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Die Steinernen Drachen (German Edition)

Die Steinernen Drachen (German Edition)

Titel: Die Steinernen Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kern
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zu milchigen Spiegelflächen geworden, in denen sich die dunkelgrauen
    Regenwolken reflektierten.
     

 
    Verkauft
    13. Juli 2003
    Der zweite Tropenschauer des Tages erwischte sie, kurz nachdem sie die Reisfelder hinter sich gelassen hatten. Schwere, schwarze Wolken waren gegen die aufragenden Berge geprallt, hatten sich dort gestapelt und schließlich in einer Heftigkeit entladen, die einem Sturzbach alle Ehre machte. Ohne das schützende Blätterdach waren sie dem Regen gnadenlos ausgesetzt. Frank tat es den anderen gleich und warf sich einen olivefarbenen Poncho über. Dazu bekam er einen breitkrempigen Hut, ähnlich dem, den Ilka schon die ganze Zeit trug. Die Kopfbedeckung tief ins Gesicht gezogen, stapfte er hinter den Stiefeln des Vordermannes her. Knöcheltief lief das Wasser von den Berghängen zu ihrer Rechten und zerrte an den Füßen. Nach einer Weile stießen sie auf einen Weg. Zwei tief ausgewaschene Rillen, die von den Rädern unzähliger Ochsenkarren stammten - der Pfad, auf dem die Reisernte ins Tal gebracht wurde. Die knietiefen Rinnen waren bis zum Rand mit Wasser gefüllt, was er nach wenigen Schritten zu spüren bekam. In einem unachtsamen Moment, schlitterte er in eine der Furchen und musste auf allen Vieren wieder herauskrabbeln.
    Einen halben Kilometer folgten sie dem Weg direkt auf das Bergmassiv zu, bis dieser einen scharfen Knick nach links machte. Dort kam, trotz des starken Regens, das Ende des Plateaus in Sicht. Zwischen den letzten Reisfeldern und dem blanken Fels lag nochmals ein breiter Streifen Regenwald, der sich den Bergsporn hinaufzog. In der Peripherie zur üppigen Dschungelvegetation warteten die Chinesen.
    Um nicht wieder zu stürzen, konzentrierte er sich nur auf den rutschigen Untergrund und wäre beinah auf den Soldaten vor ihm aufgelaufen, als dieser abrupt anhielt. Verwirrt blickte er unter der Hutkrempe hervor und sah sich von Asiaten umringt. Im ersten Moment glaubte er, dass es Laoten wären, doch das Verhalten der Amerikaner belehrte ihn eines Besseren. Die CIA-Leute schienen über die plötzliche Konfrontation mit der asiatischen Einheit nicht überrascht. Hier war kein Feind hinterrücks aus dem Unterholz getreten, das war kein zufälliges Aufeinandertreffen.
    Ilka begann ein Gespräch mit dem Anführer der Chinesen, wobei sie einige Male zu Frank herüberschielte. Zweifellos redeten sie über ihn, was ihn instinktiv einen Schritt nach hinten machen ließ. Der Drang wegzulaufen wurde übermächtig. Ian bremste ihn in seiner Rückwärtsbewegung. Der Agent war in seinen Fluchtweg getreten und stand dort wie eine Mauer aus Muskulatur und Knochen. Seit er am frühen Morgen die Krankenstation betreten und ihn in seinem Elend dort sitzen gesehen hatte, war das breite Grinsen nicht mehr aus seinem kantigen Gesicht verschwunden.
    Ilkas Kuss kam ihm in den Sinn und jetzt fand er eine Erklärung dafür. Das war dein persönlicher Judaskuss . Der Hauch ihrer Lippen auf seiner Wange hatte von Anfang an nach Verrat gestunken. Frank wirbelte um den Koloss herum und rannte, so schnell er konnte, den Abhang hinunter, zurück in die Senke mit den Reisfeldern. Seine Augen suchten nach dem Weg, der ins Tal führte. Sein Atem rasselte in den angegriffenen Lungenflügeln. Seine müden Beine waren nach wenigen Metern schon kaum mehr in der Lage, die mit Regenwasser voll gesogenen, schweren Stiefel zu
    heben. Trotzdem lief er weiter. Die Neigung des Hangs hielt ihn in Schwung. Er hatte zu tun, dass seine Beine der Schwerkraft hinterherkamen. Endlich tauchten die ersten Felder vor ihm auf. Für eine Sekunde fühlte er einen Hoffnungsschimmer, dann grätschte jemand in seinen Lauf und mähte ihn um wie einen trocknen Grashalm. Der Sturz dauerte unendlich lang, der Aufschlag wurde vom schlammigen Boden weitgehend gedämpft und er schlitterte auf dem Bauch liegend noch ein ganzes Stück weiter. Sein Gesicht grub sich tief in den zähen Matsch. Er schluckte Wasser, vermischt mit schwarzem Morast und brachte die erdige Brühe nicht schnell genug wieder aus dem Hals. Keuchend rang er um Sauerstoff, wälzte sich herum, rutschte weiter, wusste nicht mehr, wo oben und unten war. Funken tanzten vor seinen, mit Schlamm verklebten Augen. Immer noch bekam er keine Luft. Er drückte seine Wirbelsäule durch, bäumte sich auf wie eine Katze, der man auf den Schwanz getreten war. Jemand packte ihn am Revers und riss ihn nach oben. Gleichzeitig schlug etwas hart gegen seinen Rücken. Der Dreckklumpen flog

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