Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Statisten - Roman

Die Statisten - Roman

Titel: Die Statisten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A1 Verlag GmbH
Vom Netzwerk:
eigentlichen Interruptus. Aber da war ein Verletztsein, das sie nicht verbergen wollte oder konnte. Das ging Eddie gegen den Strich und ärgerte ihn zunehmend. Er versuchte nicht mehr, sie zu beschwatzen, aufs Ganze zu gehen. Sie hatten auch andere kleine Meinungsverschiedenheiten, die in Eddies Vorstellung ungebührliche Ausmaße annahmen. Rückblickend hätte Eddie sich wohl eingestehen können, dass sie mehr Mumm als er hatte, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass sie ganz schön schräg war.
    Belles Eltern wohnten zwar in Indien, aber angeblich nur vorübergehend. Ihre Heimat war Großbritannien, auch wenn sie noch nie dort gewesen waren. Alle Angehörigen waren schon vor langer Zeit nach England ausgewandert. Ihre Bräuche, Traditionen und Anspielungen waren britisch. Ihre Lieder waren britisch, ihr Flügel war britisch (zumindest ging er davon aus) und ihre Ernährung war es teilweise auch. Man stelle sich das nur vor: Es war vielleicht nur eine Frage von Tagen, und sie würden nach London abreisen, und Belle mit ihnen. (Was würde Eddie dafür geben, an ihrer Stelle zu sein!) Hinzu kam, dass sie Mitglied einer Rockband war, deren Wurzeln und Wesen die reinste Mischung aus Großbritannien und Amerika waren, und was tat sie? Sie erklärte, dass ihre Seele Bombay und der Hindi-Filmmusik gehörte. Vielleicht hatte ihre Mutter ja recht und es stimmte etwas mit ihren Genen nicht.
    Aber das war noch nicht alles; sie wollte bei ihren Auftritten Hindi-Songs singen. „Jetzt mach mal halblang, Belle!“, hatte er zu ihr gesagt. „Wenn unsere Auftraggeber Hindi-Filmmusik hören wollten, dann würden sie ja wohl diesen Kerl vom Stock unter mir engagieren, den Typen, der eine Band mit dem Namen Cum September hat, und nicht die Bandra Bombshells!“
    Sie hatten sich monatelang gestritten. Schließlich hatte Eddie genug gehabt und nachgegeben. Er war sicher, dass das Publikum sie aus dem Saal buhen und sich herumsprechen würde, dass sie eine Hindi-Band waren, und die Bombshells nie wieder einen Auftritt bekommen würden, aber er musste, wenn auch widerwillig, zugeben, dass es gar nicht so schlecht gelaufen war. Sie hatte auf der Lobo-Hochzeit diesen Song „Raat akeli hai bujh gaye diye“ aus „Jewel Thief“ gesungen. Es war schon von sich aus ein hauchig lockendes Stück, aber Belle hatte ihm noch eine zusätzliche rauchige Note verliehen und es sexier gemacht. Als sie sich in den Song hineinschmeichelte, herrschte eine ominöse Stille, und ein paar Leute rutschten unbehaglich auf ihren Stühlen herum. Die Frauen sahen sie verächtlich an, aber als sie nach einer Weile eine jazzige Scat-Einlage brachte, pfiffen und klatschten die Männer. Es gab zwei Zugaben und es wurde nach weiteren Hindi-Songs verlangt. Damit leitete Belle einen Trend ein, dem Eddie sich so erbittert wie erfolglos widersetzte. Wo auch immer sie auftraten, gab es mit Sicherheit jemanden, der nach einer Rafi-, Lata-, Kishore-, Asha- oder Talat-Nummer verlangte, und Belle war nur zu gern dazu bereit, und wenn Bräutigam oder Braut darauf bestanden, musste sich Eddie wohl oder übel fügen.
    Hindus und Muslime schauten sich Hindi-Filme an. Die Katholiken, ebenso die Parsen , hatten einen besseren Geschmack und gingen in englische Filme. Nicht so Belle. Von Zeit zu Zeit schlich sie sich davon, um sich „Anand“, „Bobby“, „Pakeezah“ oder sonst einen Hindi-Streifen anzusehen, und wenn gerade keine gespannte Atmosphäre zwischen ihnen herrschte, versuchte sie, Eddie zum Mitgehen zu bewegen.
    â€žNicht schon wieder. Das ist doch immer derselbe Film, nur der Name ändert sich. Wie schaffst du es bloß, dir so etwas anzuschauen?“
    â€žWenn ich dir verspreche, nie meinen Namen zu ändern, wirst du dann für immer und ewig bei mir bleiben, Eddie?“
    Das war das Problem mit Belle, dachte er, man konnte nie erkennen, ob sie nur einen Witz machte oder ob ihr Geplänkel einen ernsten Hintergrund hatte. Er sah sie verächtlich an. „Herrgott noch mal, Belle, wir reden von Hindi-Filmen, nicht von dir! Sie langweilen mich zu Tode.“
    â€žGib mir zwei Minuten, und ich hole dich wieder ins Leben.“
    Eddie ignorierte ihre anzügliche Unterbrechung. „Alles darin geht mir auf den Geist: die endlosen Sing-und-Tanz-Nummern, die schwachsinnige, zuckersüße Story, das ekelhaft tränenselige

Weitere Kostenlose Bücher