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Die Steinernen Drachen (German Edition)

Die Steinernen Drachen (German Edition)

Titel: Die Steinernen Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kern
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konnte nicht sagen, wie lange man ihn dort sitzen ließ. Schmerzlich vermisste er sein Zeitgefühl. Der rote Schlamm, in den er bei seiner Verhaftung gefallen war und der den kompletten Rücken seines T-Shirts bedeckte, war zu einer harten Kruste getrocknet. Er fragte sich, wo seine Tasche abgeblieben war. Darin waren Sachen zum Wechseln und andere Dinge. Wertvolle, verräterische Dinge: ein falscher Pass, das Abbild eines Drachen, eine Pistole.
    Es gab keine Geräusche, die von außen in die Zelle drangen. Nur seine Atmung und das gelegentliche Knarren des Stuhls waren zu hören. Geräusche, die nicht von den nackten Wänden verschluckt wurden. Die meiste Zeit starrte er auf die Tür. Nur gelegentlich zogen die Flecken sein Augenmerk auf sich und er studierte die bizarren Muster. Ab und an flackerte das Licht an der Decke. Stromschwankungen, vermutete er. In der Zelle nebenan quälen sie gerade jemanden mit Elektroschocks! Ein Schauer durchfuhr ihn, verstärkte die Furcht, wenn dies überhaupt noch möglich war. Irgendwann drängte sich ihm der Eindruck auf, dass die Wände feucht waren und schwitzten, denselben kalten Angstschweiß absonderten, der auch auf seiner Stirn stand. Um davon loszukommen, fixierte er wieder die Tür, die gegenüber der Feuchtigkeit immun war.
    Als die Zellentür sich endlich öffnete, atmete er erleichtert auf, obwohl er erwartete, dass nun der Tod den Raum betrat. Zu seinem Erstaunen sah der Tod wie Kommissar Klaus Meinhans aus. Er trug sogar den gleichen Mantel.
    Frank brauchte über eine Minute, bis er endlich begriff, dass es tatsächlich Meinhans war. Im Schlepptau des deutschen Polizeibeamten war ein uniformierter Laote, der sich neben den Türrahmen an die Wand lehnte. Der Kommissar zog sich einen freien Stuhl heran und setzte sich zu ihm an den Tisch. Schweigend sahen sie sich an. Nach endlosen drei Minuten war der Schock einigermaßen überwunden. „Wie haben Sie mich gefunden?“
    Meinhans wollte zu einer Antwort ansetzen, überlegte es sich aber anders. „Geht es Ihnen gut?“, fragte er stattdessen. „Hat man Sie gut behandelt?“
    „Ich bin nur etwas ... schmutzig ... und ich habe Durst.“
    Meinhans drehte sich zu dem Polizisten um. „Können Sie Wasser bringen?“, fragte er auf Deutsch.
    Der Mann nickte und klopfte gegen die Tür. Als ihm geöffnet wurde, gab er die Bitte in seiner Sprache weiter. Zumindest konnte man das annehmen, denn kurz darauf wurden zwei Plastikflaschen mit Wasser in die Zelle gereicht.
    „Ich bin froh, dass Capitaine Xieng so gut unsere Sprache spricht. Mein Englisch ist miserabel und von meinem Französisch will ich erst gar nicht sprechen“, erklärte Meinhans. „Überhaupt kann ich sagen, dass die laotischen Behörden bislang sehr kooperativ waren.“
    Frank hatte zwischenzeitlich die Hälfte seines Wassers getrunken und begann sich besser zu fühlen. Die Panik hing ihm noch in den Knochen, aber die Todesangst hatte den Raum verlassen und einem schwachen silbernen Schimmer oberhalb des Türstocks Platz gemacht. Der Tod war gegangen, stattdessen war der Kommissar aus Waiblingen erschienen und er konnte es immer noch nicht recht fassen. Er hörte sich seine Frage von vorhin wiederholen. „Wie haben Sie mich gefunden?“
    Meinhans, der keine Anstalten machte, seinen Mantel auszuziehen, beugte sich über den Tisch. Der Kommissar erweckte den Eindruck, dass er nicht beabsichtigte, den Capitaine alles mithören zu lassen. „Ich werde da etwas ausholen müssen. Vorweg kann ich sagen, dass die Aussage eines gewissen Herrn Schwarz sehr hilfreich war.“
    „Horst“, flüsterte er und sandte in Gedanken seinen innigsten Dank um den halben Erdball.
    „Nach ein klein wenig Überzeugungsarbeit war auch Ihre neue Mitbewohnerin bereit zu reden.“
    Für einen Augenblick wusste er nicht, von wem der Kommissar sprach, dann fiel ihm die Punklady ein. Ihm war entfallen, dass er ihr seine Wohnung angeboten hatte. „Ich hoffe, die Kleine hatte aufgeräumt, bevor sie Sie in die Wohnung gelassen hat.“
    „Nun, die Dame sah etwas lädiert aus, was sich aber nicht auf Ihre Wohnung kaprizieren ließ. Ich muss gestehen, Sie haben mich mit diesem karitativen Verhalten überrascht. Einer Obdachlosen Ihre Wohnung anzubieten, halte ich persönlich für sehr ritterlich. Andererseits vermittelte mir der Anblick dieser Frau etwas Endgültiges. Im ersten Moment erweckte diese Situation den Eindruck, als hätten Sie sich für immer verabschiedet.“
    „Der Gedanke

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