Die Staufer und ihre Zeit
Süditalien bevölkerten. Am 15. Juli 1099 eroberten sie Jerusalem – und richteten unter der muslimischen und der jüdischen Bevölkerung ein gewaltiges Blutbad an, wohl 80 000 wurden weggemordet.
»Ein solches Töten hat noch niemand bislang gehört oder gesehen«, berichtete ein Augenzeuge, »denn aus ihren Leichen wurden Scheiterhaufen errichtet wie Heuschober, und niemand weiß ihre Zahl außer Gott.« Und nach dem Gemetzel, in gelöster Stimmung, »gingen die Unsrigen, glücklich und vor Freude weinend, hin, um das Grab unseres Erlösers zu verehren«.
Um ihre Macht in Palästina und Syrien zu festigen, gründeten die Invasoren vier sogenannte Kreuzfahrerstaaten, drei von ihnen lagen längs der Mittelmeerküste – strategisch günstig, weil der Nachschub auf dem Seewege einfacher war als über Land. Wenn es auch durchaus freundliche Kontakte zwischen Kreuzfahrern und Einheimischen gab, eines blieb: die generelle Feindseligkeit gegenüber den Fremden. Nicht, weil sie Christen waren – sondern hochaggressive Eindringlinge.
Einer dieser Kreuzfahrerstaaten, die Grafschaft Edessa im Nordosten, fiel 1144 nach vierwöchiger Belagerung. Europa war geschockt, der Papst in Rom alarmiert. Dieser Erfolg nämlich habe der »islamischen Welt eindrucksvoll demonstriert«, dass es möglich war, sagt Historiker Thorau, die Besatzer »nachhaltig zu schlagen und zu vertreiben«.
Wieder rief ein Papst zum Kreuzzug auf. Die Begeisterung dafür hatte sich freilich mittlerweile ziemlich abgekühlt, entsprechend schwach blieb erst einmal der Widerhall. Den meisten war nämlich auch klar, dass ein solches Engagement viel Geld kostete. Ein Ritter benötigte, neben der Ausrüstung mit Langschwert und Kettenhemd, drei Pferde und einige Helfer; Experten schätzen, dass er dafür die Einnahmen von mindestens fünf Jahren aufwenden musste.
Wer sich Geld lieh, etwa bei der Kirche selbst, der musste erhebliche Zinsen zahlen – manche gerieten nach ihrer Rückkehr in völlige Armut, ein perfides Geschäft. Und nicht nur die Finanzen waren ein Problem, sondern auch das Personal.
Schließlich musste daheim weiter regiert werden, also galt es, vertrauenswürdige und kompetente Stellvertreter zu suchen und zu finden.
Jetzt war, nach dem Fall Edessas, auch der Staufer-König Konrad III. gefragt, und erstmals wurde das Herrscherhaus tief »in die Weltpolitik des Mittelmeerraumes hineingezogen«, so der Historiker und Diplomat Ekkehard Eickhoff. Konrad beugte sich am 27. Dezember 1146 den Tiraden des Aufpeitschers Bernhard von Clairvaux: »Jetzt hast du, tapferer Krieger, Gelegenheit, ohne Gefahr zu kämpfen, wo Siegen Ruhm bringt und Sterben Gewinn.« Mönch Bernhard ging den König auch persönlich an. Drastisch zeigte er auf, wie der Herrscher am Jüngsten Tag vor Christus stehen und der ihn fragen werde: »O Mensch, was sollte ich für dich tun, das ich nicht schon getan habe?« Diesem enormen psychischen Druck war der Staufer offenbar nicht gewachsen – er nahm das Kreuz. Um während der Abwesenheit des Königs Aufruhr zu verhindern, wurde ein Landfriede verkündet.
Es ist nicht bekannt, wie viele Ritter im Jahr 1147 an Konrads Seite nach Palästina zogen, es sollen Tausende gewesen sein. Auch die Zahl einfacher Menschen, die sich aus Überzeugung – oder Armut – anschlossen, ist kaum zu beziffern. Frauen gehörten dazu, Alte, Gebrechliche, sie verschärften das ohnehin schwierig zu lösende Problem der Versorgung. Und weil sie nicht bewaffnet waren, standen sie allen taktisch-strategischen Operationen im Wege.
Schon auf dem Marsch gen Südost, bei Dorylaeu (nahe dem heutigen Eski ehir in der Türkei), erlitten Konrads Truppen eine verheerende Niederlage. Die Bitterkeit danach sei »so unsäglich« gewesen, dass die, »die dabei waren«, konstatierte ein Geistlicher, »noch heute Tränen darüber vergießen«. Ein Wirbelsturm, der die Zeltstädte der Deutschen zerstörte, ließ die Ersten zweifeln an Gottes Segen für dieses Unternehmen.
Ins Heilige Land gelangte der unterwegs schwer erkrankte König Konrad schließlich per Schiff. Jerusalem betrat er nur als Pilger. Und als er später als Feldherr vor Damaskus scheiterte und geschlagen den Heimweg antrat, war nicht nur der Zweite Kreuzzug beendet. Sein Gegenspieler, der syrische Herrscher Nuraddin, hatte eines auch erreicht – nämlich die bis dahin zerstrittene islamische Welt wieder zu einigen, und er propagierte und belebte eine alte Idee: die des Dschihad, des heiligen
Weitere Kostenlose Bücher