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Die Statisten - Roman

Die Statisten - Roman

Titel: Die Statisten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A1 Verlag GmbH
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wenn sie das gewollt hätte“, warf Mrs McIntyre ein, bevor ihr Mann etwas erwidern konnte, „hätte sie sie Ihnen selbst mitgeteilt?“
    â€žVielleicht hat sie das ja getan, und der Brief ist verlorengegangen.“
    â€žHören Sie auf zu träumen, Eddie. Sie hat ein besseres Leben gefunden, und Sie kommen darin nicht mehr vor!“
    â€žBelle würde das niemals tun, ohne mir Bescheid zu sagen.“
    â€žIst Ihnen niemals in den Sinn gekommen, dass Belle seit der Zeit ihrer Bekanntschaft mit Ihnen erwachsener geworden sein könnte? Und dass sie eventuell begriffen hat, es wäre besser, einen sauberen Schnitt mit der Vergangenheit und mit Ihnen zu machen?“
    â€žKönnten Sie mir denn wenigstens ihre Telefonnummer geben? Dann kann sie mir selber sagen, dass sie nichts mehr mit mir zu tun haben will.“
    â€žSo leid es mir tut, das ist nicht möglich. Wenn Sie uns jetzt entschuldigen würden, wir haben Wichtigeres zu tun. Wir planen, nächsten Monat ebenfalls nach London zu fahren.“
    Warum sollte es nicht möglich sein? Weil Mrs McIntyre nicht wollte, dass er Bescheid wusste? Oder weil Belle es ihr verboten hatte? Was immer der Grund sein mochte, zwei Dinge standen fest: Erstens hatte Belle ihm nichts von ihrem Umzug gesagt; sie hatte ihm weder ihre neue Adresse noch ihre Telefonnummer gegeben. Und zweitens hatte sie aufgehört, ihm zu schreiben. Warum, warum brach sie jeden Kontakt mit ihm ab? Und was auch immer ihre Motive sein mochten, warum informierte sie ihn nicht? Er versuchte, die letzten Monate Revue passieren zu lassen. Was war schiefgelaufen? Was hatte er in seinen Briefen gesagt, das sie zu dem Entschluss getrieben haben mochte, sich von ihm abzuwenden? Ihm fiel beim besten Willen nichts ein, was sie geärgert haben konnte – außer dass seine Briefe im Vergleich zu ihren schlicht langweilig waren. „Wie geht’s? Mir geht’s gut. Ich zähl die Tage bis zu meiner Beförderung in der Werkstatt. Ich liebe Dich, und ich vermisse Dich. Ich bin Dir, wie ich Dir versprochen hatte, nicht ein einziges Mal untreu gewesen.“ Kürzlich hatte es allerdings eine Variation gegeben. „In letzter Zeit bekomme ich Privataufträge angeboten, ich muss jedoch vorsichtig sein, weil ich nicht möchte, dass mein Schichtführer oder einer der Bosse erfährt, dass ich schwarz arbeite. Die festangestellten Mechaniker machen alle was nebenher, aber die Lehrlinge, die das Geld am nötigsten bräuchten, dürfen nicht. Fürs Erste nehme ich immer nur einen Job an. Das ist am besten so, weil ich keine eigene Werkstatt habe und auf dem Grundstück des Kunden arbeiten muss, was in Colaba oder am anderen Ende der Welt, in Bhandup oder Borivali sein kann. Aber ich habe angefangen, Geld beiseite zu legen, und mit etwas Glück könnte es sein, dass wir uns schon früher, als ich dachte, eine hübsche Wohnung mieten können.“
    Eddie zermarterte sich Tag und Nacht das Hirn nach einem möglichen Grund für Belles Verhalten. Er ging seine Erinnerungen immer und immer wieder durch. Seine Großmutter hatte stets behauptet, Eddie sei in zweierlei Hinsicht gesegnet. Kein Erdbeben, kein Wolkenbruch oder Orkan bekäme ihn wach. Und er nehme das Leben so, wie es komme, ohne sich von den zwei sterilen Zwillingen, „was wäre, wenn“ und „wenn doch nur“, irre machen zu lassen. Doch jetzt konnte er auf einmal nicht damit aufhören, in sich nach Antworten zu suchen, die er, wie er selbst ahnte, niemals finden würde.
    Was hatte sie noch mal gesagt? Irgendetwas wie, sie würde Entfernungen und der Zukunft nicht trauen. Schon in dem Moment, als sie das sagte, war er hellhörig geworden. Wäre Pieta weniger seine Schwester, falls es ihm gelungen wäre, in die Staaten zu gehen? War Entfernung etwas wie eine ölige, schlüpfrige Substanz, die die Bande der Liebe, der Lust und der Zuneigung, die nicht nur die Zeit, sondern auch Krisen wie Sapna-ji überstanden hatten, lockern und auflösen konnte? So war es nicht, so war es nicht. Seit Belle fort war, hatte er die ganze Zeit ihre Hand gespürt, die über die Ozeane hinweg die seine hielt.
    Und was die Zukunft betraf, konnte Eddie sich nicht denken, wo das Problem sein sollte. Was bedeuteten die Worte „in guten wie in bösen Tagen, in Gesundheit und Krankheit, in Reichtum und Armut“ im Ehegelübde denn anderes als eine

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