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Die Steinernen Drachen (German Edition)

Die Steinernen Drachen (German Edition)

Titel: Die Steinernen Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kern
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Wolkenkratzer und die mondäne, futuristische Glas- und Metallarchitektur. Die Straßen waren nicht mit aufdringlichen Werbetafeln und Neonreklamen überfüllt. Es gab keine Hochbahnen oder Verkehrsstaus. Aber genau das verlieh der Metropole am Mekong einen besonderen Reiz. Sicherlich war der Kommunismus überall präsent. An jeder Ecke sah man rote Sterne, Fahnen und Banner mit Hammer und Sichel und die typischen, anmutenden Betonbauten des Sozialismus. Dazwischen glänzten die vergoldeten Dächer der buddhistischen Tempel. Entlang der Straßen, die wegen der Regenzeit von einer roten Schlammschicht bedeckt waren, reihten sich Geschäfte, Marktstände und drei- bis vierstöckige Wohnhäuser.
    Der Lieferwagen steuerte auf den gewaltigen Triumphbogen Patou Say zu, dem zentralen Monument in der Metropole. Auf ihn wirkte das Denkmal wie ein hässlicher Betonklotz. Sie fuhren zum Morgenmarkt in der Nähe der Hauptpost und hielten in einer engen Gasse. Der Fahrer stieg aus und verschwand im Getümmel der Markttreibenden.
    „Nur eine kleine Besorgung“, erklärte der Alte, der sich wieder beruhigt hatte.
    „Wäre es nicht langsam an der Zeit, mich in das einzuweihen, was hier tatsächlich geschieht? Und hören Sie damit auf, in Parabeln und Metaphern zu reden. Ich bin in der asiatischen Mythologie nicht sonderlich bewandert. Daher raffe ich nicht immer gleich, was Sie mir sagen wollen, wenn Sie von den Drachen sprechen oder über Din Jung plaudern.“
    „Di Jun! Er heißt Di Jun“, korrigierte ihn der alte Mann, der seine Gelassenheit wieder gefunden hatte.
    „Wie auch immer“, fauchte er und machte keinen Hehl daraus, dass er nun ebenfalls verärgert war. Da der Fahrtwind ausblieb, staute sich die Hitze im Wagen. Kein gutes Klima für aufkochende Gemüter. „Sie haben mich zwar über die wahre Herkunft von Lea aufgeklärt, aber alles andere bleibt für mich ein Buch mit sieben Siegeln. Außerdem habe ich ihre Räucherstäbchen nicht vertragen. Mir brummt immer noch der Schädel.“
    „Läuterung reinigt den Geist. Macht klar im Kopf und hilft zu verstehen. Und du konntest gut schlafen. Das war wichtig, weil dir eine schwere Aufgabe bevorsteht.“
    „Vergiss es! Ich übernehme keinerlei Aufgaben mehr, bevor ich nicht weiß, was hier eigentlich gespielt wird.“
    Die Hand des Alten schoss hervor, wie der Kopf einer Kobra. Er packte Frank am Kragen und zog ihn zu sich heran, bis er den heißen Atem des Greises spürte. Für einen kurzen Moment dachte er daran, dass der Laote möglicherweise die chinesischen Elitesoldaten ausgeschaltet hatte. Einen Wimpernschlag später revidierte er aber diesen Gedanken. Der alte Mann konnte unmöglich diese durchtrainierten Kampfmaschinen getötet haben.
    „Kein Spiel! Unser aller Leben hängt davon ab“, erklärte der Asiat.
    Frank packte den knochigen Arm des Alten und versuchte den Griff zu lösen. Er presste Daumen und Zeigefinger in den Gelenkspalt und drückte zu. Da explodierte die Windschutzscheibe des Toyotas. Das Geschoss schlug wenige Zentimeter neben seinem Kopf in die Rückwand der Kabine und hinterließ ein surrendes Geräusch in seinem Gehörgang.
    Der Alte schubste ihn gegen die Beifahrertür, und kletterte hinter das Lenkrad. Ehe er den Zündschlüssel umdrehen konnte, wurden beide Türen aufgerissen. Frank fiel nach draußen und plumpste ungebremst auf den schlammigen Weg. Der Aufprall drückte ihm die Luft aus den Lungen. Als er die Augen öffnete, schaute er in den Lauf einer Pistole. Er zählte sieben Uniformierte, die ihn umringten und laut anbrüllten. Was mit dem alten Mann geschehen war, konnte er nicht erkennen, hörte nur diese fremdartigen Schreie und fühlte, wie die Furcht ihm den Hals zuschnürte.
    Mehrere Arme zerrten ihn grob auf die Beine und man schleppte ihn zu einem schwarzen Kastenwagen mit vergitterten Fenstern. Schaulustige liefen zusammen und umringten das Spektakel. Die Polizisten stießen ihn in den dunklen Schlund des Fahrzeuges und ehe er sich versah, schlug die Schiebetür ins Schloss. Es war dunkel und stickig. Er fühlte sich beinah an den Hühnerkarren erinnert, in dem er gestern gefangen war. Nur der Gestank war anders. Es roch nach Angst. Jemand schlug von außen zweimal an die Seitenwand und der Wagen setzte sich in Bewegung. Die Fahrt wurde auf Anhieb rasant und kurvenreich. Vergebens suchte er nach etwas, woran er sich festhalten konnte, aber es gab keine Sitzgelegenheit, nur den blanken Blechboden. Mit jeder Lenkbewegung

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