Die Staufer und ihre Zeit
Gefangenen ist ungeheuer groß. Wir können sie noch nicht angeben, sie werden in Mailand festgehalten.«
Guelfen und Ghibellinen
Im Machtkampf zwischen Kaiser und Papst ergriffen viele italienische Städte Partei, zu Beginn des 13. Jahrhunderts bürgerten sich dafür die Schlagworte »Guelfen« und »Ghibellinen« ein. Die »Ghibellinen« – der Name leitet sich von der schwäbischen Stadt Waiblingen her – standen auf Seiten der Staufer. Auf die Welfen als deren weltliche Gegenspieler bezogen sich die Guelfen. Noch lange nach dem Ende der Staufer waren die traditionellen Parteinamen ein wichtiges Signal in inneritalienischen Streitigkeiten.
Aus der anfänglich sachlichen Bestandsaufnahme der Sieger wird im Laufe der folgenden Jahrhunderte ein verklärtes Nationalepos. Nicht Mailand, ganz Italien hat in Legnano gesiegt. Und nicht einmal, sondern immer wieder, an vielen Orten. In Italiens Nationalhymne heißt es in der vierten Strophe: »Von den Alpen bis Sizilien/Überall ist Legnano«. Auch Giuseppe Verdi komponierte eine Oper über die »Schlacht von Legnano«.
Die Lega Nord, die vor allem in der Lombardei ihre Wähler findet, glorifiziert ganz besonders Alberto da Giussano. Ob es den überhaupt gab, weiß man nicht so genau. Für seine Verehrer ist er jedenfalls der trotzige Kämpfer, der den Carroccio verteidigte, die Gefährten anspornte, nicht wich, bis die Verstärkung kam.
Mit gezücktem Schwert am gestreckten Arm prangt er deshalb noch immer drohend auf dem Wappen der »Lega«. Heute gilt die Drohung aber weniger den Deutschen, sondern mehr der eigenen Regierung in Rom. Auch wenn die »Lega« der gerade angehört, bleibt ihr Schlachtruf gegen »Roma ladrona«, die diebische Hauptstadt, unverändert. Und ebenso stoisch hält auch Alberto da Giussano noch heute Wache: Im »Lega«-Souvenirladen, als Glasbild für 70 Euro, oder als Murano-Vase, drei Kilogramm schwer, für 105 Euro.
BEWAFFNETE WALLFAHRTEN
Alle Staufer-Könige ließen sich von den Päpsten zu Kreuzzügen verpflichten, die blutigen Expeditionen dienten auch ihren Machtinteressen. Aber nur einer zog in Jerusalem ein: Friedrich II.
Von Georg Bönisch
Der Weg aus dem Abendland ins Morgenland war steinig und gefährlich. In Köln, in Regensburg oder im elsässischen Hagenau starteten Trosse, und das Ziel hieß Jerusalem, Kapitale des Heiligen Landes, wo der Erlöser der Christen am Kreuz gestorben war. Etwa 3000 Kilometer, wahrlich eine Höllentour. Reiter schafften am Tag 60 Kilometer, Menschen zu Fuß bis zu 40 Kilometer. Wer nicht genug haltbare Lebensmittel wie Pökelfleisch, Käse oder Bohnen für mehrere Monate bei sich führte, den plagte alsbald der Hunger.
Schlimmer noch war der Durst, er peinigte Körper und Seele; an der Wegstrecke hatten manche Dorfbewohner ihre Brunnen abgedeckt oder kurzzeitig unbrauchbar gemacht, und so kam es zu kaum vorstellbaren Szenen. Pferden wurde Blut abgezapft, um es zu trinken, so berichten Chronisten, Ritter pinkelten in die zum Gefäß geformten Hände eines Gefährten und schluckten den eigenen Urin. Oder man warf Lappen in die Latrinen, die sich vollsogen und dann ausgelutscht wurden.
Und wer es denn geschafft hatte ins Heilige Land, der musste oftmals reichlich Geld aufbringen, um überleben zu können. Überall waren Wucherer unterwegs, ein Ei kostete schon mal einen Silberdenar, ein Sack Korn gar 100 Goldstücke. »Vor den Backöfen«, schreibt der Historiker Hans
Eberhard Mayer, »prügelten sich die Männer um einen Bissen Brot.« Und der war teuer genug.
Es ist die Zeit der Kreuzzüge, viermal zwischen 1147 und 1229 haben staufische Könige und Kaiser sie vorbereitet oder mit angeführt. Mal widerwillig wie Konrad III., der sich wohl auch den Forderungen einer hysterischen Menschenmenge ergab, aufgepeitscht durch die hetzerischen Predigten des wortgewaltigen Zisterziensermönchs Bernhard von Clairvaux, der dazu aufrief, die Heilige Stadt aus den Händen der Muselmanen, der Ungläubigen, zu befreien. Ein theologisch begründeter Kampf, auch um Macht und Reichtum, ein brutaler Waffengang. Mal emphatisch wie der fast schon 70-jährige Friedrich I. Barbarossa; schon als junger Mann hatte sich der Neffe Konrads den Kreuzfahrern angeschlossen. Als der Kaiser später seinen eigenen Kreuzzug anführte, kam er nur bis Kleinasien – er ertrank in einem Fluss. Heinrich VI., zweitältester Sohn Barbarossas, kam noch nicht mal aus Europa hinaus. Er starb kurz vor dem Aufbruch nahe Messina,
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