Die Steinernen Drachen (German Edition)
Ich wurde zu wagemutig. Ich fing an, wie in diesen Suchspielen Fehler in die Fälschungen zu malen. Zwei Bilder nebeneinander und in einem waren kleine Abweichungen. Nur fehlte bei meinem Spiel der Eins-zueins-Vergleich. Doch selbst diese Dreistigkeit durchschaute keiner. Schließlich ging dann doch etwas schief. Wir hatten ständig Werke aus internationalen Galerien und Museen zur Restaurierung da und in meinem Wahn verging ich mich auch an solchen Gemälden. Dummerweise vertauschte eines Tages der für die Logistik verantwortliche Mitarbeiter versehentlich ein Original mit einer meiner Fälschungen. Es handelte sich um Paul Klees Tempelgarten vom Metropoliten Museum of Art aus New York. Ich restaurierte das Bild, kopierte es anschließend und arbeitete ein paar Abweichungen ein. Der ahnungslose Mann schickte meine Kopie an das Museum zurück. Das Ende war offensichtlich. Alles kam heraus und meine Überheblichkeit musste ich teuer bezahlen. Mein Kopf rollte, um den Ruf des Instituts zu wahren. Zusätzlich sorgte man dafür, dass ich als Restaurator keinen Fuß mehr auf den Boden bekam. Von den Amerikanern gab es eine satte Anklage, weil ich ihnen eine Fälschung unterjubeln wollte. Das haben sie mir ziemlich übel genommen. Ich sollte mich vor Gericht verantworten, aber nach viel Geplänkel und immensen Anwaltskosten wurde die Anklage zurückgezogen. Leider hatte die Presse schon Blut geleckt und die Story ausgeschlachtet. Das war mein finanzielles und künstlerisches Ende. Einer meiner wenigen Freunde, die mir noch blieben, vermittelte mir später den Job in der Bar. So wurde ich Barkeeper.“
Sie sah ihn an und lächelte auf eine Art, die ihm zeigte, dass sie an seinem Vergehen keinen Anstoß nahm. In der Regel schilderte er die Geschichte so, dass keine Fragen offen blieben. Man könnte auch sagen, er verschönte alles etwas. Sein Blick in ihre geheimnisvollen Pupillen weckte in ihm den Eindruck, er hätte ihr auch die volle Wahrheit erzählen können. Sie wirkte absolut unbeeindruckt von seinem Verbrechen. Er war beinahe enttäuscht, denn er war es gewöhnt, dass Leute auf seine Vergangenheit im Regelfall empört reagierten.
Sein Essen war mittlerweile kalt. Der Alkohol stieg ihm in den Kopf und machte die Lider schwer. Die ganze Zeit ruhte ihr sanfter Blick auf ihm und er fühlte sich wohl dabei, genoss es, den Glanz in ihren Augen zu bewundern. Der Kellner räumte ab und Frank verlangte nach der Rechnung. Dieser Abend würde sein Budget bei weitem überschreiten, aber Leas Anwesenheit entschädigte ihn dafür um ein Vielfaches. Der Wunsch, nur noch in ihrer Nähe zu sein, beherrschte ihn. Das Verlangen, sie endlich zu berühren, war beinahe schmerzhaft. Er zahlte mit der einzigen Kreditkarte, die ihm geblieben war, und hoffte auf eine späte Abrechnung.
Erst beim Verlassen des Restaurants fiel ihm auf, dass sie nur über ihn geredet hatten. Über seine Begleiterin wusste er immer noch so gut wie nichts. Er sah das Ende des Abends auf sich zukommen und in seinem Magen machte sich ein aushöhlendes Gefühl breit. Nicht eine Faser seines Körpers war bereit, sie ziehen zu lassen. Doch er fand keine Argumente, um zu verhindern, dass sie getrennte Wege gingen. Mit einem tiefen Atemzug, der wie ein Seufzer klang, hoffte er das brennende Begehren zu kühlen. Aber die Nacht brachte keine Abkühlung. Die Luft war zäh. Vielleicht der letzte laue Sommerabend in diesem Jahr, eigentlich zum Genießen, doch im Moment wünschte er sich einen frostigen Tiefausläufer über dem Kontinent.
„Kann ich heute Nacht bei dir bleiben?“
Er war gerade dabei, seinen Autoschlüssel aus der Hosentasche zu fingern. Sie hatte soeben etwas gesagt, doch er war nicht sicher, ob es das war, was er verstanden hatte. Ob nicht sein Wunschdenken die Worte aus ihrem Mund in die akustischen Laute umwandelte, die er gerne hören wollte? Wie um ihn vom Gegenteil zu überzeugen, wiederholte sie den Satz. „Kann ich heute Nacht bei dir bleiben?“
Frank war wie paralysiert und konnte nicht glauben, dass es so einfach war. Fragen rasten durch seinen Kopf und suchten nach Antworten, die es nicht gab. Sind unsere Gesellschaften tatsächlich so verschieden? Bieten Asiatinnen sich auf diese Weise an? Unterscheiden sie sich auf diese Art von den weiblichen Wesen, die er bi sher kennengelernt hatte? Seine Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht beschränkten sich ausschließlich auf Frauen aus dem westlichen Kulturkreis. Sensible, zarte Wesen, die
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