Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Statisten - Roman

Die Statisten - Roman

Titel: Die Statisten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A1 Verlag GmbH
Vom Netzwerk:
war: ihn dazu zu bringen, die Hand zur Faust zu ballen.
    Regentropfen so scharf wie Zahnstocher prasselten plötzlich herab.
    â€žGehen wir ins Haus, Lester.“
    â€žZwaai Minuuthn, Therena, nuu zwaai.“ Auf seinem Gesicht lag ein so beseelter Ausdruck, dass Serena es nicht übers Herz brachte, ihm das abzuschlagen.
    â€žDas ist seine erste Dusche seit sechs Jahren“, sagte Mrs Fernandes zu niemandem im Besonderen.
    Lester, Serena und Eddie waren schon auf der Außentreppe des Chawls, als Ardeshir rief:
    â€žMrs Fernandes!“
    Auntie drehte sich um und wartete, aber der Buchprüfer schien es sich anders überlegt zu haben.
    â€žWas?“
    Ardeshir zuckte die Achseln. „Nur so eine Idee.“
    â€žWas denn?“
    â€žHätten Sie Lust auf eine Spritztour?“
    â€žHätte ich. Aber nein, danke. Ich bringe jetzt Les nach oben, trockne ihn ab und leg ihn ins Bett.“
    Lester schüttelte wild den Kopf. „Ghe, ghe, ghe! Faah mith!“
    â€žDas war genug Spaß für heute. Ich möchte nicht, dass du zu aufgedreht wirst.“
    â€žGehen Sie nur, Mrs Fernandes“, sagte Eddie zu ihr. „Ich trockne ihm die Haare ab, zieh ihn um und steck ihn ins Bett.“
    Mrs Fernandes sah ihren Mann lange wortlos an, dann drehte sie sich um. „Fahren wir, Ardeshir.“
    Als Mrs Fernandes zurückkehrte, war sie völlig durchnässt und hinterließ eine Wasserspur bis in den abgetrennten Raum, in dem sie und ihr Mann wohnten. Der Schankraum war fast voll. Sie zog sich rasch um, und als sie wieder herauskam, trocknete sie sich mit einem Handtuch die Haare. Der strenge Mittelscheitel war vorübergehend verschwunden, und ihr dichtes dunkles Haar ergoss sich über ihre linke Schulter. Sie lächelte und ihr Gesicht leuchtete, als brenne eine Kerze in ihr. Es war Eddie noch nie aufgefallen, wie jung sie war.

    Elf Tage, nachdem Eddie Belle vorgeschlagen hatte, er könnte sie und ihre Eltern nach England begleiten, nahm sie ihn mit auf die Dachterrasse ihres Hauses. Es war Sonntagnacht, weder arbeitete er bei Mrs Fernandes noch hatten die Bombshells an diesem Abend einen Auftritt. Acht Stockwerke unter ihnen gab es nicht viel Verkehr, und Eddie nahm an, Belle habe ihn, da ihre Eltern zu Hause waren, zu einer Knutsch-Session unterm Sternenhimmel raufgelotst. Es war eine wolkenlose Nacht, und die verschwommene Betonkuppel, wie der Bombayer Smog genannt wird, hatte sich in Richtung Arabisches Meer verzogen. Es war der erste der einzigen fünf Tage im Jahr, in denen es in Bombay, dank des alljährlichen Kälteeinbruchs im Himalaya, ein paar tausend Meilen weiter nördlich, so etwas wie frisch war. Der Himmel war eine hartgebackene Schwärze, und die Sterne waren Punkte in einem uralten heiligen Text, die darauf warteten, dass ein Silberstift sie miteinander verband und Gottes Plan offenbarte.
    Ein sanfter Wind kam mit der Flut herein, und Belle schlang sich die Arme eng um die Schultern.
    â€žIch könnte runtergehen und dir einen Schal holen.“
    Belle schüttelte den Kopf und zog einen Umschlag aus der Tasche ihres Rocks und reichte ihn Eddie.
    â€žWas ist das?“
    â€žEin Liebesbrief. Ohne daran geknüpfte Bedingungen.“
    Eddie riss den Umschlag auf. Darin lagen mehr Hundert-Rupien-Scheine, als er in seinem ganzen Leben gesehen hatte.
    â€žWo hast du so viel Geld her?“
    â€žNimm es einfach und zisch ab, Eddie. Es ist dein Ticket nach Hollywood, was du dir immer gewünscht hast. Flieg weg und schau nicht zurück. Damit du nicht im letzten Moment noch zur Salzsäule erstarrst und alles verlierst.“
    Da, es war geschafft. Einfach so. Eddie fragte sich, worüber er sich eigentlich Sorgen gemacht hatte. Er war Belle dankbar, aber die Last dessen, was sie ihm geschenkt hatte, war zu groß, um näher darauf einzugehen, und das machte ihn nur umso befangener. Er hatte diesen Augenblick unendlich lang erträumt, angestrebt und herbeigesehnt, hatte zuletzt sogar alle Hoffnung aufgegeben, doch jetzt, da er das Geld in den Händen hielt, fühlte es sich fast schon ernüchtert. Er legte einen Arm um Belle, zog sie an sich, sagte: „Bis bald“, und war weg.
    Er hätte ernsthafter nachfragen sollen, wie sie an das Geld gekommen war, aber das interessierte ihn eigentlich nicht. Was zählte, war, dass er es hatte. Ob sie eine Bank ausgeraubt, ihre Seele verpfändet oder von irgendeiner

Weitere Kostenlose Bücher