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Die Steinernen Drachen (German Edition)

Die Steinernen Drachen (German Edition)

Titel: Die Steinernen Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kern
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seiner Dusche verschluckte das letzte schwarze Haar, sog es für immer und ewig in die Tiefen der Kanalisation. Die Waschmaschine beseitigte den Schweiß und das Salz ihrer Haut aus den Laken, löste es bei sechzig Grad aus dem Gewebe und neutralisierte ihren Duft. Der Staubsauger fand die letzten Spuren und Partikel, die ihr Körper in seinem Teppich hinterlassen hatte und die nicht längst von Milben verzehrt waren. Das elektrische Gerät inhalierte sie in seine Innereien, die wenige Tage später von der Abfallwirtschaft entsorgt wurden. Aus den Augen, aus dem Sinn!
    Noch lange nach ihrem Verschwinden ertappte sich Frank, wie er vor dem Mandarin stand und in die mit Blumenornamenten verzierten Fenster glotzte. Aber auch dieses Ritual verging mit der Zeit, bis ihn die aufkommende Kälte des nahenden Winters endgültig von der Straße vertrieb.
    Pflichtbewusst ging er seinem Job nach und fing wieder an, Bilder zu malen. Nachts, nach der Arbeit, begleitete er gelegentlich Sylvia durch die Clubs, um seine Gedanken zu zerstreuen. Dabei lernte er Frauen kennen, mit denen er sich die Zeit vertrieb und Spaß hatte. Er traf weder Ilka noch die Zwillinge wieder und so vergaß er auch deren Gesichter. Sein Gehirn stellte die Frauen des vergangenen Sommers in einer Gehirnwindung ab, in der sie langsam verstaubten. Es war wie mit allen Dingen, die man nicht mehr brauchte, aber nicht gleich wegwerfen wollte. Man bringt sie in den Keller, weiß, dass sie irgendwo sind, aber nie wieder benötigt, nie wieder hoch geholt werden. Verstellt von allerlei anderem Gerümpel vergisst man sie eines Tages. Immer vorausgesetzt, es passiert nicht etwas, was die Erinnerung daran wieder zu Tage bringt. Etwas, dass dich dazu zwingt, darüber nachzudenken, was du alles in deinem Keller hast und was du mit den Dingen vor langer Zeit getan hast. Etwas, dass dein Leben verändert!
     
     
    Unerledigte Dinge
    5. Juli 2003
    Der Flug war für Sonntag gebucht. Abflugszeit der Thai-Airways war um 17:56 Uhr in München. Noch etwas mehr als 30 Stunden, dann sollte er mit Chin nach Südostasien aufbrechen, falls ihn die Polizei bis dahin nicht schnappte.
    Wie die Ethnologin alles so schnell geregelt hatte, war ihm ein Rätsel. Sie schien hervorragende Kontakte zu besitzen. Doch ihn beschäftigten zurzeit zu viele Dinge, um Chins Engagement näher zu hinterfragen. So nahm er es als gegeben hin und begrüßte die reibungslose Organisation ihrer Reise. Von Seiten der Vietnamesin war alles veranlasst. Jetzt hing das Unterfangen allein von seiner Person ab. Für den Fall, dass ihn Kommissar Meinhans aufspüren würde, ehe sie München erreichten, war alles aus. Selbst, wenn er den Flughafen erreichen sollte, war noch nicht gesagt, dass er heil in die Maschine kam. Er konnte nicht sicher sein, ob seine angeblichen Verbrechen ausreichten, um ihn auf die Fahndungslisten der bayerischen Flughafenpolizei zu bringen. War der Arm des Gesetztes, im speziellen der von Meinhans, so lang, dass er bis zum Münchner Flughafen reichte? Er wagte es nicht, diese Frage zu beantworten.
    Natürlich hegte er die Hoffnung, dass der Kommissar glaubte, er sei in der Rems ertrunken. Der Unfall in der Nacht stand noch nicht in der Tagespresse, dadurch blieb ihm der Stand der Ermittlungen verborgen. Außerdem zweifelte er daran, dass ihn Meinhans für tot hielt, denn spätestens an der Staustufe hätte sich seine Leiche beim momentanen Niedrigwasser, zusammen mit stinkendem Unrat, Baumstämmen und anderen Kadavern, hundertfünfzig Meter flussabwärts in der Wehr verfangen. Sicherlich hätten sie ihn noch in der Nacht dort herausgezogen. Nein, Meinhans war zu abgebrüht, um ihn für tot zu halten. Für den Kommissar galt er somit als nicht auffindbar, was seine Situation verschärfte. Ein unter Mordverdacht Stehender, der seinen Wagen, wenn auch durch Fremdeinwirkung, in die Rems steuerte und verschwunden blieb. Das machte ihn massiv verdächtig. Erst recht ein Grund für den Ermittler, eine Fahndung nach ihm einzuleiten.
    Frank hoffte, dass man nicht bei Chin nach ihm suchen würde. Beim letzten Verhör nötigte ihn der Kommissar, ihren Namen preiszugeben. Wie er den Ermittler kannte, würde er früher oder später auf die Idee kommen, dort nachzuschauen. Im Moment fühlte er sich in ihrer Wohnung relativ sicher. Doch er wusste, dass er nicht die ganze Zeit dort bleiben konnte. Es gab noch etwas zu erledigen, bevor er das Land verließ.
    Die Ethnologin war weggefahren, um einige

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