Die Steinernen Drachen (German Edition)
Lastwagen und verhältnismäßig viele Pkws.
„Wer sind Sie?“, fragte Frank.
„Meine Familie ist seit vielen Generationen im Dienste des Königs. Seit Anbeginn der Zeit waren wir treue Untergebene der Herrscher von Lan Xang, dem Reich der Millionen Elefanten. Meine Ahnen waren stets bereit für ihren König und dessen Familie in den Tod zu gehen und so halten wir es bis heute. Die vergangenen Jahrzehnte haben großes Leid über die Nachkommen Samsenthais gebracht und nun ist nur noch die erhabene Prinzessin Le Ah Thi Ky am Leben. Das letzte Kind aus der königlichen Blutlinie, die bis in das 13. Jahrhundert zurückreicht. Und ich tue alles, was in meiner Macht steht, um die jüngste Tochter von Savang Vattana zu beschützen.
Als die königliche Familie 1977 von der Pathet Lao deportiert wurde, wussten wir, dass die Kommunisten niemanden am Leben lassen würden. Das Exil des Monarchen und seiner Familie war nur der Anfang vom Ende. Wir waren machtlos gegen den Zorn und das Aufbegehren, das die Einheitspartei unter der Bevölkerung geschürt hatte. In diesen Wirren wurde Savang Vattana von einer Nebenfrau noch eine Tochter geschenkt. Ein Lichtblick in dieser schmerzlichen Zeit, weil diese Niederkunft geheim gehalten werden konnte. Es war eine ehrenvolle Aufgabe für mich, das Kind vor den Kommunisten in Sicherheit und außer Landes zu bringen. Ein gefahrvolles Unterfangen, dass, den Göttern sei Dank, geglückt ist. Das Mädchen wuchs bei einer, dem König eng verbundenen Familie, am Comer See auf und nur eine kleine Gruppe von Eingeweihten kannte ihre wahre Herkunft. Dadurch konnte sie in Norditalien ein unbeschwertes Leben führen und wurde sowohl mit der laotischen, als auch mit der abendländischen Kultur vertraut gemacht.
Doch es war unvermeidlich, der Prinzessin eines Tages ihre tatsächliche Bestimmung zu offenbaren. Der Tag, an dem die Drachen erwachen, rückt unaufhaltsam näher, mein Freund.“
Er hörte zu und versuchte zu verstehen. Der Blick des Alten verlor sich in der Ferne, während er weiter sprach. „Le Ah einzuweihen, war die schwerste Bürde, die mir der König vor seinem Tod anvertraut hatte. Je näher der Zeitpunkt rückte, desto größer wurde meine Angst davor. Heute muss ich mich immer wieder fragen, ob es richtig war, ausgerechnet mich damit zu beauftragen. Vielleicht war ich zu unsensibel und erwartete zu viel von ihr. Mit dem, was ich ihr offenbarte, zerstörte ich ihr Vertrauen in mich. Warum musste ausgerechnet ich der jungen Frau das schmerzliche Schicksal auferlegen? Bei allen Göttern, ich war nicht behutsam genug und ihre Reaktion führte uns in diese Katastrophe. Die Prinzessin lief weg und verschwand nach Deutschland. Die Zeit drängte. Die Drachen atmen bereits. Doch dem nicht genug. Die Pathet Lao hatte von Le Ahs Existenz erfahren und machte sich auf der Suche nach ihr. Genau wie die Chinesen, die ebenfalls die Wahrheit kennen. Eine Tragödie, die damit endete, dass sie in die Hände der Amerikaner geriet.“
„Ab hier ist mir die Geschichte bekannt“, erklärte er dem Alten, dessen Erzählung ins Stocken geraten war und dessen Augen jetzt glasig waren. „Die CIA hat mich eingeweiht.“
„Die Amerikaner wissen nichts“, fauchte der alte Mann. „Dieses ignorante Volk, das unser Land schon in den 60er Jahren mit ihrem wahnsinnigen Krieg ins Verderben riss ... sie haben keine Ahnung! Le Ah ist unsere einzige Hoffnung“, stieß er hervor und seine Stimme bebte. Er war sichtlich erregt und die Ruhe, die ihn anfangs umgab, war verschwunden.
„Weil Sie hoffen mit Leas Hilfe den Kommunismus aus ihrem Land vertreiben zu können?“, fragte er. Der Alte sah ihn mit einer Mischung aus Hass und Mitleid an. „Der Kommunismus hat die Macht des Königs niemals wirklich gebrochen. Und die letzten Monate haben gezeigt, dass Laos ohne seinen wahren Herrscher dem Untergang geweiht ist. Darum geht es und um nichts anderes“, presste er durch die dünnen Lippen und wandte sein zerfurchtes Gesicht dem Mekong zu.
Frank fand den Zusammenhang nicht und war genauso schlau wie vor seiner Begegnung mit dem Alten. Um sein Hirn durchzulüften, streckte er den Kopf aus dem Fenster. Mittlerweile hatten sie die Peripherie der Stadt erreicht und er staunte über das Bild, das sich ihm bot. Vientiane war nicht mit Bangkok zu vergleichen, aber es herrschte auch nicht graue Vorzeit. Die Stadt war durchgehend von hohen Palmen überdacht, was ihr ein ländliches Flair verlieh. Es fehlten die
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