Die Steine der Fatima
Krebsgeschwür ist so weit fortgeschritten, dass ich ihr nicht mehr helfen kann«, sagte er leise. »Allah stehe ihr bei.«
Beatrice sah, dass Hannah erschrak, aber sie legte ihr tröstend eine Hand auf den Arm.
»Wir haben jedoch ein überaus wirksames Mittel gegen die Schmerzen mitgebracht«, teilte sie ihr mit. »Wir können zwar nicht mehr ihr Leben retten, aber wir sind in der Lage, ihr die Schmerzen zu nehmen.«
Hannah atmete sichtlich erleichtert auf. Ali öffnete seine Tasche und holte das Päckchen mit dem Opium hervor. Neugierig betrachtete Hannah die dunkle Masse.
»Was ist das?«
»Opium«, antwortete Beatrice ohne Umschweife. Sie achtete gar nicht auf das entsetzte Gesicht der Dienerin, sondern fuhr unbeirrt fort. »Höre mir jetzt gut zu, Hannah. Aus dir sicherlich verständlichen Gründen muss all dies unter uns bleiben. Du darfst niemandem etwas davon erzählen, keiner darf etwas merken. Ist das klar?«
Hannah sah Beatrice mit weit aufgerissenen Augen an, nickte jedoch eifrig.
»Gut. Bereite jetzt heißes Wasser zu, es muss gekocht haben.«
»Ich stimme übrigens deiner Diagnose zu«, sagte Ali, als Hannah das Zimmer verlassen hatte, um heißes Wasser zu holen.
Beatrice hob spöttisch eine Augenbraue. »Tatsächlich, Herr Kollege? Darf ich mich jetzt geschmeichelt fühlen?«
»Ich sagte nur, dass du in diesem Fall recht hattest«, entgegnete er ärgerlich. »Es mag sich um einen Zufall handeln, aber…«
In diesem Moment kam Hannah zurück, und Ali verstummte. Die Dienerin reichte Beatrice die Kanne.
»Gieße das heiße Wasser in eine Tasse, und rühre dann so viel davon hinein.« Beatrice zeigte Hannah eine Menge Opium, die vielleicht einen Fingerhut gefüllt hätte. »Anschließend gibst du es Sekireh zu trinken. Ich zeige es dir.« Beatrice rührte kräftig um, bis sich die klebrige Masse in dem Wasser einigermaßen aufgelöst hatte, nahm die Tasse und ging zum Bett der Kranken. »Sekireh, ich habe hier Medizin. Es wird bitter schmecken, aber du musst trotzdem die ganze Tasse austrinken. Es wird deine Schmerzen lindern.«
Sekireh nickte, und Beatrice stützte ihren Nacken und hielt ihr die Tasse an die Lippen. Vorsichtig, in winzigen Schlucken, nippte Sekireh an dem stark riechenden Gebräu. Aber sie trank die Tasse aus, ohne auch nur einmal mit der Wimper zu zucken. Schließlich sank sie völlig erschöpft wieder in die Kissen zurück. Ihr Blick wurde ein wenig glasig, und ein dankbares Lächeln glitt über ihr Gesicht – das Opium begann bereits zu wirken. Sekireh schloss die Augen, und wenig später hörte man an ihren tiefen Atemzügen, dass sie eingeschlafen war.
Vorsichtig erhob sich Beatrice und ging zu Hannah und Ali.
»Sie schläft«, flüsterte sie den beiden zu.
»Ich danke Euch vielmals, möge Allah Euch segnen«, sagte Hannah mit Tränen in den Augen.
»Traust du dir zu, deiner Herrin diesen Tee ohne unsere Hilfe einzuflößen?«, fragte Ali.
Hannah warf einen kurzen liebevollen Blick auf ihre Herrin und nickte. »Ich würde alles für sie tun.«
»Bedenke jedoch, dass es gefährlich ist. Sollte dich jemand mit dem Opium erwischen, kann das unter Umständen deinen Tod bedeuten«, sagte Ali. »Außerdem wird es ihr Leben verkürzen.«
Hannah sah Ali gerade und offen in die Augen. »Ist das etwa ein Leben, wie es einer Frau wie Sekireh zusteht?« Sie schüttelte den Kopf. »Nein, Herr. Ich weiß, wenn Sekireh in der Lage wäre, die Entscheidung zu treffen, so würde sie lieber einen schnellen, schmerzlosen Tod wählen. Und vor meinem eigenen Tod fürchte ich mich nicht«, fuhr sie ruhig und bestimmt fort. »Wenn ich meiner geliebten Herrin die Qualen erleichtern oder sie mit Allahs Hilfe sogar davon befreien kann, so bin ich bereit, jede Strafe auf mich zu nehmen. Wie oft soll ich ihr davon zu trinken geben?«
»Sobald die Schmerzen wieder einsetzen«, antwortete Beatrice.
Hannah nickte. Sie griff nach dem Päckchen mit dem Opium und drückte es an sich, als hinge ihr eigenes Leben davon ab.
»Seid unbesorgt, ich werde es an einem sicheren Ort verstecken. Und selbst wenn es jemand finden sollte, wird nicht einmal die Folter Eure Namen aus mir herauspressen können.«
Hannah begleitete Ali und Beatrice noch auf ihrem Weg hinaus. Während sie langsam den stillen, mittagsleeren Gang entlang gingen, erkundigte sich Beatrice nach den Neuigkeiten im Harem.
»Ach, Herrin, seit Ihr fort seid, hat sich vieles verändert. Die Frauen sind immer noch entsetzt und betrübt
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