Die Steinernen Drachen (German Edition)
und stürmte ins Bad. Seine schlammigen Klamotten waren mittlerweile zu einem harten Panzer getrocknet. Um sie aufzuweichen, stellte er sich mit ihnen unter die Dusche und schälte sich umständlich aus den zähen Sachen. Seine lädierte Rippe machte ihm dabei erheblich zu schaffen. Doch er biss die Zähne zusammen.
Frank verbrauchte eine Flasche Duschgel, aber als er aus der Kabine stieg, hatte er immer noch den Eindruck zu stinken. Umständlich trocknete er sich ab und schmierte ein kühlendes Gel auf die rechte Hälfte seines Brustkorbs. Die Wirkung war mäßig. Rasch zog er sich an. Den durchfeuchteten Reisepass trocknete er mit dem Fön. Das Ergebnis war erschreckend. Mit dem welligen, zerfledderten Dokument würde man ihn nie über eine Grenze lassen. Verärgert warf er ihn auf den Küchentisch. Die verbliebene Zeichnung des Drachens steckte er in eine Klarsichthülle.
Da mitten in der Nacht kaum Verkehr herrschte, würde Chin nicht allzu lange brauchen. Er durfte also keine Zeit mehr verlieren und packte den Drachen unter den Einlegeboden seiner Reisetasche. Danach stopfte er hastig seine Kleidungsstücke in die Tasche zurück. Als die Türglocke schellte, überprüfte er gerade den Inhalt seines Kulturbeutels.
Im Treppenhaus spitzelte er vorsichtig aus dem Fenster. Soweit er die Straße überblicken konnte, war kein Polizeiauto zu sehen. Ohne Licht zu machen, betätigte er mit mulmigem Gefühl den Türöffner.
Mit Erleichterung sah er die junge Doktorin aus der Dunkelheit des Treppenschachts auftauchen. Chin half ihm sein Zeug zu packen und stellte vorerst keine Fragen. Als ihr Blick auf den aufgeweichten Pass fiel, stieß sie einen tiefen Seufzer aus. Frank steckte ihn schnell ein und lächelte sie verlegen an. Während der Fahrt zu Chins Wohnung beteuerte er mehrmals, dass er unverletzt sei, ansonsten herrschte Schweigen. Es war halb vier geworden, als sie erneut ihr Appartement betraten. Auf dem Sofa probierte er mehrere Positionen aus, bis das Sitzen ohne Schmerzen möglich war. Erst dann sprach er über den Unfall. An Schlaf war ohnehin nicht mehr zu denken.
„Die haben mich absichtlich gerammt. Vom anderen Wagen war nichts zu sehen, als ich zurück auf die Straße gekrochen bin. Das Auto muss mir gefolgt sein, ohne dass ich etwas gemerkt habe. Im Nachhinein überlegt, haben sie die Stelle gezielt ausgewählt, um mich in die Rems zu katapultieren!“
„Wer sind die?“, fragte Chin, die auf einem Hocker ihm gegenüber Platz genommen hatte. Sie zog das zu große schwarze T-Shirt, das sie über den ausgeblichenen Jeans trug, zwischen ihre angewinkelten Beine.
„Ich kann mir nur vorstellen, dass es wieder die Chinesen waren. Dieselben, die mich wegen Wiegand und dem Drachentatoo schon einmal in der Mangel hatten“, erklärte er.
„Ich dachte, die wären tot?“
„Drei, es waren drei! Die Polizei hat nur zwei Leichen gefunden, also bleibt einer übrig. Aber wahrscheinlich sind da noch mehr. Um jemanden rund um die Uhr zu beschatten, braucht man bestimmt einige Leute.“
„Chinesen, laotische Kommunisten, die Bullen ... wer ist eigentlich nicht hinter dir her?“, fragte sie verzweifelt.
„Du hast die Gebühreneinzugszentrale vergessen“, antwortete er resigniert und ließ sich gedankenlos nach hinten fallen. Sofort fuhr ihm ein glühendes Stück Eisen in die rechte Seite und er jaulte laut auf. Der Schmerz trieb ihm Tränen in die Augen.
„Du bist doch verletzt“, entfuhr es der Asiatin. Sie sprang auf und half ihm, sich wieder gerade hinzusetzen.
„Nur die Rippe“, presste er hervor und versuchte die Sache herunterzuspielen, was ihm jedoch nicht gelang. Chin schob sein Hemd nach oben und betrachtete seinen Brustkorb. Bis auf eine Rötung war nicht viel zu erkennen. Mit sensiblen Fingern betastete sie die Stelle und er zuckte zusammen, als wolle sie ihn häuten.
„Keine Angst, ich bin vorsichtig“, beteuerte sie und befühlte die lädierte Stelle. Zu seiner Erleichterung hielt sich der Schmerz in Grenzen.
„Nichts gebrochen, aber du bekommst sicherlich einen ordentlichen Bluterguss. Ganz zu schweigen von der eingeschränkten Beweglichkeit, die dir sicher in den nächsten Tagen anhaften wird.“
Sie stand auf und ging in die Küche. Nach einer Minute kam sie mit einem Beutel Eis zurück, den sie ihm sanft auf die Seite presste. Er machte einen wehleidigen Gesichtsausdruck und sie musste lachen. Gerne hätte er mit eingestimmt, aber es tat einfach zu weh.
Aus den Augen,
Weitere Kostenlose Bücher