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Die Staufer und ihre Zeit

Die Staufer und ihre Zeit

Titel: Die Staufer und ihre Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Pieper , Annette Großbongardt
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Zeit eine ungeheuerliche Kränkung. So beginnt eine lange Feindschaft zwischen einer Herrscherfamilie und einer Stadt.
    Sechsmal zieht Barbarossa mit großem Heer nach Italien, um dort seine Macht gegen die Päpste in Rom, gegen rivalisierende Königshäuser und gegen die norditalienischen Stadtstaaten zu sichern. Vor allem Mailand wird belagert, zerstört, aufgebaut, wieder gestürmt.
    Vor einem Angriff verwüsten die kaiserlichen Truppen und ihre Verbündeten das Umland der mächtigen Stadt. Sie zertrampeln die Saat auf den Feldern, zerstören Obstgärten und Weinberge. Wer sich dagegen wehrt, wird totgeschlagen, verstümmelt oder geblendet. So beginnt es auch 1161. Während hinter den Stadtmauern der Hunger wächst, zieht Barbarossa den Belagerungsring draußen enger. Mailändern, die seine Leute beim Holzholen vor den Toren der Stadt erwischen, lässt er die rechte Hand abschneiden.
    Als Barbarossa auch noch die unterirdische Wasserversorgung kappt und zum Hunger der Durst kommt, ergibt sich die Stadt im Frühjahr 1162. Friedensverhandlungen lehnt der Kaiser ab, er fordert die totale Unterwerfung. Erzbischof und Klerus fliehen. Die Konsuln Mailands, samt Abordnungen von Rittern und Fußvolk, ziehen zum kaiserlichen Lager in
Lodi, Vertreter küssen dem Herrscher die Füße, schwören ewige und absolute Treue und übergeben ihm die Schlüssel der Stadt. Doch auf Gnade hoffen sie vergebens.
    Barbarossa glaubt, das Problem ein für alle Mal lösen zu können. Angefeuert von den mit Mailand verfeindeten Nachbarn, will er den hochentwickelten Stadtstaat zu einer Agrarkommune zurückbauen. Die Mailänder werden aufs Land gekarrt, in vier Dörfern angesiedelt und zur Feldarbeit verdammt. Mauern, Türme und Häuser, bis hin zur gewaltigen Domkirche, werden geplündert und zerstört. Die Kaiserlichen rauben auch den bedeutendsten Schatz der Stadt, die Reliquien der Heiligen Drei Könige. Barbarossas Ratgeber Rainald von Dassel lässt die Gebeine nach Köln schaffen, wo er das Amt des Erzbischofs bekleidet. Sein Nachfolger bettet die kostbaren Reliquien in einen prunkvollen Schrein, der bis heute die Besucher des Kölner Doms zum Staunen bringt.
    Die Staufer und Mailand, das Adelsgeschlecht und die rebellische Kommune – erst 1183 kommt es zu einem Friedensschluss. Doch es bleibt eine Feindschaft, die Generationen überdauert.
    1212 marschiert Barbarossas Enkel Friedrich II. von Sizilien ins deutsche Kernreich, um dort seinen Anspruch auf König- und Kaisertum gegen Kaiser Otto IV. durchzusetzen. Natürlich stehen die Mailänder auch dabei wieder auf der Gegenseite. Und als Friedrich durch die Po-Ebene zieht, versuchen sie, den verhassten Staufer-Spross zu fangen. Im Grenzgebiet zu Cremona am Ufer des Flusses Lambro erwischen sie ihn – beinahe. Friedrich rettet sich auf einem ungesattelten Pferd über den Fluss in die mit ihm verbündete Stadt Cremona.
    Sein Leben lang wird er den Mailändern nachtragen, dass sie es immer »verschmähten, ihn als ihren rechtmäßigen Herrn zu empfangen« und sein »Antlitz ehrerbietig anzublicken«.
Schon als junger Mann, vertraut er später dem französischen König an, hat er »die am Vater und Großvater begangene Beleidigung« durch die Norditaliener rächen wollen. Deren Zusammenschluss zum Lombardischen Bund ist für ihn die Steigerung ihrer zunächst »verborgenen Niedertracht und Treulosigkeit« zur nun »offenen Bosheit und Unverschämtheit«.
    »Italien ist mein Erbe! Das weiß die ganze Welt«, schreibt Friedrich II. an den Papst, um dessen Unterstützung für eine neuerliche Strafaktion gegen die Lombarden zu gewinnen. Er wolle »die vielen Ketzereien in Italien« ausrotten, lockt er den Christen-Führer, »dieses Unkraut in den italienischen Städten, besonders aber in Mailand«.
    Aber dem Heiligen Stuhl in Rom kommt es ganz gelegen, dass die Staufer sich immer aufs Neue an Oberitalien abarbeiten müssen. Denn die Monarchen aus Deutschland träumen vom alten, römischen Kaiserreich in ihren Händen, das konkurriert mit den politischen Machtansprüchen der Chefs im Kirchenstaat. Mailand, Feind der Feinde Roms, ist für manchen der Päpste deshalb eine Art Gottesgeschenk. Die neuzeitlichen Herrschafts- und Lebensformen der Mailänder sind den Kirchenfürsten zwar fremd und wesensfern, aber weit weniger wichtig. Rom nimmt es locker, die Staufer reiben sich daran.
    »Zwei Welten, Weltsichten, zwei Prinzipien«, schreibt der Historiker Ernst Voltmer, trafen mit den Staufern und

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