Die Steinernen Drachen (German Edition)
kenne ich sie aus der Bar? Sie sprach mich mal an und wir kamen ins Plaudern. Wir stellten fest, dass du ein gemeinsamer Bekannter bist und bedauerten uns gegenseitig, weil wir auf dich reingefallen sind. Das war alles.“
„Wer war der Kerl mit dem ihr am Sonntag im Café gesessen
habt?“
Bettina war für drei Sekunden beeindruckt, hatte sich aber schnell wieder im Griff. „Ein Freund von Ilka. Ich kenne ihn nicht näher. Warum, zum Teufel, interessiert dich das?“
Er überhörte ihre Frage. „Woher kommt er?“
„Er ist Amerikaner. Sag mir endlich ...“
„Über was habt ihr euch unterhalten?“, fuhr er ihr ins Wort.
„Über nichts! Nur belangloses Zeug.“ Sie log, das spürte er deutlich. Es war wie eine plötzliche Eingebung. Klare Gedanken! Bettina wusste mehr, als sie zugab. Der Amerikaner, Ilka - alles bedeutete etwas. Jetzt war er sicher, dass auch sie ein Bestandteil des großen Verwirrspiels war, das letzte Woche begonnen hatte. Und es gab eine Verbindung zu Lea!
„Wollte der Amerikaner wissen, wo Lea abgeblieben war?“, bohrte er weiter nach.
Bettina sprang vom Sofa auf. „Du bist komplett verrückt. Was sollte dieser Mann mit deiner Chinesenschlampe am Hut haben? Du scheinst genauso besessen von dieser Frau zu sein wie mein Bruder. Wenn es um Lea geht, sieht er hinter allem und jeden eine konspirative Verschwörung. Geht es nicht in eure Schädel, dass sie nichts mehr mit euch zu tun haben wollte und deshalb verschwunden ist? Sie nie ernsthaft in Erwägung gezogen hatte, mit einem von euch eine Beziehung einzugehen. Ich dachte immer, dich würde diese Sache weniger berühren als Stefan und du wärst über Lea hinweg. Jetzt stellt sich heraus, dass du noch viel schlimmer bist! Gott sei’s gedankt, mein Bruder fand letztlich ein Einsehen, im Gegensatz zu dir. Die Chinesenschlampe war nur ein Phantom, das kurzzeitig euren Hormonhaushalt durcheinander wirbelte, nicht mehr und nicht weniger!“
„Sie ist keine Chinesin“, erklärte er gelassen.
Bettina stand jetzt direkt vor ihm. Ihre Unterlippe zitterte
und Speichel tropfte auf ihr Kinn.
„Stefan ist verschwunden“, sagte Melanie mit brüchiger Stimme. Sie schien tief in die Kissen des Sofas zu versinken und hatte bisher teilnahmslos alles mitangehört. „Ich versuche, ihn schon die ganze Woche über zu erreichen. War auch mehrmals in seiner Wohnung, aber er ist nie da. Er war auch nicht in der Druckerei. Keiner weiß, wo er steckt und die Polizei hat auch nach ihm gefragt“, flüsterte sie mit weinerlicher Stimme.
Er war drauf und dran zu sagen, dass er tot war. Sein Blick wanderte zurück zu Bettinas Augen, die ihm tiefer und blauer vorkamen als je zuvor. Melanie schluchzte nun heftig. Trotz der Hitze lief ihm ein kalter Schauer über den Rücken.
„Hör auf zu heulen“, fauchte Bettina ihre Schwester an, ohne sich nach ihr umzudrehen. Stattdessen machte sie ein paar schnelle Schritte durchs Zimmer und griff nach ihrer Handtasche. Binnen Sekunden hielt sie eine Pistole in der Hand, die sie auf Frank richtete.
Melanies Wimmern verstummte. „Woher hast du die Pistole?“, fragte sie beinahe hysterisch.
„Von Ilka. Sie meinte, ich könnte sie brauchen, wenn es brenzlig wird.“
Melanie glotzte ihre Schwester fassungslos an. Ihr volles Gesicht wirkte plötzlich eingefallen und war aschfahl.
Er wagte nicht, sich zu bewegen und hielt seinen entsetzten Blick auf die Waffe gerichtet. „Was geht hier vor?“, fragte er. Die Worte bröckelten aus seinem Mund und hörten sich fremd an.
„Es ging mir doch nur um Stefan. Er war dieser Frau verfallen und litt Qualen, als sie ihn wegen dir verließ. Jeden Tag kam er zu mir und heulte mir etwas vor. Ich konnte seinen erbärmlichen Anblick wirklich nicht mehr ertragen. Da schien es mir am besten zu sein, dass sie verschwindet. Ich wusste, wenn er ihr nicht mehr über den Weg läuft, kann er sie irgendwann vergessen. Das war mein Plan und er ging auf. Ilka hat dafür gesorgt, dass diese Frau verschwand. Ich bin nie dahinter gekommen, worin ihre Motivation lag, aber es war ganz und gar in meinem Interesse. Sie hatte meine volle Unterstützung.“
„Was erzählst du da?“, kreischte Melanie und erhob sich von der Couch. „Nimm die Pistole weg!“
Ihre Schwester reagierte nicht auf das Flehen und sprach unbeeindruckt weiter. „Vor ein paar Wochen rief Ilka mich an und sagte, dass ihnen Lea entwischt sei und sie vielleicht wieder hier auftaucht. Möglicherweise bei Stefan, sehr
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