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Die Steinernen Drachen (German Edition)

Die Steinernen Drachen (German Edition)

Titel: Die Steinernen Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kern
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Meinhans war nicht da. Ein wortkarger Beamter empfing ihn und wusste, wie mit ihm zu verfahren war, ohne dass er auch nur eine Frage stellte. Die Prozedur dauerte keine zehn Minuten, doch Frank befürchtete, dass es noch Tage dauern würde, bis die schwarze Farbe endgültig von seinen Fingerkuppen verschwand.
     
    Das Schaufenster war verklebt, das Werbeschild an der Tür vergilbt und teilweise abgerissen. Das Tätowier-Studio im Stuttgarter Westen existierte nicht mehr. Er stand unschlüssig vor dem verrammelten Eingang, an dem ein Pappschild hing, auf dem Zu vermieten stand.
    Das Wetter in Stuttgart sah nach Regen aus, blieb aber weiterhin tropisch schwül. Auf der vierspurigen Straße herrschte dichter Verkehr. Es war zu laut, um die Nummer des Maklerbüros anzurufen, das den Laden vermietete. Er notierte sie und wandte sich zum Gehen. Aus dem Nebeneingang trat ein älterer Herr auf den Gehsteig, der ihn neugierig musterte. Frank sah ihn unverblümt an. „Kannten Sie den Tätowierer Ralf Wiegand, der hier mal drin war?“
    Der Mann verzog sein Gesicht, als fühlte er sich von ihm beleidigt, nickte aber trotzdem.
    „Seit wann ist der Laden geschlossen?“
    „Wozu wollen Sie das wissen?“, fragte der Mann in breitem Schwäbisch. Seine Hornbrille mit den dicken Gläsern rutschte ihm auf die Nase, aber er machte keine Anstalten, sie zurechtzurücken. „Wollen Sie den Laden mieten?“
    Er nahm das Stichwort auf. „In der Tat schwebt mir dies vor. Daher hätte ich mich im Vorfeld gerne mit Herrn Wiegand ausgetauscht. Über dessen Erfahrungen mit dem Vermieter ... Sie wissen schon ...“ Er setzte eine verschwörerische Miene auf.
    Der Alte nickte verständnisvoll und überlegte. „Der Langhaarige ist von einem Tag auf den anderen verschwunden. Das ist jetzt ungefähr ein Jahr her, seitdem steht das Geschäft leer. Ich denke, Sie kriegen einen guten Preis, wenn Sie geschickt verhandeln.“
    „Mit dem Langhaarigen meinen Sie den Tätowierer?“
    Wieder ein Nicken. „Wir aus dem Haus sind froh, dass der weg ist ... der und seine ausgeflippte Kundschaft. Tätowiertes Gesindel und dieses Piercingzeugs, Sie verstehen?“ Der alte Schwabe schüttelte angewidert den Kopf.
    „Sie sagen, er verschwand über Nacht?“
    „Hat halt wahrscheinlich seine Miete nicht mehr zahlen können. Wissen Sie, mit uns hat der ja nicht geredet. Hat nur immer seinen Müll mit in unsere Tonnen geworfen und gekehrt hat der auch nie.“
    „Und Sie haben keine Ahnung, wo ich ihn finden kann?“
    Der Alte zuckte mit den Schultern und sah ihn dann mit zusammengekniffenen Augen an. Misstrauisch zog er die Stirn in Falten. „Was für ein Geschäft möchten Sie denn da eröffnen?“, fragte er argwöhnisch.
    „Erotikladen“, antwortete er mit hämischem Grinsen. Die trüben Augen des alten Mannes quollen aus den Höhlen und sein Kiefer sackte nach unten. Ohne ein weiteres Wort wackelte er, vor sich hinbrummend, davon.
    Er lachte. Nicht empfehlenswert für seine Migräne, aber für einen kurzen Moment konnte er nicht an sich halten. Als sich sein Zwerchfell beruhigt hatte, merkte er, dass die Betäubung durch die Schmerzmittel bereits nachließ und ärgerte sich, dass er keine Tabletten eingesteckt hatte.
    Auf der anderen Straßeseite setzte er sich in ein Café, bestellte einen Cappuccino und wählte die Nummer des Maklers. Eine Frauenstimme meldete sich.
    „Guten Tag, mein Name ist Grabenstein. Ich rufe wegen einem Objekt an, das Sie vermitteln. Ein kleiner Laden in der Rotebühlstraße.“ Die Frau schien sofort Bescheid zu wissen, denn sie verband ihn weiter, ohne noch eine Frage zu stellen.
    „Kraushaar!“
    „Guten Tag! Mein Name ist Frank Grabenstein von der Akura-Versicherung. Ich rufe wegen einem Laden im Stuttgarter Westen an, den Sie für einen Ralf Wiegand vermitteln. Konkret geht es um einen Personenschaden, verursacht durch unsaubere Tätowiernadeln. Leider können wir Herrn Wiegand unter der angegebenen Adresse nicht mehr erreichen. Da er Sie beauftragte, sein Geschäft zu vermieten, dachten wir, Sie könnten uns eventuell weiterhelfen?“ Er hoffte, dass seine Vorstellung gut genug war und der Makler sie ihm abkaufen würde. Am Ende der Leitung waren tiefe Atemzüge zu hören. „Herr Krauhaar?“, fragte er nach, „sind Sie noch dran?“
    „Ja, ja! Hören Sie, ich kann Ihnen keine Auskünfte über meine Klienten geben. Tut mir leid.“
    „Es würde uns genügen, wenn wir die bei uns vorliegende Adresse von Herrn Wiegand

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