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DIE STERBENDE ERDE

DIE STERBENDE ERDE

Titel: DIE STERBENDE ERDE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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beeindruckt.« T'sais blickte wieder hinunter und versuchte zu verstehen.
    Noch mehr der vermummten Gestalten wiegten sich nun um die Feuer. T'sais hatte nicht bemerkt, woher sie so plötzlich gekommen waren. Ganz offensichtlich hatte das Fest eben erst begonnen, und die Teilnehmer zügelten ihr Temperament noch, obgleich ihre tanzenden Bewegungen bereits wilder wurden.
    Ein aufreizender Gesang hob an. Die verhüllten Gestalten drängten sich enger um die Plattform, ihr Tanz wurde fieberig.
    Und dann sprang eine der Gestalten auf die Plattform und streifte die Kutte ab. Eine Hexe mittleren Alters war sie, nackt jetzt, mit breitem Gesicht und von gedrungenem Körperbau.
    Ihre Augen glitzerten ekstatisch, ihre groben Züge bewegten sich unaufhörlich wie die einer Schwachsinnigen. Die Zunge hing ihr aus dem weit offenen Mund, ihr strähniges schwarzes Haar baumelte über die Stirn und hüpfte auf den Schultern, wenn sie im wilden Rhythmus ihres aufreizenden Tanzes den Kopf zurück und von einer Seite zur anderen warf. Gleichzeitig aber beobachtete sie zweifellos die Versammelten unter ihr, deren Gesang und Verrenkungen immer wilder wurden.
    Weitere Teilnehmer an diesem Fest der Verderbtheit eilten durch die Lüfte herbei und landeten sicher in der Menge.
    Fast alle entledigten sich nun ihrer Kutten. Männer und Frauen, alt und jung, kamen zum Vorschein – orangehaarige Hexen aus den Kobaltbergen; Waldschrate aus Ascolais; weißbärtige Zauberer aus dem Verlorenen Land mit brabbelnden kleinen Sukkuben. Der junge Mann in kostbarer Seide war Prinz Datul Omaet von Cansapara, der Stadt der Geborstenen Säulen am Golf von Melantein. Auch Echsenleute, mit Schuppenpanzer und lidlosen Augen, aus den öden Bergen von Südalmery, waren gekommen. Und die zwei unzertrennlichen Mädchen waren Saponiden, eine fast ausgestorbene Rasse aus den nördlichen Tundren. Die schlanken, dunkeläugigen Menschen dort waren Nekrophagen aus dem Land der Fallenden Wand. Und die blauhaarige Hexe mit den verträumten Augen hauste am Kap der Wehmütigen Erinnerungen und wartete des Nachts am Strand auf das, was die See anspülte.
    Und während die gedrungene Hexe mit den schwarzen Strähnen und den hüpfenden Hängebrüsten auf der Plattform tanzte, wurde das Gehopse der anderen immer leidenschaftlicher, sie hoben die Arme, verrenkten die Leiber, deuteten alle nur denkbaren Perversionen an.
    Nur eine beteiligte sich nicht daran. Sie trug noch ihre Kutte und bewegte sich mit unbeschreiblicher Anmut durch die Saturnalien. Nun stieg sie hinauf auf die Plattform, schob die alte Hexe zur Seite und ließ die Kutte zu Boden gleiten. Vor aller Augen stand Javanne in ihrem an der Taille gerafften, weißen Gewand aus schleierfeinem Gespinst, so frisch und rein wie die Schaumkronen der wogenden See. Leuchtend rotes Haar fiel wie Seide über ihre Schultern, und einige Locken umschmeichelten ihren Busen. Ihre erdbeerroten Lippen waren leicht geöffnet, und ihre großen grauen Augen blickten ernst über die Menge. Alle jubelten ihr begeistert zu, bis sie mit aufreizender Langsamkeit die Hüften wiegte.
    Jetzt tanzte Javanne. Sie hob die Arme, legte die Fingerspitzen aneinander und senkte sie mit schlangengleicher Grazie, während sie sich mit ihren schlanken weißen Beinen langsam drehte.
    Javanne tanzte. Aus ihrem Gesicht leuchtete wilde Leidenschaft. Eine nur verschwommen erkennbare, doch wohlgeformte Gestalt kam aus der Luft zu ihr herab und verschmolz mit ihr in einer fantastischen Kopulation.
    Die Menge zu ihren Füßen schrie und tobte vor Begeisterung, sprang, hüpfte, wälzte sich auf dem Boden und vereinigte sich in einer allgemeinen Orgie.
    T'sais' Geist stand unter einer Anspannung, wie kein normales Gehirn es verstehen könnte. Aber das Gesehene und Gehörte faszinierte sie. Sie überwand die Verzerrungenen ihres fehlgeschaffenen Gehirns und berührte die dunklen Seiten, die latent in jedem Menschen zu finden sind. Etarr blickte sie an, blaues Feuer glühte in seinen Augen, und sie starrte zurück, aufgewühlt von den widerstreitendsten Gefühlen. Er schüttelte sich und drehte sich um. Schließlich wandte sie sich wieder der Orgie in der Tiefe zu – ein aus Rauschmitteln geborener Traum schien es, diese sich wälzenden, windenden, zuckenden Leiber im flackernden Feuerschein. Eine geradezu greifbare Aura stieg von ihnen auf, eine Aura zusammengesetzt aus allen nur möglichen Lastern und Verderbtheiten. Und die Dämonen sausten wie Vögel aus den

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