Die Steinernen Drachen (German Edition)
sind wir noch mal gründlicher ans Werk gegangen. Blut gelangt in die kleinsten Ritzen, müssen Sie wissen. Eine Überprüfung der geführten Telefongespräche brachte überdies zutage, dass Kreutzmann Sie kurz vor seinem Tod angerufen hatte. Alle forensischen und technischen Beweise zusammen genommen, lassen letztlich nur eine Schlussfolgerung zu: Sie haben Kreutzmann tot in dessen Wohnung aufgefunden, vermutlich nachdem Sie in der Küche einen Kaffee getrunken hatten. Danach sind sie in Panik verfallen und haben eine Mobilfunknummer gewählt. Eine, die wir im Übrigen nicht mehr zurückverfolgen konnten. Dann hat jemand aufgeräumt, der dies ohnehin gemacht hätte, wären Sie nicht zwischendurch reingeplatzt. Wahrscheinlich hatten Sie noch Glück, dass man Sie nicht neben Kreutzmann gehängt hatte. All dies reichte aus, um meinen Vorgesetzten davon zu überzeugen, mich auf diese Dienstreise zu schicken. Von Schwarz wussten wir ja, wohin Sie verschwunden waren. Es war leicht, dies von den Kollegen am Flughafen und über die thailändischen Behörden bestätigt zu bekommen. Es hat Ihnen nicht viel genutzt, unter falschem Namen zu reisen.“
„Das war nicht meine Idee“, verteidigte er sich, aber er hörte selbst, wie mager das klang.
„Es ist Ihnen alles etwas über den Kopf gewachsen, Grabenstein. Ich habe keine Ahnung, in was Sie da geraten sind. Aber worum es auch geht, es ist etliche Nummern zu groß für Sie. CIA, Nuklearwaffentests, die Chinesen, laotischer Geheimdienst und unser Freund, der Anwalt. Eine Verschwörungstheorie, wie in einem sehr schlechten amerikanischen Agententhriller. Alle sind sie hinter Ihnen her, nur weil Sie ein Techtelmechtel mit einer angeblichen Atomwissenschaftlerin hatten, die zudem Kellnerin in einem Chinarestaurant war. Das ist mir zu hoch. Jetzt bereue ich es fast, meinem Chef diese Dienstreise aus den Rippen geleiert zu haben.“
„Ich habe keine anderen Antworten für Sie. Der Grund meiner Reise war, welche zu finden. Die, die ich bisher erhalten habe, scheinen Ihnen nicht zu genügen. Nun, ich bin nicht weit genug gekommen, um Ihnen mehr bieten zu können.“
„Wie schon erwähnt, die laotischen Behörden waren erstaunlich kooperativ. Sie haben einem alten, unter Bluthochdruck leidenden Kriminaler keinerlei Schwierigkeiten gemacht, so als wüssten sie, dass ich mich nicht aufregen soll. Sehr freundliche Leute, allem voran Capitaine Xieng. Und überraschend schnell, was Ihre Ergreifung anging. So, als hätten die Kollegen hier schon auf Sie gewartet.“ Den letzten Satz hatte er geflüstert, worauf der laotische Polizist einen Schritt nach vorne trat.
„Wie geht es jetzt weiter?“, fragte Frank.
„Wo verstecken sich die Antworten auf all Ihre Fragen?“,
konterte Meinhans.
„Wenn es eine Lösung für all das hier gibt, dann finde ich sie in den Drachenbergen.“ Über die Schulter des deutschen Kriminalbeamten hinweg, beobachtete er, wie ein Ruck durch Xieng ging. Der Laote bekam große Augen, soweit dies bei seinen Schlitzaugen überhaupt möglich war. Die Erwähnung des Gebirgszuges hatte bei dem bislang phlegmatisch wirkenden Mann zu einer wahren Emotionseruption geführt. Frank sensibilisierte seine Sinne.
„Drachenberge“, wiederholte Meinhans. „Was soll da sein?“
„Das Nirwana. Aber, wie es aussieht, werde ich da wohl nicht mehr hinkommen.“
Der Laote hatte seine angestammte Position neben der Tür verlassen und war an den Tisch getreten. „Der ehrenwerte Herr Minister Kham wird bald eintreffen, um mit Ihnen zu sprechen“, richtete er sich an ihn, als wolle er Franks letzte Aussage unwiederbringlich untermauern. Ihm lief ein eisiger Schauer über den Rücken und sein Blick wanderte wieder zu den Flecken an den Wänden. Meinhans registrierte die heftige Reaktion und hob fragend seine buschigen Brauen.
Es war unmöglich dem Kommissar zu sagen, was er dachte. Für kurze Zeit trieb er an der Oberfläche, jetzt zog es ihn wieder hinab in das schwarze Meer der Ausweglosigkeit. Eine ungewohnte Kraftlosigkeit überfiel ihn und er hatte das Gefühl, dass alle Energie aus ihm herauslief, wie die Säure aus einer leckgeschlagenen Batterie. Ihm wurde schwindlig und er fühlte wieder die Angst, die in diesem Raum lebte und mit ihren kalten Fingern über seinen Nacken strich. Er suchte abwechselnd die Blicke der beiden Beamten. „Wenn mich Kham in die Finger bekommt, wird er mich töten“, erklärte er dann in nüchternem Tonfall.
Meinhans wollte etwas
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