DIE STERBENDE ERDE
Lüften herbei und schlossen sich der Orgie an. T'sais' Blick wanderte von einer der gräßlichen Visagen zur anderen, und jede schien sich in ihr Gehirn einzubrennen, bis sie glaubte, es nicht mehr ertragen zu können, und doch vermochte sie die Augen nicht abzuwenden.
Sie sah Gestalten mit schwarzen Fratzen, mit Schnabelnasen und niederträchtigem Blick, mit aufgedunsenen Wangen, verzerrten Leibern, die sich wie Würmer wanden, krochen, Bocksprünge machten – Ausgeburten der Hölle waren es. Einer hatte eine Nase wie ein dreigespaltener weißer Wurm, einen Mund, der in Fäulnis übergegangen war, fleckige Hautlappen als Wangen und eine schwarze, mißgeformte Stirn. Sein Anblick konnte nur Übelkeit auslösen. Auf ihn deutete Etarr, und T'sais würgte, als sie ihn sah. »Sein Gesicht unterscheidet sich in nichts von dem unter meiner Kapuze«, murmelte Etarr.
T'sais zuckte vor ihm zurück.
Er lachte bitter. Nach einem kurzen Augenblick legte T'sais ihre Hand auf seinen Arm. »Etarr«, sagte sie leise.
Er drehte sich zu ihr um. »Ja?«
»Du weißt, mein Gehirn ist nicht normal. Ich hasse alles, was ich sehe. Ich kann meine Ängste nicht unterdrücken.
Trotzdem, alles in mir, das gegen diesen Fehler meines Gehirns ankämpft, mein Blut, mein Körper, alles, was mein eigentliches Ich ausmacht – liebt dich, den Etarr, wie er unter einem Gesicht, unter seiner Haut, wie er in seinem Wesen ist.« Etarr betrachtete eingehend ihr weißes Gesicht. »Wie kannst du lieben, wenn du haßt?«
»Ich hasse dich mit dem Haß, den ich für die ganze Welt empfinde. Doch die Liebe zu dir ist ein Gefühl, das niemand und nichts sonst in mir erweckt.«
Etarr wandte den Kopf ab. »Wir sind ein seltsames Paar…«
Der schreckliche Tumult in der Tiefe verstummte. Ein großer, schlanker Mann mit einem schwarzen Spitzhut stand auf der Plattform. Er warf den Kopf zurück, schrie Zaubersprüche in den Nachthimmel und zeichnete mit beiden Armen Runen in die Luft. Ein riesiges, noch verschwommenes Etwas begann Form anzunehmen. Es war höher als die höchsten Bäume, ja es reichte bis in die Wolken. Ganz langsam bildete es sich aus grünem wogenden Dunst, bis die Form schließlich deutlich zu erkennen war, obgleich sie immer noch wogte – eine stattliche Frauengestalt von großer, ernster Schönheit war es. Festere Form nahm die Gestalt an und glühte von innen heraus in einem unirdischen grünen Licht. Sie trug ihr goldenes Haar in einer Frisur längst vergangener Tage, und auch ihr Gewand war dieser Zeit angepaßt.
Der Zauberer, der sie herbeigeschworen hatte, schrie begeistert und stieß ein Hohngelächter aus, das von den Felsen ringsum widerhallte.
»Sie lebt!« flüsterte T'sais erschrocken. »Sie bewegt sich!
Wer ist sie?«
»Ethodea, die Göttin der Barmherzigkeit, aus einer Zeit, als die Sonne noch gelb strahlte«, antwortete Etarr.
Der Zauberer warf die Arme in die Luft, und ein gewaltiger Blitz aus knisterndem Purpurfeuer schoß auf die grüne Gestalt.
Das ernste Frauengesicht verzog sich vor Schmerz, woraufhin die anwesenden Dämonen und Hexen und Zauberer in ein Triumphgebrüll ausbrachen. Der Magier auf der Plattform warf erneut die Arme in die Luft, und Blitz um Blitz des Purpurfeuers schlug auf die gefangene Göttin ein. Das Freudengeheul und der gellende Hohn und Spott der schadenfrohen Menge waren schrecklich anzuhören.
Da schnitt ein klarer Fanfarenton durch den unheiligen Tumult. Alle schienen plötzlich erschrocken den Atem anzuhalten. Lauter ertönte das Schmettern der Fanfaren, das nicht zu diesem Sabbat passen wollte. Und jetzt rückte eine ganze Kompanie grün Uniformierter mit fanatischer Entschlossenheit über die Felsen an.
»Valdaran!« brüllte der Zauberer auf der Plattform, und die grüne Gestalt Ethodeas verschwamm und löste sich auf.
Panik breitete sich durch den ganzen Talkessel aus. Heisere Schreie rissen ineinander verschlungene Leiber auseinander.
Wolken von vielförmigen Gestalten stiegen auf, als die Dämonen die Flucht ergriffen. Ein paar der Zauberer bewiesen ihren Mut, indem sie Zaubersprüche ausstießen. Feuer, Lähmung und Auflösung auf die Sturmtruppe herabbeschworen. Aber die Grüne Legion schützte ein eigener, mächtiger Gegenzauber. Die Uniformierten sprangen ungehindert in den Talkessel und zur Plattform. Ihre Schwerter hieben und stachen, hieben und stachen, sie kannten kein Erbarmen, und kein Zauber vermochte sie aufzuhalten.
»Die Grüne Legion Valdarans, des
Weitere Kostenlose Bücher