Die Staufer und ihre Zeit
auch in Thüringen kursierten.
Mit 14 heiratete Elisabeth den 21-jährigen Ludwig IV., Landgraf von Thüringen. Die Ehe soll glücklich gewesen sein, Ludwig tolerierte die asketische Lebensweise seiner Frau und unterstützte ihre Mildtätigkeit. Das erste der insgesamt drei Kinder gebar Elisabeth im Alter von 15 Jahren.
Ihrem eigenen Nachwuchs widmete sie nur wenig Aufmerksamkeit; der Geschichtsdozent Norbert Ohler schreibt dazu in seiner Elisabeth-Biografie: »Sie wollte sich von der Bindung an ihre Kinder frei machen, um die Kinder der Armen betreuen zu können.« 1223 gründete die junge Landesherrin gemeinsam mit ihrem Ehemann ein Hospital in Gotha. Mit großem Ernst fühlte sie sich dem Armutsideal verpflichtet.
Bald darauf trat ein zweiter wichtiger Mann in ihr Leben: Konrad von Marburg, Beichtvater, Inquisitor, Kreuzzugsprediger, der sich einem Leben in Askese verpflichtet hatte. Er förderte Elisabeths Frömmigkeit allerdings mit sadistisch anmutender Strenge. Er ließ sie von Dienern schlagen und trug ihr ausgiebige Selbstgeißelungen auf.
Die Lebensweise der Landgräfin ließ sich mit dem Dasein am Hof bald kaum noch vereinbaren. Elisabeth verkaufte immer größere Teile ihres persönlichen Besitzes und gab den Erlös an die Armen. Sie aß nichts mehr, was der Grundherr von seinen Bauern unrechtmäßig erzwungen hatte. Dies konnte bedeuten, dass sie tagelang hungern musste.
In gewissen kirchlichen Kreisen fand das Armutsideal zwar große Zustimmung, den reichen Bischöfen und dem Adel
jedoch galten die Werte Franz von Assisis als gefährliches Gedankengut. Vor Anfeindungen am Hof schützte Elisabeth immerhin ihr verständnisvoller Gatte Ludwig. Als dieser aber 1227 auf einem Kreuzzug ums Leben kam, wurde die Landgräfin durch ihren Schwager enteignet und vertrieben.
Ein Jahr später sprach man ihr eine Entschädigung zu. Auf Geheiß ihres strengen Beichtvaters Konrad baute sie damit ein Krankenhaus in Marburg. Dort verbrachte sie ihre letzten drei Lebensjahre in Armut und pflegte Aussätzige und andere Schwerkranke, bis sie mit nur 24 Jahren völlig entkräftet starb.
Es dauerte nicht lange, bis Besucher ihres Grabes von Wunderheilungen berichteten. Der Kult um Elisabeth von Thüringen, auch Elisabeth von Ungarn genannt, nahm immer größere Ausmaße an. Schon vier Jahre nach ihrem Tod sprach Papst Gregor IX. sie heilig; die Verehrung hält bis heute an, nicht nur in der katholischen, sondern auch in der evangelischen Kirche.
GRENZEN DER MACHT
Um ihr riesiges Reich zu regieren, gerieten die staufischen Herrscher im Zug der neuen Zeit in immer stärkere Abhängigkeit von den Fürsten.
Von Wolfgang Stürner
Herrschaft über ein großes Gebiet auszuüben, das war im mittelalterlichen Europa immer und überall eine mühevolle Angelegenheit. Die dürftig ausgebauten Verkehrswege, die geringe Reisegeschwindigkeit und die langsame, unzuverlässige Nachrichtenübermittlung – die beschränkten Kommunikationsmöglichkeiten jener Zeit zeigen, welch enorme praktische Schwierigkeiten der Durchsetzung des herrscherlichen Willens auch nur über eine moderate Distanz hinweg entgegenstanden. Dazu kommt, dass Kaiser wie König auf die Mitarbeit einer relativ kleinen, reichbegüterten Elite angewiesen waren: die hohe Geistlichkeit und mächtige Adlige, die Kirche und Ritterschaft mit ihren für die Gemeinschaft unentbehrlichen Funktionen repräsentierten.
In Deutschland spielten bereits im 10. Jahrhundert neben den Königen die führenden Adligen der einzelnen Stämme eine entscheidende Rolle. Deshalb versuchten die Herrscher, die Kirche als eine Art Gegengewicht stärker an sich zu binden. Dazu statteten sie die Bischöfe und Reichsäbte, bei deren Auswahl ihr Wort maßgebend war, nicht nur mit Einkünften und Landbesitz aus, sondern auch, wie sonst nirgends in Europa, mit bedeutsamen Herrschaftsrechten.
Das so begründete, für beide Seiten einträgliche Zusammenwirken geriet jedoch in eine schwere Krise, als zwischen Papst und Kaiser am Ende des 11. Jahrhunderts mit dem Investiturstreit ein erbitterter Konflikt über das rechte, gottgewollte Verhältnis der geistlichen zur weltlichen Gewalt ausbrach. Natürlich nutzten die weltlichen Fürsten diese Auseinandersetzung, um ihre Güter und Rechte zu mehren und ihre Stellung gegenüber dem König weiter auszubauen. Andererseits verstand es vor allem aber die päpstliche Seite, die Unabhängigkeit der Bischofswahlen von weltlichem Einfluss durchzusetzen, auch in
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