Die Steinernen Drachen (German Edition)
erobert werden wollten und bei denen es oft hoher Überredungskunst bedurfte, um nicht am ersten Abend alleine nach Hause zu müssen. Häufig scheiterte er dabei. Diesmal fiel es ihm in den Schoß. Dabei hätte er bei Lea nicht einmal gewagt zu fragen. Dazu erschien sie ihm zu kostbar. Davon abgesehen dachte er, dass asiatische Frauen zurückhaltender seien, viel mehr auf die Wahrung von Ehre und Ansehen gedrillt. Dieser Satz aus Leas vollendetem Mund stellte sein eigens geschaffenes Weltbild auf den Kopf. Elektrische Impulse jagten durch seine Nervenbahnen, versuchten, seine Gedanken zu ordnen und ihm die Kontrolle über seine Körperfunktionen wiederzugeben, allem voran seinem blockierten Sprachzentrum.
Sein Wagen parkte an der Stadtmauer, nahe am Restaurant, so dass sie nur wenige Schritte laufen mussten. Bis zum Auto trottete er wie ein ungelenker Roboter neben ihr her. Mechanische Bewegungen, die einzigen Funktionen, die sein Körper ohne bewusste Steuerung durch sein Gehirn geradeso hinbekam. Er ließ sie einsteigen, schloss die Tür und wackelte wie ein ferngesteuerter Dackel um den Volvo herum. Der Mond leuchtete hell und schien ihn zu verhöhnen. Das Schlagen der Fahrertür löste endlich seine Zunge, jetzt, wo Worte unnötig waren. Er suchte ihre dunklen Augen, die im Schein des Erdtrabanten mystisch funkelten. Sie brauchte keine Antwort mehr. Sie wusste, dass er ihren Wunsch nicht ablehnen konnte.
Während der kurzen Fahrt zu seiner Wohnung versuchte er sich von der wachsenden Leidenschaft abzulenken, die sich zwischen seinen Beinen regte. Im Geist formulierte er Fragen, die er ihr stellen wollte, über ihr Leben und ihre Herkunft. Als sie in seiner Wohnung auf der Couch saß, vergaß er alles, was ihm noch vor wenigen Minuten durch den Kopf ging.
„Möchtest du etwas trinken?“, fragte er stattdessen. Sie schüttelte den Kopf und ihr ebenholzfarbenes Haar streichelte dabei über ihre hohen Wangenknochen. Schon allein dieses Schauspiel machte ihn verrückt. Er näherte sich ihr zögernd, so als wäre sie zerbrechlich wie ein Schmetterlingsflügel und kniete vor ihr nieder. Mit zitterndem Finger strich er ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Sie ergriff seine Hand, ehe er die weiche Haut ihrer Wange berühren konnte.
„Hast du etwas Bequemeres für mich zum Anziehen?“, fragte sie und zerstörte damit die tosenden Wogen der Leidenschaft in seinem Blutkreislauf - wie ein Wellenbrecher die schäumende Brandung.
Er holte ihr wortlos und verwirrt ein T-Shirt und eine Jogginghose aus seinem Schrank. Beides war zu groß, die Hose schlabberte um ihre Beine, als sie fünf Minuten später aus dem Bad kam. Er versuchte sich seine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Für ihn sah dies nach allem anderen als nach einer Verführung aus. „Lea, warum willst du bei mir ...“ Er zögerte und suchte nach dem passendem Wort. „... übernachten?“
„Ich wohne bei meiner Chefin und hasse es, dort zu sein. Sie hat eine große Familie und es gibt wenig Platz. Man hat nie die Möglichkeit, für sich zu sein. Verstehst du, was ich meine?“
Frank nickte. Es war nicht das, was er hören wollte, aber er verstand. Er suchte nach Worten, um die Dinge zurechtzurücken. Es schien ihm wichtig, ihr seinen Standpunkt mitzuteilen, aber ihr Lächeln ließ es nicht zu.
„Lass uns ins Bett gehen“, empfahl sie und notgedrungen stimmte er zu.
Als er aus dem Bad kam, lag sie in seinem Bett. Trotz der drückenden Wärme im Schlafzimmer hatte sie die Decke bis zum Kinn hochgezogen. Er öffnete das Fenster und hoffte, die Mücken würden in dieser Nacht die Löcher im Fliegengitter nicht finden. Eine angenehme Brise schlängelte sich an ihm vorbei und strich durchs Zimmer. Die Luft kühlte den Schweiß auf seiner Haut. Ohne ihre Erlaubnis einzuholen, zog er sich bis auf die Shorts aus und legte sich neben sie. Sie hob die Bettdecke und er schlüpfte darunter. Sofort war ihm unerträglich heiß, aber er wagte es nicht, die Decke zu verrutschen.
„Schlaf schön“, sagte sie und streichelte ihm durchs Haar. Dann rutschte sie nahe an ihn heran und küsste ihn auf die Wange. Er sog ihren Duft ein und erwiderte die Geste.
„Es war ein sehr schöner Abend“, flüsterte sie und drehte sich auf den Rücken. Minuten später hörte er ihren flachen Atem. In der Dunkelheit versuchte er, ihre entspannten Züge zu erahnen.
Frank lag noch lange wach und dachte über die Frau nach, die so unbekümmert neben ihm schlief. Zu viele
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