Die Staufer und ihre Zeit
kämpften, andere sorgten für Nachschub, und wieder andere standen in Kolonnen bereit, Schanzen und Mauern auszubessern.
Mailand war im 13. Jahrhundert ein moderner Rechts-, Sozial- und Steuerstaat. Und die selbstbewussten Städter hatten wenig Lust, sich dem Regime der Römischen Kaiser zu unterwerfen. Für die Kaiserlichen dagegen waren »diese Rebellen in Italien« nichts weiter als »Empörer«, die die gottgegebene Weltordnung störten und, wie es bei Hofe hieß, »die Lust der wilden Freiheit genießen wollten«. Die Staufer zogen aus, um »deren Frechheit« und »den Missbrauch pestbringender Freiheiten« ein für alle Mal auszurotten. Ähnlich sahen es die Untertanen nördlich der Alpen.
Selbst noch Jahrhunderte später, vor allem in den nationalistischen Zeiten der deutschen Geschichte, bejubelten sie die Kriegszüge des Kaisers. Im »Siegeslied der Deutschen beim Einzug in Mailand unter Barbarossa« beispielsweise feierte der im 19. Jahrhundert sehr populäre Rechtsprofessor und Schriftsteller Felix Dahn (»Ein Kampf um Rom«) »des Deutschen Sieges Jubelbraus«, der durch die »Lombardenlüfte« dröhnt, weil »unser Kaiser Barbarossa, der Held, that einen großen Schlag«. Und, zwei Strophen weiter: »Das Schwert gezückt, die Faust zur Seite, durch Staub und Blut, durch Schutt und Stein, Stolz in des Hasses Prachtgeleite, so reiten wir in Mailand ein.«
So zäh sich die Begeisterung daheim im Reich über die Großtaten des schwäbischen Imperators auch hielt, der tatsächliche Gewinn aus der Eroberung und Zerstörung Mailands im Jahre 1162 war kaum der Rede wert. Schon wenige Jahre später führte die zum größten Teil wiederaufgebaute Metropole das Schutzbündnis wichtiger Städte der Region, den »Lombardischen Bund«, an.
AUF DEM HÖHEPUNKT DER MACHT
Das Stauferreich im 12. bis 13. Jahrhundert
Als Barbarossa, wieder einmal auf Italien-Feldzug (1174 bis 1176), mit großem Heer über die Alpen kommend den Mailändern und anderen mit ihr verbündeten Städten zeigen will, wer die meisten und besten Truppen hat, verlässt er das Schlachtfeld als Verlierer. Auch dieses Gemetzel hat politische Folgen bis heute.
So wie Barbarossas Siege einen festen Platz in der deutschen Nationalmythologie haben, wird dessen Niederlage in der Schlacht von Legnano am 29. Mai 1176 von nationalistischen Kreisen in Italien noch immer besungen. Die norditalienische Separatistenpartei Lega Nord – die derzeit im Bündnis mit Ministerpräsident Silvio Berlusconi in Rom regiert – entlehnt einen großen Teil ihres ideologischen Fundaments jener Heldensage.
Es soll im Morgengrauen auf den Wiesen nahe Legnano gewesen sein, 30 Kilometer nordwestlich von Mailand. Der genaue Verlauf der Schlacht ist nicht gesichert. Bauern der Umgebung greifen zu Mistgabeln, Sensen und Dreschflegeln und stürzen sich gemeinsam mit einer Kompanie Mailänder Fußtruppen und einer Schar Reiter auf einen Trupp überraschter Söldner aus der kaiserlichen Armee, der dort nächtigt. Aber es dauert nicht lange, und Barbarossa eilt mit der Kavallerie herbei, und die haut kräftig dazwischen.
Vor allem die lombardischen Reiter und ein Teil der Bauern flüchten, der Rest schart sich mit den verbliebenen Soldaten um ihren »Carroccio«. Das ist ein eiserner Karren, der von Ochsen gezogen wird und dessen Bedeutung Historikern nicht ganz klar ist. Vermutlich hüten die Lombardentruppen
ihre Fahnen, Wappen und sonstigen Heiligtümer in dem Karren. Waren sie verloren, galt auch die Schlacht als verloren. Die Kaiserlichen säbeln, Reihe um Reihe, die weit unterlegenen Mailänder nieder, aber die wollen lieber vor ihrem Carroccio sterben, statt zu weichen. Danach sieht es auch lange aus. Aber am frühen Nachmittag greifen plötzlich berittene Verstärkung und eine große Schar frischer Fußtruppen aus Mailand und Brescia in den Kampf ein. Als sie den Träger der kaiserlichen Insignien töten, Barbarossa die Flucht ergreift und sogar das Gerücht um sich greift, der Kaiser sei gestorben, bricht dessen Heer auseinander, die Schlacht ist entschieden.
Stolz, aber nüchtern im Ton informieren die Konsuln die Bürger Mailands: »Wir teilen euch mit, dass wir einen ruhmvollen Sieg über den Feind errungen haben, Unzählige sind vernichtet, getötet oder gefangen genommen worden. Wir haben den Schild des Kaisers, sein Kreuz und seine Lanze erbeutet. In seinem Gepäck fanden wir eine Menge Gold und Silber, die wir als Feindbeute zu uns genommen haben. Die Zahl der
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