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Die Steine der Fatima

Die Steine der Fatima

Titel: Die Steine der Fatima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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einen Venenzugang und Kochsalzlösung!«
    Beatrice wachte auf. Sie wusste, dass sie geträumt hatte, konnte sich aber nicht mehr genau daran erinnern. Außer an die letzten Worte. Die hatte sie gehört, laut und deutlich, als hätte jemand direkt neben ihr gestanden. War es Stefan? Sie hätte schwören können, dass sie die Stimme ihres Kollegen aus dem Krankenhaus erkannt hatte.
    Beatrice drehte sich im Bett um. Neben ihr lag Ali und schlief tief und fest. Eine Weile betrachtete sie sein friedliches Gesicht mit dem dunklen Bart. Er atmete ruhig und gleichmäßig, sein Brustkorb hob und senkte sich in jenem friedlichen Rhythmus, der nur Schlafenden zu eigen ist. Seit dem Tag, an dem Saddin Buchara verlassen hatte, schlief sie in Alis Zimmer. Keiner von ihnen hatte ein Wort darüber verloren, irgendwie war es für beide eine Selbstverständlichkeit gewesen. Ebenso wie keiner von ihnen auch nur einmal Saddin erwähnte. Saddin!
    Beatrice seufzte, drehte sich auf den Rücken und starrte auf den goldbestickten Baldachin über ihr. Manchmal, nur ganz selten, dachte sie an ihn. Aber jeder dieser Gedanken versetzte ihr einen schmerzhaften Stich, und sie merkte, dass sie ihn vermisste – trotz allem. Er fehlte ihr, obwohl er sie ursprünglich hatte töten wollen, obwohl er einfach so verschwunden war, ohne ihr Lebewohl zu sagen, obwohl…
    Im Grunde war Beatrice mit ihrem Leben zufrieden. Es glitt dahin wie ein langsamer, ruhiger Fluss. Ali war liebevoll und zärtlich, und auch sie selbst fühlte eine tiefe Zuneigung zu ihm. Sie liebte die offenen, interessanten Gespräche mit ihm. Nach allem, was sie gemeinsam durchgemacht hatten, hatte sie ihm sogar vom Stein der Fatima und ihrer wahren Herkunft erzählt. Entgegen ihrer Befürchtungen hatte er ihr auf Anhieb geglaubt. Im Gegenteil, Beatrice hatte sogar den Eindruck, dass die Wahrheit ihn erleichtert hatte. Vielleicht war ihr überlegenes medizinisches Wissen für einen von sich und seinen Fähigkeiten überzeugten Mann auf diese Art leichter zu ertragen. In stundenlangen, bis in die Nacht dauernden Gesprächen brachte Ali ihr alles bei, was er über arabische Kräuter wusste. Gleichzeitig fragte er ihr Löcher in den Bauch über das gesellschaftliche Leben in ihrer Zeit. Es wunderte sie manchmal, dass er sich für Philosophie und Soziologie mehr interessierte als für die Medizin. Und dann dachte sie, dass das Mittelalter sich vermutlich viel weniger als allgemein angenommen vom 21. Jahrhundert unterschied – das eine war ein Hobby, welches ihn faszinierte, das andere war sein Beruf.
    Beatrice genoss das Leben an Alis Seite. Und doch, manchmal vermisste sie etwas, von dem sie nicht genau sagen konnte, was es war. Sie seufzte wieder.
    »Fühlst du dich nicht wohl?«, fragte Ali leise. »Bist du krank?«
    »Entschuldige, ich wollte dich nicht wecken«, sagte Beatrice. »Nein, ich bin nicht krank. Ich liege nur so da und denke nach.«
    Sanft strich Ali mit einem Finger die Konturen ihres Gesichts entlang.
    »Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als dich glücklich zu machen, Beatrice.« – »Das hast du bereits getan. Aber…«
    »Du hast wieder geträumt?« – Sie nickte. Es war bereits das dritte Mal in zwei Tagen. »Ja. Diesmal habe ich die Stimmen ganz laut und deutlich gehört. Ich bin mir aber nicht sicher, Ali. Ich weiß so wenig über diesen Stein und seine Kräfte oder den Willen, der dahintersteckt. Doch ich habe so ein Gefühl…«
    »Du glaubst, dass er dich bald wieder nach Hause bringen wird. Ist es das, was du sagen willst?«
    Sie sah Ali an.
    Trotz der Dunkelheit konnte sie das feuchte Schimmern in seinen Augen erkennen.
    »Ich weiß es wirklich nicht.«
    »Mache dir keine Sorgen, Beatrice«, sagte er und strich ihr zärtlich über das Haar. »Ich weiß, dass ich eines Tages erwachen werde, und du wirst nicht mehr bei mir sein. Mein Leben wird dann wieder sein wie vorher, als wäre die Zeit mit dir nur ein wunderschöner Traum gewesen. Ich bitte zwar Allah darum, dass er es noch eine Weile aufschieben möge, aber…« Er zuckte mit den Schultern. »Der Stein hat dich hierher gebracht, und er wird dich auch wieder mitnehmen. Allerdings werde ich niemals wissen, ob das die Wahrheit ist, oder…«
    »Oder was?«
    »Oder ob du doch Saddin gefolgt bist.«
    Beatrice sah ihn lange an.
    »Nein«, sagte sie schließlich mit fester Stimme. »Du kannst dir sicher sein. Ich gebe zu, manchmal denke ich an ihn. Hin und wieder vermisse ich ihn sogar. Aber… Er ist kein

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