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Die Steinernen Drachen (German Edition)

Die Steinernen Drachen (German Edition)

Titel: Die Steinernen Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kern
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erklären, mit wem er am Mittwoch zu Mittag gegessen hatte und verneinte die Frage mit zunehmender Ungeduld.
    „Es gibt also in Ihrem Bekanntenkreis mehrere Leute mit asiatischer Abstammung?“
    „Worauf wollen Sie eigentlich hinaus?“
    Der Kommissar hieb mit seiner Faust auf den Küchentisch. Durch den lauten Knall zuckte er zusammen. „Hören Sie auf mit Gegenfragen zu kontern! Beantworten Sie meine Frage“, brüllte der Polizist. „Mir reicht es langsam mit Ihnen. Sie sollten sich im Klaren sein, dass die Indizien gegen Sie sprechen und dem Haftrichter ausreichen, um Sie festzunehmen. Seien Sie künftig etwas kooperativer oder ich stecke Sie in U-Haft!“
    Er wurde blass und taumelte zurück, bis er das Küchenregal
    im Rücken spürte.
    „Wer war die Frau?“
    „Eine Freundin, sie heißt Chin Ngo“, gestand er resigniert.
    „Ich werde mich mit der Dame unterhalten“, drohte Meinhans. „Halten Sie sich bitte weiterhin zur Verfügung und bleiben Sie erreichbar!“ Damit verabschiedete er sich und verschwand.
    Frank hörte das Blut in seinen Ohren rauschen. Kaum fiel unten die Eingangstür ins Schloss, griff er nach seinem Wagenschlüssel und rannte die Treppe hinunter. Seine Hand zitterte und er brauchte drei Anläufe, bis er seinen Wagen aufgeschlossen hatte. In der Neustädter Straße fuhr er in eine Radarfalle. Das rote Blitzlicht flimmerte immer noch vor seinen Augen, als er in Hegnach schwer atmend vor Melanies Wohnung stand. Das Mehrfamilienhaus, erbaut in den frühen Achtzigern, wirkte renovierungsbedürftig, soweit die spärliche Außenbeleuchtung diese Beurteilung zuließ. Die Klingelschilder waren verblichen und er tat sich schwer die richtige Taste zu finden. Ein Summen ertönte und im Treppenhaus flammte das Licht auf. Für einen Moment war er geblendet. Demzufolge stolperte er über die erste Basaltsteinstufe, tastete nach dem Geländer und fing sich ab. Er stieg die Treppen zum zweiten Stock hoch. Bettina empfing ihn an der offenen Wohnungstür. Ihr Blick bescherte ihm eine Gänsehaut auf den Unterarmen. Ein flaues Gefühl stellte sich ein. Sie weiß, dass du mit ihrer Schwester geschlafen hast!
    Er dachte an gackernde Hühner und ging mit einem erzwungenen
    Lächeln an ihr vorbei. Ein Deckenfluter tauchte das Wohnzimmer in gedämpftes Licht. Melanie saß in einem abgedunkelten Bereich auf dem opulenten Sofa, das durch die vielen bunten Kissen überladen wirkte. An den Wänden hingen Tücher in allen Farben und dazwischen Kunstdrucke von Cézanne und Renoir . Ein starker Parfümduft mischte sich mit Zigarettenqualm. Die Luft war abgestanden, machte depressiv und verursachte rasch einen leichten Kopfschmerz. Die Hitze des Tages staute sich in allen Ecken und erschwerte das Atmen. Im ersten Augenblick erinnerte ihn der Raum an eine Opiumhölle. „Ihr solltet mal ein Fenster aufmachen. Die Nacht hat für leichte Abkühlung gesorgt. Etwas Sauerstoff würde uns allen gut tun“, schlug er vor.
    Bettina ging an ihm vorbei und setzte sich neben ihre Schwester auf die Couch. Beide erweckten nicht den Eindruck, als wollten sie seiner Bitte nachkommen.
    Er zog sich einen Stuhl heran und setzte sich in respektvollem Abstand zu den Frauen in die Mitte des Raumes. Die rauchige Atmosphäre kratzte in seiner Kehle und seine Augen brannten. Er ignorierte es und versuchte die Mienen der Zwillinge im Halbdunkel zu erkennen. Dabei fühlte er sich wie bei einer entscheidenden mündlichen Prüfung, bei der er unvorbereitet angetreten war. „Ich suche Antworten auf Dinge, die mein Leben in den letzten Tagen ziemlich durcheinander gewirbelt haben. Vielleicht könnt ihr mir helfen. Wenn ich ehrlich bin, wollte ich mit Bettina allein sprechen, aber so wie ich die Situation einschätze, komme ich mit diesem Antrag heute nicht durch. Ich weiß, ich hatte bei euch beiden kein allzu glückliches Händchen und kann daher nicht erwarten, dass ihr mir helft, aber ... ich wünsche mir ein paar ehrliche Antworten.“
    Frank machte eine Pause. Von den Zwillingsschwestern kam keine Regung. Er fühlte, wie sich sein Magen mehr und mehr zusammenzog. Das Pochen in der rechten Schläfe verstärkte sich mit jeder Minute. Als er fortfuhr, wandte er sich direkt an Bettina. „Woher kennst du Ilka Schoeberg?“
    Die Frage schien sie nicht im geringsten zu überraschen. Möglicherweise wusste sie von Melanie, dass er schon danach gefragt hatte. „Es erschien mir nicht wichtig genug, um es meinem Tagebuch anzuvertrauen. Vielleicht

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