Die steinernen Schatten - Das Marsprojekt ; 4
Sauerstoffgerät, das sie umhängen hatte und das ab und zu leise summte. »Geht es dir damit besser?«
Elinn schüttelte den Kopf. »Eigentlich nicht.«
»Das dachte ich mir.« Er faltete die Hände in einer bedächtigen Bewegung. »Elinn, ich würde dich am liebsten jetzt gleich untersuchen. Vielleicht kann ich dir etwas geben, das dir besser hilft.«
Elinn sah ihn skeptisch an. »Aber wie wollen Sie das denn machen? Jetzt ist doch der Empfang.«
Dr. Hung lächelte beruhigend. »Ich habe mit dem Präsidenten gesprochen. Wir können das ganz unauffällig machen. Dorthinten ist ein Zimmer, wo wir ungestört sind.«
Ein ruhiges Zimmer? Das klang gut. »In Ordnung«, sagte Elinn.
Sie ließ Carls Hand los und ergriff die Hand des Arztes. Gemeinsam verließen sie den Saal. Es war wie Slalomlaufen durch die Menschenmenge, aber dann kamen sie in einen schmalen Flur, in dem es ruhiger wurde. Dicke Teppiche lagen hier und entlang der Wände standen winzige Tische mit Blumen darauf. Der Präsident schien Blumen zu lieben. Die vielen Leute auf dem Empfang verblassten zu einem weit entfernten Gemurmel und Gebrabbel.
Ein Wachsoldat stand da, steif und reglos. »Professor«, sagte er mit einem unmerklichen Nicken.
Dr. Hung deutete auf eine der Türen. »Wir gehen in den Ruheraum. Sie wissen Bescheid? Möglichst keine Störungen.«
»Ja, Sir«, bestätigte der Mann. »Alles klar.«
Sie betraten den Raum hinter der Tür. Er war nicht groß, ganz in Grüntönen gehalten und von schummrigem Licht erfüllt. Er hatte zwar zwei große Fenster zum Garten hin, vor denen wuchs aber ein großes, dichtes grünes Gebüsch.
Ein breites Sofa stand vor den Fenstern, das herrlich weich aussah. Elinn hätte sich am liebsten gleich daraufgelegt, wollte aber lieber erst Dr. Hungs Anweisungen abwarten. Es roch eigenartig; ein Geruch, wie ihn Elinn noch nie im Leben gerochen hatte. Irgendwie …feierlich. Und überall Kissen auf dem Teppichboden, niedrige Tischchen . . . Auf einem davon stand eine Arzttasche. Fast die gleiche, die auch Arianas Dad hatte. Das war irgendwie beruhigend, fand Elinn.
»So.« Dr. Hung deutete auf einen Stuhl. »Setz dich da mal hin.«
Ein Stuhl nur. Schade. Elinn setzte sich. Es tat gut zu sitzen, aber noch besser wäre es gewesen zu liegen.
Dr. Hung ging vor ihr in die Hocke, betrachtete sie lange mit ruhigem, forschendem Blick. Er betastete ihre Stirn, zog das untere Lid zuerst ihres rechten, dann ihres linken Auges herab, fühlte ihr schließlich ausgiebig den Puls.
Es dauerte lange. Was er da wohl fühlen mochte? Elinn betrachtete die Bilder an den Wänden. Erst hatte sie sie für Gemälde gehalten, aber es waren Teppiche. Die Leute darauf hatten seltsame Sachen an und hielten ihre Arme in eigenartiger Position. Ab und zu hatte jemand ein blaues Gesicht oder einen Elefantenkopf.
Dr. Hung nickte endlich und ließ ihren Arm wieder los. »Wie fühlst du dich?«, fragte er.
Elinn zögerte, suchte nach Worten. Sie wollte nicht einfach »schlecht« sagen. »Müde.«
»Wie fühlt es sich an, wenn du einatmest?«
»Ich habe immer das Gefühl, dass ich die Luft nicht bis ganz in die Lungen kriege.«
»Ist das besser oder schlechter geworden, seit du auf der Erde bist?«
»Schlechter.«
Er stand auf. »Mach bitte mal den Oberkörper frei.«
Während Elinn ihr Hemd abstreifte und das Unterhemd auch, holte Dr. Hung aus seiner Tasche ein Stethoskop und einen Apparat, der aussah wie ein Lesegerät, nur dass ein kleiner roter Stift mit einem Spiralkabel daran befesigt war.
Zuerst war das Stethoskop dran. Elinn musste aufstehen, tief atmen und auf Kommando husten, während Dr. Hung sie abhörte.
»Versuch mal, so tief wie möglich einzuatmen.«
Elinn gab sich Mühe, aber es war, als presse sich der ganze Planet gegen ihre Brust. Die Luft fühlte sich zähflüssig an, dick und unergiebig.
»Noch tiefer.«
Elinn ließ die Schultern sinken. »Noch tiefer geht nicht.«
»Hmm«, machte Dr. Hung und nahm die Hörer des Stethoskops aus den Ohren. »Verstehe.«
Er griff nach dem Apparat. »Das ist ein kleiner Tomograf. Damit schaue ich jetzt mal in deine Lunge hinein.« Elinn musste die Luft anhalten, solange es ging, während er mit dem roten Stift auf ihrem Rücken herumfuhr und dabei das Bild auf dem Schirm betrachtete. Es kitzelte, sodass es ihr schwerfiel, die Luft anzuhalten.
»Hmm«, sagte Dr. Hung mehrmals. Elinn wandte den Kopf und sah, dass er die Stirn runzelte, was aussah, als verhakten sich seine
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