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Die Staufer und ihre Zeit

Die Staufer und ihre Zeit

Titel: Die Staufer und ihre Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Pieper , Annette Großbongardt
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scharfsinniger Intellektueller, den die Kardinäle im vergleichsweise jugendlichen Alter von 38 Jahren zum Stellvertreter Christi gewählt hatten. Innozenz nutzte den Thronstreit, um sich Territorium wieder einzuverleiben, das die Staufer unter ihre Kontrolle gebracht hatten. Dafür setzte er nicht zuletzt seine große Familie und deren Reichtum ein. Er verbreiterte den Flaschenhals zwischen nördlichem und südlichem Teil des Patrimoniums und ließ sich diese Geländegewinne von den Kontrahenten im Thronstreit absichern.

    Nachdem sich der Staufer Friedrich II. mit päpstlicher Hilfe durchgesetzt hatte, stellte er ohne Widerspruch in der »Goldbulle von Eger« dem Heiligen Stuhl die geforderten Garantien aus. Wie sein römischer Gegenspieler war er ein polyglotter Intellektueller, den die Wissenschaften und Künste faszinierten. Und er akzeptierte zunächst – wie es die französischen Könige schon lange getan hatten – die Autorität der geistlichen Macht.
    Papst Gregor IX., ein Neffe von Innozenz III., dankte Friedrich II. dies nicht. Kurz nachdem der Kaiser 1227 zu einem Kreuzzug nach Jerusalem aufgebrochen war, erkrankte er und kehrte deshalb nach Italien zurück. Da exkommunizierte ihn der Papst kurzerhand, weil er sein Kreuzzugsgelübde gebrochen habe. Als Friedrich II. schließlich doch ins Heilige Land reiste, schickte Gregor IX. Soldaten ins Königreich Sizilien. Zwar versöhnte sich der Papst im Sommer 1230 feierlich mit dem Kaiser, doch neun Jahre später exkommunizierte er ihn erneut. So starb der letzte zum Kaiser gekrönte Staufer als ein aus der Kirche ausgestoßener Mann.
    Die Päpste bekämpften auch seine Nachfolger unerbittlich. Die Vertreibung der Staufer aus Italien war für sie zur inoffiziellen Staatsdoktrin geworden. Um dieses Ziel endlich zu erreichen, belehnte der aus Frankreich stammende Papst Urban IV. seinen Landsmann Karl von Anjou mit dem sizilianischen Königreich. Friedrichs Sohn, König Manfred, fiel im Kampf gegen den neuen Verbündeten der Kurie.
    Als der Enkel Konradin von Bayern nach Italien zog, um sich das Königreich Sizilien zu sichern, belegte ihn Papst Clemens IV. mit dem Bann. Dann flüchtete der Stellvertreter Christi sicherheitshalber zu seinem Verbündeten Karl von Anjou. »Einer Rauchwolke gleich wird Konradins Unternehmen vergehen«, drohte der Papst düster, »gleich einem Opfertiere geht er zur Schlachtbank.« Nachdem der letzte
Staufer geschlagen und gefangen war, tat der Papst nichts, um seine Hinrichtung auf dem Marktplatz von Neapel durch die Schergen Karls von Anjou zu verhindern.
    Das war das Ende: Die Päpste hatten gegen die Staufer gesiegt. Sie hatten die Angriffe der Deutschen, die eine Oberherrschaft der Kaiser über die Päpste wiederherstellen wollten, zurückgeschlagen. Dabei konnten sie den Kirchenstaat so stabilisieren, dass er bis zur Einigung Italiens im Jahr 1870 existierte.
    Für den Krieg gegen die Staufer hatten sich die Nachfolger Petri allerdings derart in Schulden gestürzt, dass sie sogar Hypotheken auf Kirchen in Rom aufnehmen mussten. Und Papst Clemens IV. – viele Deutsche sahen das als Gottesurteil – starb nur einen Monat nach Konradin.

EISWASSER STATT LEIBESLUST
    Während die Amtskirche in Protz und Prunk versank, formierte sich im Hochmittelalter eine mächtige religiöse Gegenströmung: Bettelmönche wie Franz von Assisi predigten Verzicht und Demut.
    Von Hans-Ulrich Stoldt
    Es war mal wieder eine dieser Nächte, in denen die Jugend von Assisi fröhlich lärmend durch die Straßen zog. Zuvor hatte man gut gespeist und tüchtig gezecht, und nun ging es tanzend und mit lautem Gesang durch die Gassen der mittelitalienischen Stadt. Nicht alle Bürger fanden das lustig. Einer ätzte böse, die Heranwachsenden hätten »bis zum Kotzen vollgefressen die Plätze der Stadt mit ihren besoffenen Liedern verunziert«.
    Angeführt wurde die Truppe von Giovanni di Pietro di Bernardone, genannt Francesco, dem etwa 22-jährigen Spross einer reichen und angesehenen Tuchhändlerfamilie. Ein Bruder Lustig, der sich gern extravagant kleidete. Als Zeichen seiner hohen Stellung unter den jungen Männern schwenkte er stets übermütig einen Stab in der Hand. Er war beliebt, weil er meist nach dem Gelage die Rechnung beglich. Dass Francesco an jenem Abend zurückblieb, fiel den trunkenen Gefährten nicht weiter auf. Als sie es merkten, fanden sie ihn ekstatisch entrückt in der Mitte der Straße, wie vom Donner gerührt. »Plötzlich wurde er vom

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