Die Statisten - Roman
Aber ich wollte die konischen haben, die Saroja Devi in âSaguralâ trug. Die waren so spitz wie der metallene Dorn eines Kreisels!â
Sie zog Ravan an sich heran und legte seinen Kopf an ihre Brüste. Jetzt konnte er ihr Herz hören. Es schlug sehr kräftig, und sein Klopfen verschmolz mit den Geräuschen aus der Richtung des Shamiyana, die langsam irgendwie näherzukommen schienen.
âKomm heute Nacht in mein Zimmer! Es ist das im zweiten Stock, dort wo der Mangobaum steht. Am Sturz hängt ein Papagei aus Glas.â
âWarum?â Die Einladung verdutzte Ravan.
âWeil ⦠weil ich es dir befehle, Bandleader!â
âWas ist mit deinem Mann?â
âWir werden den Rest unseres Lebens zusammen verbringen. Aber heute Nacht ist die einzige Gelegenheit, mit dir zusammen zu sein. AuÃerdem wird er sturzbetrunken sein. Das sind frischgebackene Ehemänner in der Hochzeitsnacht immer.â
âWie komme ich da hin?â
âLass dich vom Baum runter, was sonst?â Sie verstummte, um Ravan an einer empfindlichen Stelle zu streicheln. Er hatte vergessen, dass sein Penis noch immer im Freien war. Die zarten Liebkosungen lösten eine neue Welle von Erschütterungen weit gröÃerer Intensität aus.
âSchwöre!â
âWas soll ich schwören?â
âSchwör, dass du in der Bandleader-Uniform kommst!â Sie lieà ihn los. Jemand, der über einen entschlossenen Schritt verfügte, näherte sich. âNicht vergessen! Sonst muss ich zu dir auf die Terrasse kommen, wo ihr heute Nacht schlaft.â
âUm wie viel Uhr?â
âWenn alle schlafen.â
Ravan versuchte hastig, seinen elften Finger wieder in die Hose zu stopfen.
âDer Kleine ist Schlafen gegangen.â
âDa kommt jemand!â
âDas ist bestimmt mein Bruder. Der hat nichts Besseres zu tun, als mir überallhin nachzusteigen. Pass auf dein Schwert auf! Es muss heute Nacht Sita niederstrecken. Nicht nur einmal, sondern immer und immer wieder!â
âLass mich los! Er kann jeden Augenblick hier sein!â, sagte Ravan panisch. Was war bloà los mit dieser Sita? Kapierte sie denn nicht, dass es für ihn und seine Band das Ende bedeuten würde, wenn ihr Bruder ihn mit ihr zusammen erwischte?
âWarum so eilig? Ich weià noch nicht mal, wie du heiÃt.â
âRavan.â
âAch, wie lang hab ich schon auf dich gewartet, Ravan, mein Liebling! Ich möchte, dass du heute Abend zur Hochzeit ein ganz bestimmtes Lied für mich singst.â
âKlar, alles, was du willst.â Ravan rannte schon.
âHalt! Willst du nicht wissen, welches Lied?â Sie lief ihm hinterher.
âWelches?â
âDuniya mein, logon ko dhokha kabhi ho jaata hai aankhon hi, aankhon mein yaaron ka dil kho jaata hai. Und nicht nur spielen, du sollst es für mich singen!â
Ravan hielt sich nicht mit einer Antwort auf. Er hatte gerade noch Zeit, um einige Meter entfernt hinter einem Baum in Deckung zu gehen. Mr Patil und sein Sohn waren jetzt bei Sita. Sie war so klug gewesen, ihr Leibchen wieder zuzuknöpfen. Der Sohn gab seiner Schwester eine Ohrfeige.
âMit wem warst du zusammen?â Er holte schon zu einer zweiten Ohrfeige aus.
âGenug, Gajanan! Heute ist ihr Hochzeitstagâ, ermahnte ihn der Vater.
âSie scheint diese schlichte Tatsache aber noch nicht begriffen zu haben. Gib mir eine Antwort!â Er verdrehte ihr den Arm, bis sie aufschrie.
âLass los, lass mich los!â
âDu hast es mir immer noch nicht gesagt.â
âIch war allein und hab Blumen für mein Haar gesucht!â
Navare fiel weder auf Ravans ungewohnt kumpelhaftes Gehabe noch auf sein, oberflächlich betrachtet, normales Verhalten herein. Er sah, dass Ravan verstört war. Er erkannte die Symptome, hatte aber keine Ahnung, wie er sie kurieren sollte. Er bemühte sich, Ravan halbwegs zur Vernunft zu bringen, aber sein ehemaliger Schüler schien heute dafür unzugänglich zu sein. Das Gewitter hatte ihn offenbar schwer mitgenommen. Es bestand nicht die leiseste Hoffnung, dass er das Xylophon wieder instand setzen würde können. Die Metallplatten waren verbogen, die Holzhalterungen gebrochen und der Rahmen hatte einen Riss. Ihn zu flicken hätte wenigstens ein, zwei Tage erfordert. Aber Ravan schaffte es innerhalb von zweieinhalb Stunden, das Instrument wieder flott zu kriegen. Die
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