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Die Staufer und ihre Zeit

Die Staufer und ihre Zeit

Titel: Die Staufer und ihre Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Pieper , Annette Großbongardt
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den Mailänder Stadtherren aufeinander: »die Konzeption monarchischer Herrschaft« gegen eine »auf Vereinbarung unter Gleichen beruhende Herrschaft von unten«. Mittelalter stand gegen heraufziehende Moderne, die gottgewollte Ordnung, wie die Staufer sie sahen, gegen die Freiheit einer neuen Zeit.
    Zu diesem Aufbruch gehört auch der Aufstieg neuer Schichten. In den autonomen und rasch wachsenden Städten
Norditaliens wurden im 12. und 13. Jahrhundert Goldschmiede, stoff- und metallverarbeitende Handwerker und Kaufleute – die »borgesia di produttori e di mercanti« – ständig reicher und einflussreicher. Nach und nach nahmen sie den Platz neben den alten aristokratischen Familien ein oder verdrängten sie. Zwischen den Städten kam es zu Bündnissen, aber auch zu kriegerischen Auseinandersetzungen, etwa zwischen den toskanischen Vormächten Florenz und Siena oder zwischen den Stadtstaaten in der lombardischen Po-Ebene. Führungsmacht dort wurde bald Mailand.
    Gegründet wahrscheinlich von Kelten, zuerst von Römern, dann von Hunnen, Ostgoten, Langobarden und Franken erobert, entwickelte sich das damalige »Mediolanum« während der Stauferzeit zum führenden Wirtschaftszentrum der Region. Wie modern es dort gut ein Jahrhundert nach der Zerstörung der Stadt durch Barbarossas Truppen (1162) zuging, hat der Grammatiklehrer Bonvesin della Riva (»De magnalibus Mediolani«) 1288 bis ins Detail aufgeschrieben. Daraus ergibt sich folgendes Bild:
    Eine starke Mauer in bester Steinarbeit umfängt die Innenstadt, bewehrt mit 100 Türmen und einem 23 Meter breiten Wassergraben ringsherum. In Friedenszeiten werden dort Krebse gefangen und Fische geangelt. Breite Straßen führen von den sechs Haupttoren ins Zentrum, mit Kommunalpalast, Gericht und einer Kapelle für den Stadtheiligen Ambrosius. Mindestens 200 Kirchen hat die Metropole, mit 480 Altären und über 200 Glocken in 120 Türmen, dazu 94 Kapellen. Innerhalb der Mauer leben etwa 200 000 Menschen, weitere 500 000 in der näheren Umgebung.
    Um die für diese Zeit riesige Menschenmenge zu versorgen, gibt es ein strenges Bewirtschaftungssystem für viele Lebensmittel, vor allem für Getreide. Jeder Ein- und Verkauf wird registriert, die Kommune führt Buch über jeden Vorrat,
beim Händler wie im Privathaushalt. Die gesamte Produktion, jede Dienstleistung wird dokumentiert und kontrolliert. 3000 Mühlräder mahlen das Getreide, aus dem die Bäckereizünfte in 300 Backöfen Brot backen. Mehr als 440 Metzger schlachten neben Schafen, Schweinen, Ziegen und Geflügel durchschnittlich 70 Ochsen pro Fleischtag. Es gibt über 1000 Geschäfte, 150 Herbergen, Werkstätten von Harnischmachern, Hufschmieden und Herstellern kleiner Glöckchen zum Verzieren der Pferdegeschirre. In guten Jahren werden auf den Hängen vor der Stadt 600 000 Fuder Wein geerntet. Die Stadtregierung sorgt für die Bildung der Kinder, öffentliche Gesundheitsdienste und eine für alle gleiche Rechtsprechung. 70 Lehrer unterrichten im Elementarunterricht, dazu kommen 8 Grammatiklehrer und andere Spezialisten, darunter allein 14 Dozenten für ambrosianischen Kirchengesang. Es gibt Trompeter im Dienste der Stadt, Ärzte, Juristen und allein 1500 Notare. Bezahlt wird das öffentliche Dienstleistungssystem mit kommunalen Gebühren und einer progressiven Vermögensteuer.
    Solch fortschrittliches Stadtleben erforderte eine straffe Verwaltung und eine relativ stabile Regierung. Die wurde lange aus Konsuln gebildet, die oft aus den angesehensten Familien des städtischen Bürgertums stammten. Weil aber Vetternwirtschaft und Korruption bald zunahmen, engagierten die Mailänder mit dem Beginn des 13. Jahrhunderts Experten von außen – vom Bürgermeister bis zum Polizeichef und dem Obersten Richter, samt deren Stäben und Helfern. Die Regierungsprofis wurden, wenn sie ihre Arbeit in Mailand gut gemacht hatten, am Ende ihrer Amtszeit oft von einer benachbarten Stadt übernommen und zogen so von Einsatz zu Einsatz weiter.
    Diese organisatorische Effizienz im Innern versetzte die Stadt in die Lage, sich gegen die weit überlegene Militärmacht
Friedrichs II. relativ gut zu halten. Angesichts der kommunal verwalteten Vorräte war es praktisch unmöglich, Mailand auszuhungern. Auch der Anteil jedes einzelnen Bürgers an der Verteidigung der Stadt war exakt festgelegt. Wer nicht zu den etwa 10 000 Rittern gehörte, die vor den Toren zu kämpfen hatten, wurde an anderer Stelle zum Kriegsdienst eingeteilt. Manche

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