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Die Staufer und ihre Zeit

Die Staufer und ihre Zeit

Titel: Die Staufer und ihre Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Pieper , Annette Großbongardt
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rationalistische Skepsis neben einer vernunftbegründeten Harmonisierung von Glauben und Wissen bestehen kann. Dem Empirismus öffnete
sich die Zukunft, da Albert fortwährende Beobachtungen verlangte, um zuverlässige Folgerungen ziehen zu können; eine Regel, die auch Kaiser Friedrich II. als Naturforscher befolgte.
    Albert, möglicherweise Sohn einer Beamtenfamilie, trat erst spät als Student der freien Künste in Padua auf. Dort gewann ihn der Ordensmeister Jordan von Sachsen für die Dominikaner, die ständig auf der Suche nach gelehrtem Nachwuchs waren. In Paris, der damals berühmtesten Fakultät, vervollständigte er seine Ausbildung bis zum Doktor der Theologie. Die meiste Zeit aber lebte, studierte und lehrte er in Köln, der seinerzeit bevölkerungsreichsten und prächtigsten Stadt Deutschlands, bis zu seinem Tod am 15. November 1280.
    Zu seinen Schülern gehörte auch Thomas von Aquin, den er liebte wie einen Sohn und der mit seinen großen »Summen« die bedeutendsten theologischen Werke der Scholastik schuf. Durch seine Kraft der Synthese, die dem Lehrer teilweise fehlte, wurde der Mann aus dem italienischen Aquino zum wichtigsten Denker der ganzen katholischen Kirche bis in die neuere Zeit.
    Albertus’ epochale Leistung besteht indes vor allem darin, dass er in seinen philosophischen Schriften als der erste herausragende Bannerträger des Aristotelismus im 13. Jahrhundert erscheint. Er entwarf den kühnen Plan, dem christlichen Abendland die gesamte Wissenschaft des durch die andalusischen Araber überlieferten Aristoteles mitsamt den Kommentaren des Religionsphilosophen Averroes (1126 bis 1198) in einer eigenen gewaltigen Sammlung vorzuführen. Sein Verfahren dabei war die kommentierende, erweiternde Paraphrase der Textvorlagen des Aristoteles, der für Scholastiker der Hoch-Zeit so maßgeblich war, dass er von ihnen schlicht »Der Philosoph« genannt wurde – und der arabische Gelehrte Averroes, als sein Interpret, »Der Kommentator«.

    Ähnliche Autorität gewann der deutsche Dominikaner Albert in Köln, der mit seinem ausgedehnten Lebenswerk den Zeitgenossen wie ein Wunder vorkam, das sie mit Staunen erfüllte (»nostri temporis stupor et miraculum«, so der Albert-Schüler Ulrich von Straßburg). In seine Aristoteles-Erläuterungen fügte Albert oft eigene Exkurse ein, stellte sich möglicherweise auftauchenden Zweifeln, um sie zu klären, und suchte Lücken in der Darstellung des großen Griechen auszufüllen, wie er selbst zu Beginn der »Physik« erklärt.
    Albert war zweifellos der erfolgreichste Naturforscher im christlichen Mittelalter. Die Studenten strömten ihm in Massen zu. Auch sein Zeitgenosse Roger Bacon, ein Franziskaner und Rivale (Missgunst unter Gelehrten gab es schon damals), bezeichnete ihn als »primus magister de philosophia«, der die Philosophie in ihrem ganzen Umfang den Lateinern gebracht habe: »Er lebt noch und hat in seinem Leben ein Ansehen, wie niemals ein Mensch es in der Wissenschaft gehabt.« Heinrich von Herford, der Chronist und Dominikaner, pries ihn als von »allen Philosophen der ganzen Christenheit glänzendste Sonne«.
    So begann, im Mittelalter der Staufer, Europas erste Aufklärung, die das Licht der Vernunft ein halbes Jahrtausend vor Voltaire und Kant erstrahlen ließ.

» HERZELIEBE FROWELÎN «
    Walther von der Vogelweide ist der wohl berühmteste deutschsprachige Dichter des Mittelalters. In seinen Minneliedern preist er anfangs die Kunst der Entsagung, doch er selbst suchte die erfüllte Liebe.
    Von Susanne Beyer
    Er war der erste deutschsprachige Dichter, der sein Schaffen als wirklichen Beruf begriff.
    Ihr sollt mir ein Willkommen sagen:
denn der Euch Neues bringt, bin ich!
Alles, was Ihr bisher gehört,
ist ein Nichts: jetzt fragt mich!
Freilich verlange ich Botenlohn.
Fällt er einigermaßen reichlich aus,
werd ich Euch wohl verkünden, was Euch Freude macht.
Seht zu, was Ihr mir Ansehnliches zu bieten habt.
    So dichtete Walther von der Vogelweide, der um 1170 in der Regierungszeit Kaiser Friedrich I. Barbarossas geboren worden war und etwa 1230 starb.
    Seine Konkurrenten machten sich manchmal lustig über ihn, aber das gehörte dazu, zum Geschäft des Minnesängers und zum Ruhm sowieso. Die Vorstellung davon, was das war, das Mittelalter, ist bis heute geprägt von Walthers Versen: wie er die Herrscher beschrieb, denen er mit seinen Versen ja diente, und was er vom Hofleben überlieferte, von den Festen und den schönen »hohen

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