdanken, dass Eddie und er neuerdings mehr Aufträge bekamen.
    Asmaan war ein einziger nicht einzudämmender Redefluss. Sie konnte einen stundenlang unterhalten, während man darauf wartete, dass der Regieassistent endlich schrie: „Kamera bereit. Action!“ Sie wirkte arglos, und schon bald gelangte man zu der Überzeugung, sie sei ein offenes Buch und man wisse alles über sie, ihre Familie und ihr Leben. Und dann zog sie sich urplötzlich in ihr Schneckenhaus zurück, wurde übellaunig und sprach kein Wort mehr. Bestand sie in Wirklichkeit aus zwei verschiedenen Personen? In letzter Zeit, seit Ravan ihren Songtext „Ro le, ro le“ vertont hatte, zeigte sie eine neue Eigenart. Sie hatte angefangen, alle acht, zehn Tage ein neues Gedicht anzubringen. Und Eddie und Ravan vertonten es und unterhielten damit die übrigen Statisten.
    Aber die anderen mal außer Acht gelassen – war er denn imstande, hinter die Pappsilhouette namens Ravan zu schauen? Würde er sein Leben lang Taxi fahren? Glaubte er ernsthaft, dass er einmal ein Held und ein Star sein würde? Er hatte seine Mutter ausgelacht, weil sie wollte, dass er heiratete oder sich wenigstens eine Freundin zulegte. Aber in Wirklichkeit war er selbst der Clown. Pieta hatte mehr als deutlich gemacht, dass sie nichts mit ihm zu tun haben wollte und auch nie gewollt hatte, und dennoch klammerte er sich weiter an die lachhafte Idee, er müsse immer in ihrer Nähe bleiben für den Fall, dass sie ihn einmal brauchen sollte. Vielleicht war es einfach so, dass er unfähig – oder besser: nicht bereit – war, den Vorhang vor ihr runterzulassen. Das Schicksal hatte ihm tatsächlich einen miesen Streich gespielt. Er hatte Pietas Glücksbringer sein wollen, der Talisman, den sie am Hals tragen und niemals ablegen sollte, der eine, an den sie in guten wie in schlechten Zeiten denken würde. Stattdessen, mochten die Götter sich seiner erbarmen, war er zum Glücksbringer von Drei

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