Die Steinernen Drachen (German Edition)
Firmament aufgestiegen. Di Jun erhörte die Bitte des Kaisers und verstand, dass nur das Eingreifen der Götter verhindern konnte, dass die Welt verbrannte. Deshalb sandte er Yi, den Bogenschützen auf die Erde. Dieser erkannte den Ernst der Lage und spannte seinen Bogen, zielte auf die östliche Sonne, die zuletzt aufgegangen war, und traf sie wie einen Vogel im Flug. Das Licht erlosch und der Drache stürzte herab. Als er auf den Boden traf, wurde er zu Stein. Yi schoss einen zweiten Pfeil ab, dann einen dritten. Weitere der geflügelten Wesen fielen auf die ausgedörrte Erde, dort, wo schon der erste Drache aufgeschlagen war. Staub wirbelte empor und verdunkelte den Himmel. Die Menschen kamen aus ihren Hütten und bejubelten das Schauspiel.
Eine Sonne nach der anderen erlosch unter den gezielten Schüssen des Bogenschützen. Der aufgewirbelte Staub brachte eine wohltuende Kühle über das Land. Yi legte auf die neunte Sonne an. Als er auch diese traf, senkte er den Bogen. Die letzte der Sonnen, die westliche, konnte ihren Umlauf beenden und diese beleuchtet nun für alle Zeit die Welt.
Als der Staub sich senkte, schauten die Menschen aus dem Reich der Mitte voller Verwunderung auf die neun Drachen, die sich allesamt zu Stein verwandelt hatten und deren mächtige Körper sich zu einem hohen Gebirge auftürmten. Über das Glück, dem Tod entkommen zu sein, vergaßen sie schnell, woraus das Bergmassiv im Süden ihres Landes bestand. Und so erinnerte bald nur noch der Name daran, wie die Drachenberge einst entstanden.“
Der Schwindel war stärker geworden. Frank war nicht sicher, ob er aufstehen konnte. Aber er brauchte dringend frische Luft, musste nach draußen. Der penetrante Rauch hatte seine Sinne verwirrt. Oder war es die Geschichte? Vergeblich versuchte er auf die Beine zu kommen, was ihm nicht gelang. So krabbelte er auf allen Vieren zu der Tür, durch die vorhin die Frau verschwunden war. Er stieß sie auf, wälzte sich hindurch und fand sich auf der
Veranda wieder, die zu einem Garten führte. Im schwachen Licht, das durch die Fenster fiel, erkannte er Sträucher einer Hecke und kleine Bäume. Die schwülwarme Nachtluft schlug ihm entgegen. Zikaden zirpten. Von fern waren die Geräusche einer Stadt zu hören. Er rollte sich auf den Rücken und starrte in den grauschwarzen Himmel. Durch vereinzelte Löcher in der Wolkendecke funkelten ihm Sterne entgegen. Sein Atem ging hektisch und fand nur langsam zu einem Rhythmus. Er schloss die Augen und fühlte die Müdigkeit. Zuerst Hühnerscheiße, dann Räucherstäbchen. Was würde als nächstes seinen Kopf vernebeln? Mit diesem Gedanken schlief er ein.
Im Reich der Millionen Elefanten
10. Juli 2003
Er träumte von Drachen. Schuppige Körper, die schwer auf den gewaltigen Ästen eines riesigen Maulbeerbaums lasteten. Gelbe Augen starrten ihn an. Kleine Rauchsäulen stiegen aus den Nasenlöchern der Ungetüme und kräuselten sich in den grauen Himmel. Unter dem Baum, tief im Schatten, stand Lea und sah gebannt zu den mystischen Wesen hinauf. Ganz im Gegensatz zu ihm, schien sie keinerlei Angst zu haben. Die Drachen nahmen keine Notiz von ihr. Sie waren auf ihn fixiert und grinsten. Dann sogen die Drachen Luft in ihre feurigen Lungen und er spürte förmlich, wie der zusätzliche Sauerstoff die Glut in den massigen Körpern hell aufglimmen ließ. Seine Angst wandelte sich in Entsetzen. Er wollte weg von dem Ort, konnte sich aber nicht bewegen, war nicht
Herr seiner Glieder, konnte nur panisch mit ansehen, wie die Drachen ihm ihr Feuer entgegen hauchten. Seine Haut wurde schwarz, warf Blasen und löste sich letztlich im heißen Feuerwind von den Knochen. Seine Augäpfel explodierten wie Eier in der Mikrowelle. Er stieß einen Schrei aus und erwachte schweißgebadet, spürte die schmerzenden Muskeln und Knochen in seinem Körper und wusste, dass er noch lebte. Zu seinem Erstaunen lag er immer noch auf der Veranda. Man hatte ihn mit einem dünnen Laken zugedeckt. Über den Bergen im Osten malte ein zaghafter, rosafarbener Schimmer, der den neuen Tag ankündigte. Doch noch war es zu dunkel, um weiter als bis zur Hecke sehen zu können. Die Stadt schien noch zu schlafen. Vereinzelt und weit entfernt waren knatternde Zweitaktmotoren zu hören. Ansonsten gab es nur den leisen Gesang von Vögeln und Zikaden, die scheinbar nie ihre Ruhe fanden. Er griff nach dem Geländer, zog sich hoch und ertappte sich, wie er seine Arme nach Brandwunden absuchte. Abgesehen
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